Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
a) Arbeitgeber
Rz. 1318
Der Arbeitgeber begeht eine Lohnsteuerhinterziehung, wenn er gem. § 41a EStG nicht spätestens am 10. Tag des Lohnsteueranmeldungszeitraums eine Lohnsteueranmeldung abgibt oder wenn er zu niedrige Lohnsteuerbeträge angibt (§ 41a Abs. 1 Satz 1 EStG). Ob im Einzelfall als Anmeldungszeitraum der Kalendermonat, das Kalendervierteljahr oder das Kalenderjahr in Betracht kommt, ergibt sich aus § 41a Abs. 2 EStG. In Minijobfällen (s. Rz. 1321) ist die Pauschalsteuer von 2 % (§ 41a Abs. 2 EStG) mit dem Beitragsnachweis der Minijobzentrale anzumelden (§ 41a Abs. 6 EStG).
Rz. 1318.1
Die steuerliche Verpflichtung der GmbH zur Einbehaltung, Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer hat innerhalb der Gesellschaft der Geschäftsführer zu erfüllen (§ 34 Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 1 GmbHG). Er muss insb. dafür sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die er verwaltet (§ 34 Abs. 1 Satz 2 GmbHG). Gemäß § 69 Abs. 1 AO haftet der GmbH-Geschäftsführer bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung dieser Pflichten für die Lohnsteuer (s. dazu Rz. 1342 f.).
Rz. 1318.2
Als "Verfügungsberechtigte" (§ 35 AO) werden auch die Personen erfasst, die in eigenem oder fremden Namen auftreten und die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters tatsächlich und rechtlich erfüllen können; betroffen sind hier vor allem die sog. "faktischen Geschäftsführer" ("Strohmann", s. dazu Rz. 118 ff.). Gleichwohl ist auch der nur "formelle" Geschäftsführer einer GmbH Steuerpflichtiger i.S.v. § 34 AO.
Rz. 1318.3
Finanzielle Schwierigkeiten der Gesellschaft können den Geschäftsführer nicht ohne weiteres entlasten. Bei einem Liquiditätsengpass darf er die Löhne nur gekürzt als Vorschuss oder Teilbetrag auszahlen, so dass er aus den übrig bleibenden Mitteln die entsprechende Lohnsteuer abführen kann. Dementsprechend hat der Arbeitgeber die Lohnsteueranmeldung abzugeben und die Lohnsteuer abzuführen. Zu den lohnsteuerlichen Pflichten des Arbeitgebers s. auch § 380 Rz. 30 ff.
Rz. 1319
Die Pflicht des Arbeitgebers, Lohnsteuern anzumelden (§ 41a EStG), ist nach jüngerer Rspr. des BGH ein besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 1 StGB bei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (näher dazu Rz. 662, 662.1). Der BGH hat damit seine frühere Rspr. grundlegend geändert. Dem selbst nicht erklärungspflichtigen Gehilfen zu einer Steuerstraftat durch Unterlassen kommt jetzt eine doppelte Strafmilderung nach § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 StGB zugute (s. Rz. 1320.2).
b) Arbeitnehmer
Rz. 1320
Der Arbeitnehmer ist nicht selbst zur Lohnsteuer-Anmeldung verpflichtet. Falsche Angaben, die der Arbeitgeber gutgläubig übernimmt (im Sinne einer mittelbaren Täterschaft), sind dem Arbeitnehmer lediglich möglich, soweit er Einfluss auf die Bildung der ELStAM hat (s. Rz. 1320.3).
Der Verstoß gegen die Verpflichtung des Arbeitnehmers, seinem Arbeitgeber zu Beginn der Tätigkeit seine Steueridentifikationsnummer und seinen Geburtstag mitzuteilen, ist nicht mit Strafe bedroht; der Arbeitnehmer muss als Konsequenz nur die Einstufung in die Steuerklasse VI hinnehmen (§ 39c EStG).
Im Übrigen kann sich der Arbeitnehmer an der vom Arbeitgeber täterschaftlich begangenen fremdnützigen (Lohn-)Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 AO (s. Rz. 1318 ff.) als Mittäter oder Gehilfe beteiligen.
Rz. 1320.1
Bei Schwarzlohnabreden handeln Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB), zumindest in Fällen der Abgabe unrichtiger Steueranmeldungen (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO). In Nichtabgabefällen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) scheitert eine mittäterschaftliche Begehung an der Deliktsnatur des Sondertatbestandes (zur auch hier vertretenen h.M. s. Rz. 116 ff.) Insofern kommt nur eine Beihilfe des Arbeitnehmers in Betracht.
Rz. 1320.2
Beim tateinheitlichen Zusammentreffen der Beihilfe des Arbeitnehmers zum Vorenthalten von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) und Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) ist nach neuerer Rspr. des BGH die Strafe hinsichtlich der Beihilfe zu beiden Tatbeständen einheitlich gem. § 28 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB zu mildern, da dem Arbeitnehmer das bei diesen Tatbeständen erforderliche besondere persönliche Merkmal der Arbeitgebereigenschaft i.S.d. § 28 Abs. 1 StGB fehlt (s. Rz. 1319).
Rz. 1320.3
Nach den Umständen des Einzelfalls kommt auch allein eine – dann in mittelbarer Täterschaft begangene – Steuerhinterziehung durch den Arbeitnehmer in Betracht (grundlegend dazu § 370 Rz. 110). Der Arbeitnehmer kann eine Lohnsteuerverkürzung z.B. begehen, indem er die Speicherung unrichtiger Lohnsteuerabzugsmerkmale (§ 39 EStG) herbeiführt und dadurch bewirkt, dass die Lohnsteuer vom Arbeitgeber zu niedrig berechnet, angemeldet und abgeführt wird. Das betrifft insb. die Eintragungen über persönliche Verhältnisse (wie Alter, Familienstand und Anzahl der Kinderfreibet...