Rz. 7
Bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden Renten gilt zunächst der Grundsatz, dass diese Summe vor einer ggf. vorzunehmenden Einkommensanrechnung auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (z. B. nach den §§ 34, 96a oder 97) zu bilden ist. Der Anwendungsbereich des § 93 würde erheblich eingeschränkt, würde man die Summe aus den nach Einkommensanrechnung zusammentreffenden Rentenbeträgen bilden. Von vornherein nicht zu den Renten zählen Zusatzleistungen wie Steigerungsbeträge der Höherversicherung (§ 269), der Auffüllbetrag gemäß § 315 a, der Zuschlag nach § 319 a oder der Kinderzuschlag gemäß § 270. Mehrere, auf verschiedenen Versicherungsfällen der gesetzlichen Unfallversicherung beruhende Verletztenrenten, sind dem Sinn des § 93 entsprechend, um Doppelleistungen zu vermeiden, zusammenzurechnen und in ihrer Gesamtsumme nach Maßgabe des § 93 in Ansatz zu bringen (BSG, SozR § 1278 RVO Nr. 16). § 93 Abs. 1 findet keine Anwendung, wenn der Versicherungsfall, der Grundlage der gewährten Verletztenrente ist, nach der für die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung maßgeblichen Erwerbsminderung eingetreten ist (Abs. 5 Satz 1 Nr. 1). Gleiches gilt, wenn die Verletztenrente auf eigenen Beitragsleistungen des Versicherten (z. B. als Unternehmer), seines Ehegatten oder seines Lebenspartners beruht (Abs. 5 Satz 1 Nr. 2; vgl. insoweit auch Rz. 17 ff.).
Rz. 7a
Abs. 2 bestimmt, dass bei der Bildung der Summe aus den zusammentreffenden Renten bestimmte Rententeilbeträge unberücksichtigt bleiben, sodass sich zugunsten des Berechtigten ein geringerer, den Grenzbetrag übersteigender Betrag aus der Summe beider Renten ergibt.
Rz. 8
Gemäß Abs. 2 Nr. 1 bleiben bei der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von dem Monatsteilbetrag, der auf persönlichen Entgeltpunkten der knappschaftlichen Rentenversicherung beruht (§§ 79 bis 87), der auf den Leistungszuschlag für ständige Arbeiten unter Tage entfallende Anteil (Buchst. a, § 85) sowie 15 % des verbleibenden Anteils (Buchst. b) unberücksichtigt. Hierdurch wird dem höheren Beitrags- und Leistungsniveau der knappschaftlichen Rentenversicherung Rechnung getragen. Dabei ist der Abzug i. H. v. 15 % gemäß Buchst. b auch dann vorzunehmen, wenn ein Leistungszuschlag für ständige Arbeiten unter Tage gemäß § 85 nicht gewährt wird, d. h., die Voraussetzungen des Abs. 2 Nr. 1 müssen nicht kumulativ vorliegen (vgl. Verbandskommentar, § 93 Rz. 15).
Rz. 8a
Abs. 2 Nr. 2, Buchst. a bestimmt, dass ein Betrag in Höhe der bei gleichem Grad der Schädigungsfolge (bis 20.12.2007 Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit) zu leistenden Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) unberücksichtigt bleibt. Die Begründung für den Abzug dieses Betrags ist darin zu sehen, dass der Rente aus der Unfallversicherung in Höhe des Betrags der entsprechenden Grundrente keine Lohnersatzfunktion zukommt und insoweit der Entschädigungsgedanke im Vordergrund steht (vgl. BT-Drs. 11/4124 S. 174). Nach § 31 Abs. 1 BVG wird eine Grundrente (erst) ab einem Grad der Schädigungsfolge um 30 % gewährt; hieraus erklären sich die (besonderen) Regelungen für eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 % und 10 %: Bei Verletztenrenten nach einer MdE in Höhe dieser Prozentsätze ist der entsprechende Anteil der Grundrente zu berücksichtigen, d. h. bei einer MdE i. H. v. 20 % 2/3, bei einer MdE von 10 % 1/3 der Mindestgrundrente.
Rz. 8b
In der Vergangenheit, d. h. bis zum 1.7.2011, war bei Berechtigten, die am 18.5.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatten, ein niedrigerer Grundfreibetrag nach dem BVG zu berücksichtigen (§ 31 BVG i. V. m. § 84 a BVG – Anlage 3 – i.V.m den entsprechenden Regelungen des Einigungsvertrages v. 23.9.1990, BGBl. II S. 885); vgl. insoweit zur Rechtsentwicklung auch Rz. 1). Durch den durch das Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften v. 20.6.2011 (BGBl. I S. 1114) in Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a (wieder-)aufgenommenen Verweis auf "das Bundesversorgungsgesetz" und die gleichzeitig vorgenommene Änderung des § 84 a BVG, wonach die auf dem Einigungsvertrag beruhenden Besonderheiten für Berechtigte im Beitrittsgebiet ab dem 1.7.2011 nicht mehr anzuwenden sind, ist ab dem vorgenannten Zeitpunkt bei Anwendung der Vorschrift des Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a sowohl für die alten als auch für die neuen Bundesländer der nach dem BVG zu bestimmende Freibetrag (vgl. Rz. 8a) einheitlich anzuwenden.
Das BSG hatte zunächst zu § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a in seiner ab dem 1.1.1992 geltenden Fassung entschieden (Urteil v. 10.4.2003, B 4 RA 32/02 R, und Urteil v. 20.11.2003, B 13 RJ 5/03 R), dass der in § 31 BVG geregelte Freibetrag für das gesamte Bundesgebiet gelte. § 84 a BVG finde auf Berechtigte mit gewöhnlichem Aufenthalt im Beitrittsgebiet keine Anwendung, weil § 93 nicht auf diese Bestimmung verweise und die Berechtigten im Beitrittsgebiet ohnehin bereits einen geringeren aktuellen Rentenwert bei der Berechnung der Rente hinnehmen müssten. Daraufhi...