Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1991
Nachgehend
Tenor
Der Änderungsbescheid für 1991 über Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag vom ….5.1993 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf …,– DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die steuerliche Anerkennung einer Eigentumswohnung als begünstigtes Objekt im Sinne des § 10 e des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Jahr 1991 streitig.
Die Eltern des Klägers waren Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks in E. Am ….12.1990 erklärten sie mit notarieller Urkunde Nr. 100/90 des Notars …, die Teilung in zwei Eigentumswohnungen gemäß den beigefügten Bauplänen. Unmittelbar anschließend wurde mit Urkunde Nr. 101/90 unentgeltlich das Eigentum an der – noch zu errichtenden – Wohnung im Ober- und Dachgeschoß auf den Kläger übertragen. Die Abgeschlossenheitsbescheinigung gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 und § 32 Abs. 2 Nr. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) trägt ebenfalls das Datum ….12.1990.
Am ….4.1991 wurde der Kläger als Eigentümer in das neu angelegte Wohnungsgrundbuch eingetragen. In der Zeit bis Ende 1991 ließ er mit einem Aufwand von insgesamt …,– DM die Wohnung im Ober- und Dachgeschoß errichten und zog im Dezember 1991 … in die Wohnung ein. Hinter der Hauseingangstür war die von den Eltern bewohnte Wohnung im Erdgeschoß bereits zu diesem Zeitpunkt durch eine Wohnungstür vom Treppenhaus abgetrennt. Die vorgesehene Wohnungstür für die Wohnung in den oberen Etagen wurde erst 1993 eingebaut.
In seiner Steuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger als Vorkosten nach § 10 e Abs. 6 EStG …,– DM Zinsaufwendungen geltend. Für die Grundförderung legte er die Baukosten zugrunde.
Der Einkommensteuerbescheid vom ….5.1992 erging erklärungsgemäß. Nach einer Ortsbesichtigung durch das Finanzamt am ….1.1993 wegen der anstehenden Bewertungsfortschreibung wurde der Bescheid geändert und sowohl die Anerkennung der Vorkosten als auch die Gewährung der Grundförderung mit der Begründung abgelehnt, die Wohnungsabschlußtür für die Wohnung im Obergeschoß fehle noch.
Der fristgerecht gegen den Änderungsbescheid vom ….5.1993 erhobene Einspruch wurde mit der am 7.2.1994 abgesandten Einspruchsentscheidung vom 2.2.1994 mit der Begründung abgewiesen, daß mangels Abgeschlossenheit der Wohnung im Obergeschoß kein Wohnungseigentum gebildet worden sei.
Am 7.3.1994 ging beim Beklagten ein Fensterbriefumschlag ein, der an das Finanzgericht adressiert war und unter der Anschrift des Finanzgerichts mit etwas Abstand die Textzeile „über das Finanzamt …” aufwies. Der Beklagte leitete den Umschlag ungeöffnet an das Finanzgericht weiter, der dort am 11.3.1995 eingegangen ist. Mit der darin übersandten Klage begehrt der Kläger weiterhin die Grundförderung und den Vorkostenabzug nach § 10 e EStG, da er eine Eigentumswohnung hergestellt habe, die er seit Dezember 1991 selbst in vollem Umfang nutze, und es auf den Einbau der Wohnungstür nicht ankomme.
Er beantragt,
den Änderungsbescheid vom …1.5.1993 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei sowohl unzulässig als auch unbegründet.
Die Klage sei erst nach Ablauf der Frist gemäß § 47 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erhoben worden. Als Eingangsdatum gelte nicht der Eingang bei ihm, sondern erst der bei Gericht. Die Klage sei nicht bei ihm im Sinne des § 47 Abs. 2 FGO angebracht worden. Durch das Briefgeheimnis sei er daran gehindert gewesen, den an das Finanzgericht adressierten Umschlag zu öffnen und dadurch von der Klage Kenntnis zu erlangen.
Inhaltlich hält er daran fest, daß die Wohneigentumsförderung nicht in Betracht komme, solange die Wohnungsabschlußtür für die oberen Etagen nicht eingebaut sei.
Wegen der Einzelheiten wird auf die notariellen Urkunden-Nr. 100/90 und 101/90 des Notars … vom ….12.1994, die Abgeschlossenheitsbescheinigung vom …12.1990 und die Grundbuchblätter Band … Blatt … und Band … Blätter … und …, Flur …, Flurstück … des Grundbuchs von … Bezug genommen.
Dem Senat hat die Einkommensteuerakte für das Streitjahr vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
Ausweislich des Eingangsstempels des Beklagten auf dem Umschlag ist die Klage innerhalb der Monatsfrist des § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO im Sinne des § 47 Abs. 2 FGO bei dem Finanzamt angebracht worden. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Zusatz „über das Finanzamt …” im Sichtfenster erkennbar war, da unabhängig von der tatsächlichen Kenntnisnahme durch das Finanzamt der Zugang mit Eingang beim Beklagten bewirkt ist (vgl. Bundesfinanz...