Prof. Dr. Alexander Kratzsch
Rz. 6
Aus europarechtlicher Sicht ist § 7g EStG dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Art. 87 EGV (Art. 92 EGV a. F.) enthält ein Verbot staatlicher Beihilfen zu Gunsten bestimmter Unternehmer, die wegen drohender Wettbewerbsverzerrung mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind. Umfasst sind nach dem Wortlaut "Beihilfen gleich welcher Art". Diese Wortwahl spricht für eine weite Auslegung des Begriffs der Beihilfen. Nach dem EuGH umfasst der Begriff der Beihilfe nicht nur positive Leistungen und Subventionen, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedenster Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat, und die einer Subvention im engen Sinn ihrer Art und Wirkung nach gleichstehen, z. B. auch eine unentgeltliche Überlassung von Räumen in erheblicher Größenordnung für einen längeren Zeitraum. Daher fallen grundsätzlich auch Steuervergünstigungen dem Grunde nach unter den Beihilfebegriff des Art. 87 EGV. Allerdings erfasst Art. 87 EGV nur Beihilfen, die über den Mitgliedstaat hinaus wirken. Beihilfen, die sich rein national auswirken, werden von Art. 87 EGV nicht erfasst. § 7g EStG fördert indes nur Investitionen in inländischen Betrieben bzw. Betriebsstätten. Dies ist aus § 7g Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EStG abzuleiten, wonach das Wirtschaftsgut mindestens ein Jahr nach seiner Anschaffung oder Herstellung in einer inländischen Betriebsstätte verbleiben muss. Die EU-Kommission hat eine Genehmigung zu § 7g Abs. 3-6 erteilt, zu Abs. 7 allerdings nur eingeschränkt. Die Anwendbarkeit von Abs. 7 wird in sog. sensiblen Sektoren unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen (vgl. BMF v. 25.2.2004, IV A 6 – S 2183b – 1/04, BStBl I 2004, 337, Rz. 55; Rz. 80f.). In § 7g Abs. 8 EStG wird – ähnlich wie in § 2 Abs. 2 S. 2 InvZulG 1999 – geregelt, unter welchen konkreten Voraussetzungen ein Anwendungsausschluss eintritt. Die im Hinblick auf die Inlandsbezogenheit geäußerten europarechtlichen Bedenken, bei denen an das Beihilfeverbot angeknüpft wurde, dürften sich durch § 7g Abs. 8 EStG erübrigt haben, zumal eine Verletzung des Beihilfeverbots wegen des geringen Begünstigungsumfangs sowie des nur geringen Einflusses der Begünstigten auf den Binnenmarkt nicht vorliegen dürfte (so auch Meyer, in H/H/R, EStG, § 7g EStG Rz. 5; vgl. auch Rz. 92).
Allerdings ist fraglich, ob es mit EU-Recht vereinbar ist, dass eine Ansparrücklage nur bei Betrieben zulässig sein soll, deren Erträge im Inland steuerpflichtig sind, auch wenn der Stpfl. selbst in Deutschland steuerpflichtig ist. Diese Auslegung dürfte zwar einen Eingriff in die Grundfreiheit des Art. 43 EGV (Niederlassungsfreiheit) darstellen, der allerdings m. E. durch zwingende Gründe des Gemeinschaftsrechts (Kohärenzprinzip) gerechtfertigt ist.