Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Rz. 7
Die steuerlich relevanten 7 Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 EStG) gliedern sich in die Gewinneinkünfte und in die Überschusseinkünfte. Die in den §§ 8 bis 9a EStG geregelte Ermittlung des "Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten" ist nur bei den Überschusseinkünften zulässig (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG). Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§§ 4ff. EStG) sind für diese Gruppe von Einkünften mit Ausnahme von § 6 Abs. 2 und § 7 EStG grundsätzlich ohne Bedeutung. Im Rahmen der Gewinnermittlung bestehen erhebliche Unterschiede zur Ermittlung von Überschusseinkünften. Daher kann § 8 EStG nicht – auch nicht entsprechend – bei Gewinneinkünften angewendet werden. Anders als bei der Gewinnermittlung findet bei der Überschussermittlung ein Vergleich des Vermögensstands (Betriebsvermögensvergleich) nicht statt. Die Ermittlung eines eigenständigen "Überschussvermögens" ist nicht vorzunehmen.
Rz. 8
Die wichtigste Konsequenz der Abgrenzung der Gewinneinkünfte von den Überschusseinkünften besteht darin, dass bei der Gewinnermittlung (als Vermögensvergleichsrechnung) grundsätzlich die Veränderungen im Wert des betrieblich genutzten Vermögens berücksichtigt werden, während bei der Überschussermittlung (als Geldrechnung) Wertänderungen – mit Ausnahme des § 23 EStG und der §§ 17, 20 Abs. 2 EStG – keinen Eingang finden. Der Grund dafür liegt darin, dass entweder i. d. R. kein oder kein nennenswertes Vermögen eingesetzt wird (nichtselbstständige Arbeit) oder lediglich die Erträge des Vermögens der Besteuerung unterworfen werden sollen (Vermietung und Verpachtung). Dies kann zu erheblichen Belastungsdifferenzen zwischen den Gewinn- und den Überschusseinkunftsarten führen. Hier liegt auch die Bedeutung der Umqualifizierungs- und Subsidiaritätsklauseln, deren Tendenz in die Richtung einer Umqualifizierung in betriebliche Einkünfte geht. Die Rspr. sieht in dem Einkünftedualismus keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz.
Rz. 9
§ 8 EStG gilt auch nicht für die Abgrenzung zur Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Denn es handelt sich bei dieser Gewinnermittlungsart nur im Grundsatz um eine reine Geldrechnung nach dem Zu- und Abflussprinzip; wegen der vielen Ausnahmen von der Ist-Rechnung (§ 4 Abs. 3 S. 2 bis 5 EStG) ergibt sich in entscheidenden Punkten (z. B. beim Anlagevermögen) eine Gleichstellung mit dem Betriebsvermögensvergleich (§ 4 EStG Rz. 489ff.), sodass eine (unmittelbare) Anwendung des § 8 EStG nicht möglich ist.
Rz. 10
§ 8 EStG regelt keine eigene Einkunftsart. Ob und welche Gewinn- bzw. Überschusseinkünfte dem Grunde nach verwirklicht werden, ergibt sich nicht aus § 8 EStG, sondern aus der Umschreibung der einzelnen Einkunftsarten gem. §§ 13 bis 24 EStG. Die Vorschriften über die einzelnen Einkunftsarten regeln abschließend, im Rahmen welcher Einkunftsart und mit entsprechender Auswirkung auf die Art der Einkunftsermittlung ein Zu- oder Abfluss von Gütern zu erfassen ist. Ebenfalls nicht § 8 EStG, sondern den Vorschriften über die einzelnen Einkunftsarten ist zu entnehmen, ob eine Betätigung mangels Einkünfteerzielungsabsicht als sog. Liebhaberei steuerlich unbeachtlich ist. Dies gilt auch für geldwerte Vorteile, die unter § 8 Abs. 3 EStG fallen. Der Regelungsinhalt des § 8 EStG wird somit durch die Bestimmung des Begriffs der Einnahmen dem Grunde und (durch Abs. 2 und 3) der Höhe nach begrenzt.