Rz. 47a
§ 43 Rente wegen Berufsunfähigkeit
(1) Versicherte haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie
- berufsunfähig sind,
- in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
- vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
§ 38 Satz 2 ist anzuwenden.
(2) Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
(3) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:
- Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
- Berücksichtigungszeiten, soweit während dieser Zeiten eine selbständige Tätigkeit nicht ausgeübt worden ist, die mehr als geringfügig war,
- Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
- Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.
(4) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.
(5) Eine Rente wegen Berufsunfähigkeit wird abhängig vom erzielten Hinzuverdienst (§ 96a Abs. 2 Nr. 2) in voller Höhe, in Höhe von zwei Dritteln oder in Höhe von einem Drittel geleistet.
4.1 Allgemeines
Rz. 48
§ 43 ist durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit v. 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827) vollständig neu gefasst worden. Der nachfolgenden Kommentierung liegt § 43 i. d. F. des Gesetzes v. 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337), zuletzt geändert durch Art. 15 des Gesetzes v. 19.12.2000 (BGBl. I S. 1815), also § 43 a. F. zugrunde. Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit kann weiterhin (unter der Geltung des neuen Rechts) nach Maßgabe des § 302b Abs. 1 bestehen; darüber hinaus besitzt die Kommentierung zu § 43 Abs. 2 a. F. Bedeutung im Rahmen des § 240. Auf die Kommentierung dieser Vorschriften wird ebenfalls hingewiesen.
4.1.1 Rechtsentwicklung
Rz. 49
Die am 1.1.1992 in Kraft getretene Vorschrift ersetzte die § 1246 RVO, § 23 AVG, § 46 RKG ohne wesentliche inhaltliche Änderungen. Die zu den früheren Vorschriften ergangene Rechtsprechung besitzt deshalb weitestgehende Gültigkeit. § 43 wurde wie folgt geändert: Durch das Gesetz v. 15.12.1995 (BGBl. I S. 1824) wurden Abs. 1 Nr. 2 neu gefasst und Abs. 1 Satz 2 angefügt; ferner wurden die Abs. 3 und 4 neu gefasst und Abs. 5 angefügt. Durch das Gesetz v. 2.5.1996 (BGBl. I S. 659) schließlich wurde Abs. 2 Satz 4 angefügt. Durch eine Änderung des § 302b Abs. 1 durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung v. 20.4.2007 (BGBl. I S. 554) ist der Anspruch auf die Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 a. F. dahingehend neu gestaltet worden, dass diese Rente bei Fortbestand der Anspruchsvoraussetzungen dieser Bestimmung bis zur Vollendung des Regelaltersgrenze gezahlt wird.
4.1.2 Regelungszweck
Rz. 50
Die Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU-Rente) wie auch die Erwerbsunfähigkeitsrente (EU-Rente) dienen der Absicherung gegenüber dem Invaliditätsrisiko. Nach der gesetzgeberischen Intention soll allerdings nur die EU-Rente einen vollen Ersatz für das infolge von Krankheit entgangene Arbeitseinkommen bieten. Dagegen beruht die Konzeption der BU-Rente auf der Prämisse, dass es dem Versicherten noch möglich ist, sein noch vorhandenes Restleistungsvermögen auf dem Arbeitsmarkt zu verwerten. Die BU-Rente soll lediglich einen Ausgleich für das infolge der ges...