Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1990
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger, der die Klage unter seinem Geburtsnamen … erhob, wurde im Streitjahr 1990 zur Einkommensteuer veranlagt. Im Rahmen der Veranlagung schätzte der Beklagte auf Anregung des Klägers den Bruttoarbeitslohn für den Zeitraum vom 1.1. bis 13.3.1990 auf 8.400,– DM und erließ einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid vom 19.6.1992. Dieser Bescheid erging gleichzeitig hinsichtlich der Höhe des Grundfreibetrages, des Arbeitnehmerpauschbetrages, der Nichtabziehbarkeit von privaten Schuldzinsen und der beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen vorläufig. Mit seinem Einspruch wandte sich der Kläger gegen die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen: Er begehrte den Lohnsteuerabzug und den Ansatz eines niedrigeren Bruttoarbeitslohnes laut Versicherungsnachweis in Höhe von insgesamt 3.550,– DM. Darüber hinaus machte er geltend, § 165 Abgabenordnung (AO) sei zu Unrecht angewandt worden, und griff den Steuerbescheid auch hinsichtlich der für vorläufig erklärten Punkte – mit Ausnahme Nichtabziehbarkeit privater Schuldzinsen – an. Nachdem der Kläger sich mit dem Ansatz von 3.550,– DM geschätzter Bruttoarbeitslohn einverstanden erklärt hatte, erließ der Beklagte einen geänderten Steuerbescheid und erklärte das Rechtsbehelfsverfahren für erledigt. Der Steuerbescheid erhielt dieselben Vorläufigkeitsvermerke wie der Erstbescheid. Mit erneutem Einspruch begehrte der Kläger weiterhin, von Amts wegen einen geschätzten Lohnsteuerabzugsbetrag zu berücksichtigen. Gleichzeitig wiederholte er seinen Vortrag bezüglich der für vorläufig erklärten Punkte.
Mit seiner Einspruchsentscheidung vom 14.3.1994 verwarf der Beklagte den Einspruch als unzulässig. Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Kläger sei nicht beschwert; er wende sich nur gegen die Lohnsteueranrechnung, nicht aber gegen die Steuerfestsetzung. Zur Problematik der Vorläufigkeitsvermerke und der Anwendung des § 165 AO enthält die Einspruchsentscheidung keine Ausführungen.
Mit seiner Klage verfolgte der Kläger zunächst weiterhin seine Begehren aus dem Einspruchsverfahren. Mit seinem Schreiben vom 8.6.1995 stimmte er der Auffassung des Beklagten hinsichtlich der Nichtberücksichtigung von Lohnsteuerabzugsbeträgen zu. Im übrigen habe der Beklagte aber die anderen Einspruchspunkte nicht entschieden. Deshalb sei die Einspruchsentscheidung aufzuheben, um ein ordnungsgemäßes Vorverfahren zu gewährleisten.
Der Kläger beantragt,
die Einspruchsentscheidung vom 14.3.1994 ersatzlos aufzuheben und das Verfahren an den Beklagten zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dem Gericht lag ein Band Einkommensteuerakten 1990 vor, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat den Einspruch zumindest im Ergebnis zu Recht als unzulässig verworfen.
Der Einspruch war unstatthaft und damit unzulässig, soweit der Kläger sich mit seinem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1990 gegen die Lohnsteueranrechnung wandte. Die Anrechnung von Lohnsteuer gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) erfolgt durch einen eigenständigen Verwaltungsakt im Rahmen der Steuererhebung und nicht im Rahmen der Steuerfestsetzung (Heinicke in Schmidt, EStG, 13. Auflage 1994, § 36 Anm. 17 a m.w.N.). Das hat nunmehr auch der Kläger mit Schreiben vom 8.6.1995 anerkannt.
Darüber hinaus erweist sich die Einspruchsentscheidung aber auch als zutreffend, soweit der Kläger sich gegen die Anwendung des § 165 AO wandte und zusätzlich den Steuerbescheid hinsichtlich der für vorläufig erklärten Punkte angriff. Der Tenor der Einspruchsentscheidung, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, ist im Ergebnis richtig; eine Aufhebung der Einspruchsentscheidung käme nur in Betracht, wenn der maßgebliche Entscheidungssatz fehlerhaft wäre (BFH-Urteil vom 10.5.1990 V R 136/85, BFH/NV 1991, 420, 421 zu 3 b).
Zwar hat der Beklagte in der Begründung der Einspruchsentscheidung zu diesen vom Kläger gerügten Punkten in keiner Weise Stellung genommen und damit grob gegen die Begründungspflicht des § 366 Satz 2 AO verstoßen. Die (teilweise) fehlende Begründung macht die Einspruchsentscheidung jedoch nicht nichtig, sondern nur anfechtbar (Tipke/Kruse, AO/FGO, 15. Auflage Stand: November 1994, § 366 AO Teilziffer 5; Szymczak in Koch/Scholz AO, 4. Auflage 1993, § 366 Rdz. 6; Haarmann in Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Stand: März 1995, Rz. 3795). Einer Aufhebung der unstreitig fehlerhaften Einspruchsentscheidung steht jedoch § 127 AO entgegen. Danach scheidet die Aufhebung eines Verwaltungsaktes unter anderem allein wegen der Verletzung einer Verfahrensvorschrift wie § 366 Satz 2 AO mit seiner Begründungspflicht aus, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.
§ 127 AO ist gemäß § 365 Abs. 1 AO im Rechtsbehelfsverfahren anzuwenden und vom Gerich...