Joachim Moritz, Dr. Joachim Strohm
Rz. 367
§ 22 Nr. 3 S. 5 EStG a. F. sah vor, dass Verluste aus sonstigen Leistungen i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG in der bis zum 31.12.2008 anzuwendenden Fassung abweichend von § 22 Nr. 3 S. 3 EStG auch mit Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG ausgeglichen werden können. Nach § 22 Nr. 3 S. 6 EStG a. F. minderten diese Verluste abweichend von § 22 Nr. 3 S. 4 EStG nach Maßgabe des § 10d EStG auch die Einkünfte, die der Stpfl. in den folgenden Vz aus § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG erzielte. § 22 Nr. 3 S. 5 und 6 EStG a. F. wurde im Rahmen des JStG 2009 v. 19.12.2008 nachträglich eingefügt. Ein Verweis in § 20 Abs. 6 S. 1 EStG a. F. wurde dabei nicht aufgenommen. Nach § 52a Abs. 10a EStG a. F. war § 22 Nr. 3 S. 5 und 6 EStG a. F. letztmals für den Vz 2013 anzuwenden.
Rz. 368
§ 22 Nr. 3 S. 5 und 6 EStG a. F. sollte dem Stpfl. gestatten, nicht ausgeglichene Altverluste aus Stillhaltergeschäften, die bis zum Vz 2008 unter § 22 Nr. 3 EStG fielen, für einen Übergangszeitraum von 5 Jahren mit Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG zu verrechnen. Da Einkünfte aus Stillhaltergeschäften seit der Einführung der Abgeltungsteuer von § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG erfasst werden, sollte auf diese Weise verhindert werden, dass entsprechende Verluste dauerhaft unausgeglichen bleiben. Aus diesem Grund erlaubte der Gesetzgeber bis zum Vz 2013 eine Verrechnung entsprechender Altverluste mit Neugewinnen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG. Das Verbot des vertikalen Verlustausgleichs bei den Einkünften aus sonstigen Leistungen i. S. d. § 22. Nr. 3 S. 3 und 4 EStG fand dabei keine Anwendung. Zu beachten ist, dass der Anwendungsbereich von § 22 Nr. 3 S. 5 und 6 EStG a. F. nicht auf Verluste aus Stillhaltergeschäften begrenzt war. Vielmehr waren aufgrund des eindeutigen Wortlauts sämtliche Verluste aus sonstigen Leistungen i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG erfasst. Unsicherheiten ergaben sich wie bei § 23 Abs. 10 S. 8 und 9 EStG a. F. lediglich in zeitlicher Hinsicht. § 22 Nr. 3 S. 5 EStG a. F. bezog sich auf Verluste aus Leistungen "i. S. d. § 22 Nr. 3 in der bis zum 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung". Damit waren von § 22 Nr. 3 S. 5 und 6 EStG a. F. entgegen dem Willen des Gesetzgebers auch Verluste erfasst, die nach dem 31.12.2008 anfielen. Hiergegen gerichtete teleologische Überlegungen können aufgrund des klaren Wortlauts nur schwer überzeugen. Anders als bei § 23 Abs. 3 S. 9 EStG a. F. hat der Gesetzgeber bei § 22 Nr. 3 S. 5 EStG a. F. auch keine spätere Beschränkung auf Verluste vorgenommen, auf die die Vorschrift "in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung anzuwenden ist".
Von daher bleibt es dabei, dass zu den Altverlusten i. S. d. § 22 Nr. 3 S. 5 und 6 EStG a. F. auch Verluste aus sonstigen Leistungen i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG rechnen, die nach dem Vz 2008 entstehen. Nicht zu den Altverlusten i. S. d. § 22 Nr. 3 S. 5 u. 6 EStG a. F. gehören dagegen Altverluste aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG in der bis zum Vz 2008 geltenden Fassung. Will der Stpfl. eine Verrechnung solcher Altverluste mit Neugewinnen aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG erreichen, muss er einen Antrag auf Durchführung einer Günstigerprüfung i. S. d. § 32d Abs. 6 EStG stellen. Im Übrigen bestehen zwischen § 22 Nr. 3 S. 5 und 6 EStG a. F. und § 23 Abs. 10 S. 8 und 9 EStG a. F. trotz des fehlenden Verweises in § 20 Abs. 6 S. 1 EStG a. F. keine wesentlichen Unterschiede, sodass auf die Ausführungen zu § 23 Abs. 10 S. 8 und 9 EStG a. F. verwiesen werden kann. Abweichungen ergeben sich lediglich insofern, als dass Altverluste i. S. d. § 22 Nr. 3 S. 5 und 6 EStG a. F. nur mit verbleibenden positiven Einkünften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG verrechnet werden dürfen.