1 Ermittlung des Rückzahlungsbetrags durch die zentrale Stelle
Rz. 1
Die Vorschrift regelt das Verfahren bei einer schädlichen Verwendung des geförderten Altersvorsorgevermögens. Eine schädliche Verwendung lässt einen Anspruch auf Rückzahlung der gewährten staatlichen Förderung entstehen (§ 93 Abs. 1 EStG, § 93 EStG Rz. 42).
Die Vorschrift gilt entsprechend in den Sonderfällen des § 95 EStG.
Für die Auszahlung zur Abfindung von Kleinbetragsrenten nach § 93 Abs. 3 EStG ist in § 94 Abs. 1 S. 5 EStG die entsprechende Anwendung des § 94 Abs. 1 S. 1 EStG angeordnet. Da die Abfindung von Kleinbetragsrenten indes keine schädliche Verwendung darstellt, beschränkt sich die entsprechende Anwendung auf die in S. 1 enthaltene Anzeigepflicht.
Rz. 2
Zuständig für die Durchführung des Rückforderungsverfahrens ist die zentrale Stelle (§ 81 EStG). Zentrale Stelle ist die Deutsche Rentenversicherung Bund, Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen – ZfA (§ 81 EStG Rz. 1). Dies trägt nicht nur der Tatsache Rechnung, dass sie die Zulage festsetzt (§ 90 Abs. 4 EStG), bei ihr sind auch die für die Rückforderung erforderlichen Daten vorhanden (§ 10a Abs. 4 S. 1 und 5 EStG; § 90 Abs. 1 S. 1 EStG; § 91 EStG).
Rz. 3
Das Verfahren wird durch den Anbieter in Gang gesetzt. Er hat nach § 94 Abs. 1 S. 1 EStG der zentralen Stelle in den Fällen des § 93 Abs. 1 EStG die schädliche Verwendung vor der Auszahlung des geförderten Altersvorsorgevermögens anzuzeigen. Diese Regelung ist sachlich gerechtfertigt. Denn nur er hat im Regelfall Kenntnis von einer schädlichen Verwendung.
Rz. 4
Die Anzeigepflicht beinhaltet die Pflicht des Anbieters, vor jeder Auszahlung geförderten Altersvorsorgevermögens zu prüfen, ob es sich um eine schädliche Auszahlung nach § 93 Abs. 1 EStG handelt oder nicht. Diese Prüfung betrifft lediglich die Frage des Bestehens einer Anzeigepflicht. An das Ergebnis der Prüfung ist die zentrale Stelle nicht gebunden. Die zentrale Stelle kann beim Anbieter ermitteln, ob er seine Pflichten erfüllt hat (§ 96 Abs. 4 S. 1 EStG).
Rz. 5
Nach der Konzeption des Verfahrens muss der Anbieter die Anzeige vor der förderschädlichen Auszahlung vornehmen. Das ist im eigenen Interesse des Anbieters erforderlich, weil er den Rückzahlungsbetrag vom zur Verfügung stehenden Guthaben einzubehalten hat und ggf. für ein Fehlverhalten haftet (Rz. 14).
Die Anzeige muss die für die Festsetzung des Rückzahlungsbetrags erforderlichen Daten enthalten, insbesondere also Angaben über das vorhandene geförderte Altersvorsorgevermögen, den Betrag, der nach § 93 EStG förderschädlich verwendet werden soll, sowie das Datum der geplanten Auszahlung.
Die Anzeige muss nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch amtlich bestimmte Datenfernübertragung erfolgen (§ 94 Abs. 1 S. 1 EStG).
Rz. 6
Die zentrale Stelle ermittelt aufgrund der Anzeige des Anbieters die Höhe des Rückforderungsbetrags und teilt ihn dem Anbieter mit. Der Rückzahlungsbetrag setzt sich zusammen aus Zulage und der ggf. zusätzlich gewährten Steuervergünstigung nach § 10a EStG. Kenntnis von einer gewährten Steuerermäßigung hat die zentrale Stelle aufgrund der Mitteilung des FA nach § 10a Abs. 4 S. 1 EStG. Die zentrale Stelle ist an die gesonderte Feststellung der Steuerermäßigung gebunden. Der Feststellungsbescheid nach § 10a Abs. 4 EStG ist Grundlagenbescheid i. S. v. § 179 Abs. 1 AO (§ 10a EStG Rz. 89). Bei nur teilweiser schädlicher Verwendung ist der Rückzahlungsbetrag ggf. anteilig nach dem Verhältnis von schädlich verwendetem Kapital zu gefördertem Gesamtkapital zu berechnen.
2 Realisierung des Rückzahlungsanspruchs durch Einbehalt
Rz. 7
Der Anbieter hat den Rückzahlungsbetrag bei der Auszahlung des Altersvorsorgevermögens einzubehalten, anzumelden und abzuführen (§ 94 Abs. 1 S. 3 EStG). Anzumelden ist im Anmeldeverfahren des § 90 Abs. 3 EStG. Abzuführen ist der Betrag an die zentrale Stelle. Darüber hinaus sind die einbehaltenen und abgeführten Beträge der zentralen Stelle im amtlich bestimmten Datenverkehr mitzuteilen und dem Zulageberechtigten zu bescheinigen (§ 94 Abs. 1 S. 4 EStG).
Diese Bescheinigung hat nicht die Qualität eines Verwaltungsakts, ist also insbesondere nicht anfechtbar. Eine Anfechtungsmöglichkeit wird erst eröffnet, wenn der Rückzahlungsbetrag förmlich nach § 94 Abs. 2 S. 1 EStG festgesetzt wird (Rz. 13). Die Festsetzung durch Verwaltungsakt ist die Ausnahme (Rz. 10).
Die Rückzahlungsverpflichtung wird also im Regelfall im Rahmen faktischen Verwaltungshandelns durchgesetzt, nämlich durch schlichten Einbehalt vom Auszahlungsbetrag.
Rz. 8
Eine uneingeschränkte Belastung des Kontos des Zulageberechtigten ist nicht vorgesehen. Im Regelfall (z. B. bei Kündigung des Altersvorsorgevertrags) würde – anders als in den Fällen der Rückforderung nach § 90 Abs. 3 EStG – ein negativer Saldo auch nicht mehr ausgeglichen (§ 90 EStG Rz. 15a).
Rz. 9
Der Anbieter ist zur Einbehaltung vom Auszahlungsbetrag verpflichtet. Er muss die Auszahlung des geförderten AV-Vermögens solange zurückhalten, bis er die Mitteilung über den einzubehaltenden Betrag von der zentralen Stelle erhalten hat und dann den Einbehalt vornehmen kann.
Rz. 1...