Rz. 107.6

[Autor/Stand] Es geht aber nicht nur um die Herrschaft über den Inhalt der Erklärung, sondern Angaben werden nur dann gemacht, wenn sie dem Empfänger zugehen. Der Tatbestandserfolg des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO kann zumeist (Ausnahme: § 168 Satz 1 AO) nur eintreten, wenn die falschen Angaben verarbeitet und dann kausal für den Hinterziehungserfolg werden. Unmittelbare Täterschaft setzt deshalb voraus, dass die dem Täter inhaltlich als Urheber zuzurechnenden Angaben aufgrund seiner Entscheidung dem Empfänger zugänglich gemacht werden.

 

Rz. 107.7

[Autor/Stand] Das ist unproblematisch zu bejahen, wenn der Urheber die Erklärung in eigener Person einreicht. Unmittelbare Täterschaft liegt aber auch vor, wenn der Urheber sich anderer Personen zur Übermittlung seiner Erklärung bedient, wobei es unerheblich ist, ob diese gut- oder bösgläubig sind. Denn es geht um die rechtliche Zurechnung einer Erklärung zu einer Person, nicht darum, wer sie erstellt oder körperlich überbringt.

 

Beispiel

S. Rz. 107.2. Der Bote wirft die unrichtige Angaben enthaltende Einkommensteuererklärung seines Chefs C, die dieser erstellt und unterschrieben hat, in den Briefkasten der FinB, wohl wissend, dass sein Chef falsche Angaben über die Höhe seiner gewerblichen Einkünfte gemacht hat.

Überbringt der Bote die Erklärung in Unkenntnis der Unrichtigkeit, könnte C diese Handlung unproblematisch über die Regeln der mittelbaren Täterschaft zugrechnet werden (s. Rz. 111). Es wurde aber schon ausgeführt (s. Rz. 107.2), dass der Bote unabhängig von seiner Gut- oder Bösgläubigkeit inhaltlich keine eigenen Angaben macht, obwohl die Herrschaft darüber, ob die Erklärung dem FA zugeht oder nicht, beim Einwurf des Briefes bei ihm liegt. C macht die Erklärung zwar nicht eigenhändig der FinB zugänglich, sie wird ihm im Rechtsverkehr aber gleichwohl als seine Erklärung zugerechnet, sofern sie mit seinem Willen in den Rechtsverkehr gebracht wird. Wie die Erklärung übermittelt wird, ist rechtlich ohne Belang. Die Zurechnung ist deshalb unabhängig davon möglich, ob der Bote bös- oder gutgläubig ist. In beiden Fällen handelt es sich um die Erklärung des C.

[Autor/Stand] Autor: Ransiek, Stand: 01.05.2022
[Autor/Stand] Autor: Ransiek, Stand: 01.05.2022

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