Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagebefugnis wegen Doppelbesteuerung einer Hinterbliebenenrente?
Leitsatz (redaktionell)
Wird bei einer Hinterbliebenenrente die Doppelbesteuerung geltend gemacht, fehlt die Klagebefugnis sowohl mangels Einschlägigkeit des Verbots der Doppelbesteuerung als auch wegen des zur Rentenbesteuerung im Bescheid enthaltenen Vorläufigkeitsvermerks (a.A. BFH, Beschluss im selben Verfahren vom 30. August 2023 – X B 58/23).
Normenkette
FGO § 40 Abs. 2; EStG § 22 Nr. 1 S. 3 a) aa); AO § 165 Abs. 1 S. 2 Nr. 3
Streitjahr(e)
2020
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Besteuerung der von der Klägerin bezogenen Leibrente nach ihrem verstorbenen Ehemann.
Die Klägerin wurde im Streitjahr zur Einkommensteuer veranlagt und erzielte neben Einkünften aus Gewerbebetrieb sonstige Einkünfte aus einer inländischen Leibrente i.H.v. 5.699,-- EUR nach ihrem verstorbenen Ehemann. Die (eigenen) Altersvorsorgeaufwendungen der Klägerin beliefen sich im Streitjahr auf 1.922,-- EUR.
Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 vom 04.02.2022 wurde die Einkommensteuer für das Streitjahr unter Berücksichtigung eines steuerpflichtigen Teils der von der Klägerin bezogenen Rente i.H.v. 4.445,-- EUR (Besteuerungsanteil von 78 %) auf 2.963,-- EUR festgesetzt. Die Steuerfestsetzung erging gemäß § 165 Abs. 1 S. 2 der Abgabenordnung (AO) teilweise vorläufig. In den Erläuterungen zur Festsetzung wurde – soweit vorliegend von Bedeutung – Folgendes ausgeführt:
„Die Festsetzung der Einkommensteuer ist gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig hinsichtlich
[…]
Wichtiger Hinweis:
Sollte nach einer künftigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesfinanzhofs dieser Steuerbescheid Ihrer Auffassung nach hinsichtlich der Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG zu Ihren Gunsten zu ändern sein, benötige ich weitere Unterlagen von Ihnen. Von Amts wegen kann ich Ihren Steuerbescheid nicht ändern, weil mir nicht alle erforderlichen Unterlagen vorliegen.
[…]
Die Vorläufigkeitserklärung erfasst sowohl die Frage, ob die angeführten gesetzlichen Vorschriften mit höherrangigem Recht vereinbar sind, als auch den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht oder der Bundesfinanzhof die streitige verfassungsrechtliche Frage durch verfassungskonforme Auslegung der angeführten gesetzlichen Vorschriften entscheidet (BFH-Urteil vom 30. September 2010 – III R 39/08 -, BStBl 2011 II S.11). Die Vorläufigkeitserklärung erfolgt lediglich aus verfahrenstechnischen Gründen. Sie ist nicht dahin zu verstehen, dass die im Vorläufigkeitsvermerk angeführten gesetzlichen Vorschriften als verfassungswidrig oder als gegen Unionsrecht verstoßend angesehen werden. Soweit die Vorläufigkeitserklärung die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Norm betrifft, ist sie außerdem nicht dahingehend zu verstehen, dass die Finanzverwaltung es für möglich hält, das Bundesverfassungsgericht oder der Bundesfinanzhof könne die im Vorläufigkeitsvermerk angeführte Rechtsnorm gegen ihren Wortlaut auslegen.
Sollte aufgrund einer diesbezüglichen Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union, des Bundesverfassungsgerichts oder Bundesfinanzhofs diese Steuerfestsetzung aufzuheben oder zu ändern sein, wird die Aufhebung oder Änderung von Amts wegen vorgenommen; ein Einspruch ist daher insoweit nicht erforderlich.“
Am 21.02.2022 legte die Klägerin gegen diesen Bescheid mit Blick auf eine Umsatzsteuervoranmeldung Einspruch ein und beantragte insoweit zugleich Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung führte die Klägerin aus, die entsprechende Zahlung i.H.v. 1.509,-- EUR sei am 08.01.2021 erfolgt und im Streitjahr gewinnmindernd zu berücksichtigen.
Mit Schreiben vom 27.02.2022 erweiterte die Klägerin ihren Einspruch sowie ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Blick auf die Besteuerung der Leibrente aus der Basisversorgung, indem sie geltend machte, deren Besteuerung mit einem Besteuerungsanteil i.H.v. 78 Prozent führe zu einer verbotenen Doppelbesteuerung, da die Altersvorsorgebeiträge des verstorbenen Ehegatten der Klägerin nur zu 50 Prozent steuerbegünstigt gewesen seien. Mangels anderweitiger Rechtsnorm dürfe die Rente daher überhaupt nicht besteuert werden.
Mit geändertem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 vom 07.03.2022 setzte der Beklagte die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von Betriebsausgaben bei den Einkünften der Klägerin aus Gewerbebetrieb i.H.v. 1.509,-- EUR auf 2.793,-- EUR herab. In den Erläuterungen zur Festsetzung wurde wörtlich Folgendes ausgeführt: „Dieser Bescheid ändert den Bescheid vom 04.02.2022. Hierdurch erledigt sich Ihr Einspruch/Antrag der Klägerin vom 21.02.2022.“ Auch diese Steuerfestsetzung erging gemäß § 165 Abs...