Rz. 77
Die Einkunftserzielungsabsicht ist eine innere Tatsache, somit ein subjektives Tatbestandsmerkmal.
Da die Absicht als innere Tatsache kaum feststellbar ist, kann ihr Fehlen oder Vorliegen allein anhand objektiver Tatsachen beurteilt werden, was insoweit dem FG obliegt. Der BFH lässt zum Beweis die Parteivernehmung nicht zu, sondern entscheidet unter Zuhilfenahme des Anscheinsbeweises, tatsächlicher Vermutungen und der Umkehr der Beweislast. Zu unterscheiden ist zwischen Gewinn- und Überschusseinkünften.
3.2.5.3.2.1 Gewinneinkünfte
Rz. 78
Bei den Gewinneinkünften bedarf es des Strebens nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns, der sich in der Zeit von der Gründung des Betriebs bis zu dessen Ende durch Aufgabe oder Veräußerung ergibt. Der Totalgewinn muss ein positives, über den Eigenkapitaleinsatz hinausgehendes Ergebnis bringen, eine nur beabsichtigte Selbstkostendeckung ist nicht ausreichend. Fehlt es an dieser Absicht, liegt eine einkommensteuerrechtliche unbeachtliche Liebhaberei vor. Eine etwaige Steuerersparnis ist kein Gewinnbestandteil. Handelt es sich um verschiedene, wirtschaftlich eigenständige Betätigungen, ist die Gewinnerzielungsabsicht nicht einheitlich für die gesamte Tätigkeit, sondern für die jeweilige Betätigung zu prüfen. Der maßgeblich erzielbare Totalgewinn setzt sich aus den in der Vergangenheit erzielten und zukünftig zu erwartenden Gewinnen/Verlusten zusammen. Steuerpflichtige Veräußerungs- oder Aufgabegewinne sind einzubeziehen. Der Aufgabegewinn lässt sich durch Gegenüberstellung des bis zum Aufgabegewinn fortentwickelten letzten Betriebsvermögens als sog. Aufgabe-Anfangsvermögen und des sich durch Ansatz der Werte des § 16 Abs. 3 EStG ergebenden sog. Aufgabe-Endvermögens ermitteln, wobei die Wirtschaftsgüter im Anfangsvermögen mit den Buchwerten, im Endvermögen mit den gemeinen Werten (§ 16 Abs. 3 EStG) anzusetzen sind. Die Differenz zwischen beiden Vermögen ergibt den Totalgewinn/Verlust. Verbindlichkeiten haben keinen Einfluss auf den Aufgabegewinn und können außer Betracht bleiben, da sie sowohl im Anfangs- wie Endvermögen mit den Nennwerten anzusetzen sind.
Ergibt die Gewinnprognose ein negatives Ergebnis, muss zur Verneinung der Gewinnerzielungsabsicht festgestellt werden, dass die verlustbringende Tätigkeit aus privaten Gründen oder Neigungen ausgeübt wird.
Zu den Einzelheiten vgl. § 15 EStG Rz. 61ff.; § 18 EStG Rz. 5f.
3.2.5.3.2.2 Überschusseinkünfte
Rz. 79
Der in § 15 Abs. 2 S. 1 EStG für die Gewinneinkünfte positiv geregelte Grundsatz der Gewinnerzielungsabsicht gilt auch für die Überschusseinkünfte, selbst wenn er nicht ausdrücklich im Gesetz niedergelegt ist (Überschusserzielungsabsicht).
Rz. 80
Überschusserzielungsabsicht ist das Streben nach einem Totalüberschuss innerhalb der voraussichtlichen Vermögensnutzung. Erforderlich ist, dass während der Dauer der Vermögensnutzung ein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erzielt wird.
Die Absicht, durch die Wertsteigerung des Vermögens selbst, z. B. der Immobilie, Erträge zu erzielen, ist außerhalb der Einkunftsarten §§ 17, 20 Abs. 2, 23 EStG ohne Bedeutung, da etwaige Veräußerungsgewinne aus der Veräußerung des Vermögens ansonsten nicht steuerbar sind. Diese nicht steuerbaren Veräußerungsgewinne sind daher bei der Ermittlung des Totalüberschusses nicht anzusetzen Die Überschusserzielungsabsicht ist grundsätzlich für jede Vermögensanlage gesondert zu ermitteln, also für jedes Grundstück, jede Beteiligung usw.
Rz. 81
Für die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 EStG stellt sich die Frage der Liebhaberei nicht. Es sind kaum Konstellationen denkbar, die zu einem Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen führen, Überschusserzielungsabsicht kann hier unterstellt werden.
Rz. 82
Auch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG kann die Überschusserzielungsabsicht grundsätzlich unterstellt werden. Der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ist seit Einführung der Abgeltung...