Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe, Höhe, Unterhalt, Unterhaltszahlungen, getrennt lebend, Ehegatte
Leitsatz (amtlich)
Die Regelung des § 194 Abs. 1 und 2 SGB III geht hinsichtlich der Feststellung der Bedürftigkeit erkennbar davon aus, dass der Gesetzgeber die Berücksichtigung familienrechtlicher Beziehungen unter Eheleuten auf den Kreis der nicht dauernd getrennt lebenden Eheleute beschränkt wissen wollte und insoweit nur die eheähnliche Lebensgemeinschaft als Wirtschaftsgemeinschaft – vergleichbar auch der Verfahrensweise im Sozialhilferecht – gleichgestellt hat.
Eine Analogie zu dieser Rechtslage nach § 194 Abs. 1 und 2 SGB III für dem Fall dauernd getrennt lebender Ehegatten bzw. geschiedener (früheren) Ehegatten ist nicht zulässig. Es verbleibt bei der Möglichkeit, bereits titulierte Unterhaltsforderungen dann ggf. abändern zu lassen.
Normenkette
SGB III § 194 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 4
Beteiligte
Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg, vertreten durch den Präsidenten des Landesarbeitsamtes Hessen |
Verfahrensgang
SG Gießen (Entscheidung vom 10.02.2000; Aktenzeichen S 12 AL 627/99) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 10. Februar 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Arbeitslosenhilfe, die dem 1939 geborenen Kläger im Zusammenhang mit Unterhaltszahlungen an seine getrennt lebende Ehefrau zahlen ist (§ 194 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 4 Sozialgesetzbuch – Drittes Buch – Arbeitsförderung – SGB III).
Der Kläger bezog zunächst Arbeitslosengeld und nach Erschöpfung des Anspruchs ab 30. November 1998 Arbeitslosenhilfe. Mit Bescheid vom 17. Februar 1999 i. d. F. des Bescheides vom 22. Februar 1999 wurde dem Kläger Arbeitslosenhilfe unter Berücksichtigung eines Anrechnungsbetrages von 282,52 DM in Höhe von wöchentlich 158,90 DM bewilligt. Die Berechnung erfolgte unter Anrechnung einer monatlichen Betriebsrente in Höhe von 1773,00 DM; Unterhaltsbeiträge an seine getrennt lebende Ehefrau in Höhe von monatlich 1395,31 DM blieben unberücksichtigt. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch trug der Kläger vor, von der ihm zufließenden Betriebsrente hätten die monatlichen Unterhaltsbeiträge an seine in Scheidung lebende Ehefrau abgezogen werden müssen.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 1999 mit der Begründung zurück, die Unterhaltszahlungen an die in Scheidung lebende Ehefrau seien nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht berücksichtigungsfähig. Im Falle des Klägers sei es so, dass dieser eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 1773 DM beziehe, was einem wöchentlichen Betrag von 409,15 DM entspreche. Von diesem Einkommen seien – abzugsfähig – die von dem Kläger nachgewiesenen Versicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 548,73 DM monatlich zu berücksichtigen. Es handle sich insoweit um eine Kraftfahrzeug-Versicherung von monatlich 159,10 DM, eine Lebensversicherung von monatlich 264,76 DM und weitere Lebensversicherungen in Höhe von monatlich 124,87 DM. Um diese Beträge sei die monatliche Rente von 1773,– DM zu vermindern gewesen, sodass sich ein Anrechnungsbetrag von wöchentlich 282,52 DM ergehen habe. Die von dem Kläger weiter angegebene Unterhaltszahlung für seine in Scheidung lebende Ehefrau von monatlich 1395,91 DM habe nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 194 SGB III nicht berücksichtigt werden können.
Hiergegen, hat der Kläger am 26. März 1999 Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hob die Beklagte nach erneuter Heirat am 1. April 1999 mit Bescheid vom 15. April 1999 die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nach vorläufigen Einkommensdaten auf, bewilligte jedoch nach weiterer Prüfung mit Bescheid vom 30. August 1999 vorläufig für die Zeit ab 1. April 1999 und durch Bescheid vom 26. Oktober 1999 endgültig Arbeitslosenhilfe ohne Berücksichtigung der an die erste Ehefrau zu zahlenden Unterhaltsleistungen. Der Kläger ist weiter der Meinung, die an seine erste Ehefrau zu erbringenden Unterhaltsleistungen seien auf die Betriebsrente anzurechnen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. Februar 2000 abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, die angefochtenen Bescheide seien nicht zu beanstanden. Der Kläger habe keinen Anspruch auf weitergehende Arbeitslosenhilfe unter einkommensmindernder Anrechnung des an seine getrennt lebende bzw. geschiedene erste Ehefrau zu zahlenden Unterhalts. Gem. § 190 Abs. 1 Nr. 5, § 193 SGB III bestehe ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nur im Rahmen der Bedürftigkeit, nämlich so weit ein Arbeitsloser seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreite oder bestreiten könne und das zu berücksichtigende Einkommen die Arbeitslosenhilfe nicht erreiche. Zu berücksichtigendes Einkommen sei nach Maßgabe des § 194 Abs. 1 SGB in das Einkom...