Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz. Konkursverschleppung;. Schaden. Schadensersatz wegen Konkursverschleppung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Arbeitnehmer, der bei vorsätzlicher Konkursverschleppung i. S.v. § 64 I GmbHG für die konkursreife GmbH weiterhin Arbeitsleistungen erbringt, ist als sog. Neugläubiger nicht auf den Quotenschaden beschränkt. Ein durch die Konkursverschleppung kausal verursachter Schaden ist jedoch nicht darin zu sehen, dass die GmbH die Vergütung nicht mehr zahlt.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 2; GmbHG § 64 I; BGB § 249 ff.

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 29.03.1999; Aktenzeichen 15 Ca 4053/98)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 29. März 1999 – 15 Ca 4053/98 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin beansprucht vom Beklagten Schadensersatz wegen Konkursverschleppung.

Die Klägerin war vom 1. Nov. 1992 bis zum 28. April 1994 im E. Betrieb der Firma A.A. L. GmbH mit Sitz in M. als Arbeitnehmerin mit einer vereinbarten Bruttomonats Vergütung von zuletzt DM 4.400 beschäftigt. Geschäftsführer der A.A. L. GmbH war der Beklagte. Die A.A. L. GmbH war seit dem 31. Dez. 1993 zahlungsunfähig. Der Beklagte stellte erst am 26. April 1995 Konkursantrag über das Vermögen der GmbH. Durch Beschluss des Amtsgerichts M. vom 23. Jan. 1996, Aktenzeichen 152 N 626/95, wurde der Antrag mangels Masse zurückgewiesen. Der Beklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts M. vom 5. Sept. 1997, Aktenzeichen 1125 Cs 306 Js 46165/96 (Bl. 3 ff d. A.) wegen vorsätzlicher Konkursverschleppung in Tatmehrheit mit Bankrott und Verletzung der Buchführungspflicht zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen a DM 60 verurteilt.

Am 31. Okt. 1996 erging durch das Arbeitsgericht Frankfurt am Main im Rechtsstreit 3 Ca 3978/94 gegen die A.A. L. GmbH Versäumnisurteil. Es wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der GmbH bis zum 31. Mai 1994 fortbestanden hat.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte hafte ihr auf Schadensersatz in Höhe der für die Monate Januar bis Mai 1994 von der A.A. L. GmbH nicht gezahlten und dieser gegenüber auch nicht zu realisierenden Bruttomonatsvergütung.

Die Klägerin hat beantragt

den Beklagten zu verurteilen, an sie DM 22.000,– nebst 4 % Zinsen aus jeweils DM 4.400,– seit 1.2.1994, 1.3.1994, 1.4.1994, 1.5.1994 und 1.6.1994 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, er habe nur auf den sogenannten Quotenschaden zu haften, dieser sei allerdings nicht dargelegt.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (Bl. 48 d. A.). Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch Urteil vom 29. März. 1999 – 15 Ca 4053/98 – abgewiesen. Es hat angenommen, die Klage sei unbegründet. Der Beklagte sei zwar dem Grunde nach schadenersatzpflichtig, die Schadenshöhe sei aber nicht substantiiert dargelegt. Die Haftung des Beklagten dem Grunde nach beruhe auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG, da der Beklagte trotz am 31. Dez. 1993 eingetretener Zahlungsunfähigkeit der A.A. L. GmbH nicht rechtzeitig, sondern erst am 26. April 1995 Konkursantrag gestellt habe. Zunächst sei nicht erkennbar, inwieweit der Klägerin ein Schaden in Höhe der mit der A.A. L. GmbH vereinbarten Bruttomonatsvergütung für die Monate Januar bis Mai 1994 entstanden sein könnte, d. h. inwieweit ihr wegen nicht abgeführter Steuern und Sozialabgaben ein Schaden entstanden sei. Sollte ein Schaden wegen der nicht abgeführten Beiträge zur Rentenversicherung entstanden sein, sei dieser nicht konkret dargelegt. Andere Schäden wegen Nichtabführung von Steuern und Sozialabgaben seien nicht ersichtlich.

Der Klägerin stehe aber auch kein Schadensersatzanspruch in Höhe des sich aus DM 22.000 brutto ergebenden Nettobetrages zu. Der Ersatz eines Schadens in dieser Höhe sei vom Schutzzweck der §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 Abs. 1 GmbHG nicht gedeckt. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei hinsichtlich des Umfangs des nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 Abs. 1 GmbHG ersatzfähigen Schadens danach zu differenzieren, ob der Gläubiger sogenannter Altgläubiger oder Neugläubiger der zahlungsunfähigen GmbH sei. Der Anspruch des Neugläubigers, der eine Forderung gegen die GmbH nach dem Zeitpunkt erworben habe, zu dem der Konkursantrag hätte gestellt werden müssen, sei hiernach auf den Ausgleich des vollen – nicht durch den Quotenschaden begrenzten – Schadens gerichtet, der ihm dadurch entstehe, dass er in Rechtsbeziehungen zu einer überschuldeten bzw. zahlungsunfähigen GmbH getreten sei. Dagegen verbleibe es für sogenannte Altgläubiger bei der Begrenzung der Schadensersatzpflicht auf den sogenannten Quotenschaden, d. h. auf den Betrag, um den sich die Konkursquote, ...

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