Dr. Dario Arconada Valbuena
Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 7.11.2006 (1 BvL 10/02, BGBl I 2007, S. 194) eine verkehrswertnahe Bewertung aller Vermögensarten und damit auch des Grundvermögens gefordert. Vor diesem Hintergrund wird nach § 177 BewG i. V. m. § 9 BewG der Bewertung des Grundvermögens dessen gemeiner Wert zu Grunde gelegt. Nach Maßgabe von § 9 BewG sind hierbei alle wertbeeinflussenden Umstände am Bewertungsstichtag zu berücksichtigen. Hierzu gehören die allgemeinen Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt und der Zustand des zu bewertenden Grundstücks. Der Grundstückszustand bestimmt sich dabei nach der Gesamtheit der wertbeeinflussenden rechtlichen Gegebenheiten, insbesondere den Rechten und Belastungen privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Art, den tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks. Nur ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind bei der Bewertung nicht zu berücksichtigen.
Allerdings macht die Vielzahl der Fälle, in denen Grundvermögen zu bewerten ist, eine typisierende Bewertung erforderlich. Gegen eine derartige Typisierung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, sofern sie im Ergebnis zu einem Wert führt, der dem gemeinen Wert angenähert ist. Die typisierende Bewertung kann aber dazu führen, dass die ermittelten Werte in besonders gelagerten Fällen über den gemeinen Wert des Grundvermögens hinausgehen. In diesen Fällen verhindert § 198 BewG eine mögliche Übermaßbesteuerung (vgl. zu Alledem Schnitter in: Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 198 BewG Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts, Rz. 5).
Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den §§ 179, 182 bis 196 BewG ermittelte Wert, so ist dieser Wert anzusetzen (§ 198 Abs. 1 Satz 1 BewG). Als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts kann regelmäßig ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses i. S. d. §§ 192 ff. BauGB oder von Personen, die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt oder zertifiziert worden sind, dienen (§ 198 Abs. 2 BewG).
Der Steuerpflichtige hat die Kosten für ein Verkehrswertgutachten zu tragen. Das Gutachten ist für die Feststellung des Grundbesitzwerts nicht bindend, sondern unterliegt der freien Beweiswürdigung durch das Finanzamt und das FG. Zur Ordnungsmäßigkeit eines Sachverständigengutachtens gehören methodische Qualität und eine zutreffende Erhebung und Dokumentation der Begutachtungsgrundlagen. Aus § 198 BewG folgt, dass ein Gutachten aus sich heraus verständlich und auf Plausibilität überprüfbar sein muss und nicht erst durch ergänzende Ermittlungen und Erhebungen des Finanzamts oder des FG (vgl. Grootens in Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, 128. Aufl./Lfg. 10.2021 § 198 BewG, Rz. 15).
Das FG Hamburg (vgl. Beschluss v. 28.10.2021, 3 K 65/20, EFG 2022, S. 562) hatte nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten.
Im Einspruchsverfahren begehrten die Kläger ohne Erfolg eine Herabsetzung der vom Finanzamt festgestellten Grundbesitzwerte ohne eine spezifische bewertungsrechtliche Begründung. Ihre Klage begründeten sie mit der Vorlage eines Gutachtens nach § 198 BewG, welches das Finanzamt unter Hinweis auf Fehler zunächst nicht akzeptierte.
Das FG gab den Klägern die Möglichkeit zur Nachbesserung des Gutachtens und schlug alternativ Werte für die Hausgrundstücke vor, auf die sich die Beteiligten dann ohne Weiteres zur Erledigung des Rechtsstreits verständigten.
Das FG hat die gesamten Kosten des Verfahrens den Klägern auferlegt. Es folgte dabei dem Argument der Kläger nicht, wonach die Kostenentscheidung dem Maß des Obsiegens bzw. Unterliegens zu entsprechen habe.
Nach Ansicht des FG trägt ein Steuerpflichtiger auch im Fall der (Teil-)Abhilfe grundsätzlich die gesamten Kosten des Verfahrens gem. § 138 i. V. m. § 137 Satz 1 FGO, wenn er das Gutachten zum Nachweis eines niedrigeren Verkehrswerts nach § 198 BewG erst im Klageverfahren vorlegt. Dies gelte auch, wenn das Finanzamt nicht unmittelbar nach Vorlage des Gutachtens zur Abhilfe bereit sei, sofern das Gutachten (noch) nicht den zu stellenden Anforderungen genüge.
Die typisierende Bewertung sei angesichts der Vielzahl der Erbschaft- und Schenkungsteuerfälle, in denen Grundbesitz übertragen werde, und der Grunderwerbsteuerfälle erforderlich und zulässig, auch wenn die ermittelten Werte in besonders gelagerten Fällen über den gemeinen Werten liegen könnten. Vor dem Hintergrund der jeder Grundstücksbewertung innewohnenden Unsicherheiten sei es im Rahmen eines typisierenden Bewertungsverfahrens nicht zu beanstanden, dass dem Steuerpflichtigen die Nachweislast für einen niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks als dem auf einer anerkannt objektiven Bewertungsgrundla...