Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 466
Zur Darlegungs- und Feststellungslast der Tatgerichte gibt es zahlreiche Entscheidungen, die nicht sämtlich vorgestellt werden können. Unklare und unübersichtliche Feststellungen ohne genügende Differenzierung hinsichtlich Tatgeschehen, Beweiswürdigung und rechtlicher Würdigung stellen einen Verstoß gegen § 267 StPO und einen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils dar.
Rz. 467
In Bezug auf die Tathandlung ist festzustellen, wann der Angeklagte welche Steuererklärungen mit welchem Inhalt abgegeben hat. So ist es bspw. notwendig, den Inhalt von Umsatzsteuervoranmeldungen festzustellen und zu klären, in welchem Umfang die angemeldeten von den zu erklärenden Umsätzen abweichen. Hat der Angeklagte neben Einkünften aus Gewerbetrieb noch andere Einkünfte, können zur Bestimmung der hinterzogenenen Gewerbesteuer nicht sämtliche Einkünfte herangezogen werden. Bei gewerblichen Einkünften muss auch die Ermäßigung nach § 35 EStG berechnet werden. Zur Bestimmung des Hinterziehungserfolgs müssen sodann die zutreffenden Besteuerungsgrundlagen festgestellt und mit der Besteuerung aufgrund der unrichtigen oder fehlenden Angaben verglichen werden. Von der Darstellung der Besteuerungsgrundlagen zu unterscheiden ist die Frage, in welchem Umfang die festgestellten Tatsachen gewürdigt werden müssen (Beweiswürdigung). Räumt der Angeklagte die Besteuerungsgrundlagen ein und hat sich der Tatrichter von der Richtigkeit des Geständnisses überzeugt, genügt eine knappe Würdigung der so gefundenen Überzeugung.
Rz. 468
Die auf den so festgestellten Besteuerungsgrundlagen aufbauende Steuerberechnung ist Rechtsanwendung und daher Aufgabe des Tatgerichts. Das gilt auch für die Ermittlung des Zollwerts nach Art. 29 ff. ZK (Art. 70, 74 Abs. 2, Art. 74 Abs. 3 UZK). Das Gericht ist zwar nicht gehindert, sich Steuerberechnungen der FinB anzuschließen, die auf den festgestellten Besteuerungsgrundlagen aufbauen. Im Urteil muss jedoch zweifelsfrei erkennbar sein, dass das Tatgericht eine eigenständige Steuerberechnung durchgeführt hat.
Beispiel
"Die Strafkammer hat sich bei der Feststellung der Höhe der hinterzogenen Tabaksteuer pro Zigarette auf die Angaben der als Zeugin gehörten Zolloberinspektorin G. gestützt. Diese habe den Steuerbescheid erstellt und den Mindeststeuersatz auf 13,64 Cent pro Zigarette zu Grunde gelegt. Dies ist keine zureichende Beweiswürdigung. Der Senat kann nicht nachvollziehen, wie die Strafkammer den Mindeststeuersatz pro Zigarette berechnet hat, und vermag nicht zu beurteilen, ob dies rechtsfehlerfrei geschehen ist."
Rz. 469
Der Hinweis in den Urteilsgründen, die Berechnung der verkürzten Steuern sei vom Sachverständigen anhand der Fahndungsberichte und der Ermittlungsberichte durchgeführt worden, reicht daher nicht aus, wenn im Urteil keinerlei Anknüpfungstatsachen aufgeführt werden und nicht erkennbar ist, ob der Tatrichter die Berechnung des Sachverständigen eigenverantwortlich nachgeprüft oder aber die Berechnungsergebnisse ungeprüft übernommen hat. Die Berechnung der verkürzten Steuer darf dem Urteil nicht lediglich als Anlage beigefügt werden.
Rz. 470
Die Berechnung der jeweils hinterzogenen Steuern ist insb. dann nachvollziehbar darzulegen, wenn der Angeklagte die ihm zur Last gelegten Hinterziehungsbeträge bestreitet. Betriebs- und Steuerfahndungsberichte dürfen aber auch bei geständigen Angeklagten nicht unbesehen auf das Steuerstrafverfahren übertragen werden. Das Fehlen der Berechnungsdarstellung kann jedoch dann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn der Täter selbst über ausreichende Sachkunde verfügt und zu Umfang und Höhe der hinterzogenen Steuer ein glaubhaftes Geständnis abgelegt hat. Eine detaillierte Berechnung ist ebenfalls entbehrlich, wenn bei der Hinterziehung von Umsatzsteuern sämtliche Rechnungen mit den darin ausgewiesenen Vorsteuerbeträgen fingiert sind und sich das Ausmaß der Steuerverkürzung ohne weiteres als Saldo von Umsatzsteuern und Vorsteuern ergibt. Die fehlerhafte Berechnung ist rechtlich dann ohne Belang, wenn sicher ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil ohne den Fehler für den Angeklagten günstiger ausgefallen wäre.
Rz. 471
Von weiteren Feststellungen zum Schaden und zu seiner Berechnung ist der Tatrichter auch dann nicht entbunden, wenn eine verfahrensbeendende Absprache in Aussicht gestellt wurde. Im Streitfall hatte die nach der Absprache vom Verteidiger verlesene und aus Sicht des Angeklagten als geständige Einlassung zu wertende Erklärung zum Inhalt, dass sich der Angeklagte "nur aus prozessökonomischen Gründen des Strafverfahrens" gegen die näher bezeichneten Steuerhinterziehungen "nicht weiter verteidigen" werde, er zur Schadenshöhe keine Angaben machen könne und sich vorbehalten würde, im Rahmen eines Finanzgerichtsverfahrens auf einem anderen Sachverhalt zu beharren und diesen vorzutragen. Da dieser Erklärung ein Geständn...