Rz. 465
Die Ausschlusswirkung des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c AO greift nur ein, wenn der Amtsträger zur steuerlichen Prüfung erschienen ist.
a) Erfordernis der Prüfungsabsicht
Rz. 466
Die Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c AO greift nur ein, wenn der Amtsträger mit seinem Erscheinen ernsthaft die Absicht verfolgt, eine Prüfung im Sinne dieser Bestimmung durchzuführen. Das Recht zur strafbefreienden Selbstanzeige verliert der Täter deshalb nicht, wenn der Amtsträger lediglich deshalb bei ihm "erscheint",
- um durch Vornahme entsprechender Scheinhandlungen dem Täter die Möglichkeit zur Selbstanzeige zu nehmen oder den Ablauf der Verjährungsfrist zu unterbrechen (§ 171 Abs. 3 AO). Die Grundsätze, die die Rspr. zur Unterbrechung der Verjährung gem. § 68 StGB a.F. (heute § 78c StGB) durch formale Scheinmaßnahmen der Gerichte entwickelt hat, gelten entsprechend.
- um mit ihm private, dienstliche oder sonstige Fragen zu besprechen, die mit einer Prüfung nicht unmittelbar im Zusammenhang stehen,
- um dem Stpfl. den Prüfungstermin mitzuteilen oder eine Prüfung anzukündigen (s. Rz. 451),
- um eine Betriebsbesichtigung vorzunehmen; etwas anderes mag gelten, wenn sich der Steuerbeamte mit dem Buchhaltungssystem oder der Codierung elektronischer Buchungsmaschinen vertraut macht; hierin können notwendige Bestandteile der Prüfung zu sehen sein.
Rz. 467
Für den Eintritt der Sperrwirkung ist hingegen nicht erforderlich, dass die Prüfung bereits begonnen hat oder sie tatsächlich durchgeführt wird (s. Rz. 454). Der Gesetzgeber hat – aus Gründen der Beweisklarheit – bewusst nicht den Prüfungsbeginn, sondern das Erscheinen des Prüfers als entscheidendes Kriterium gewählt.
Rz. 468
Der Amtsträger muss seine Prüfungsabsicht bei seinem Erscheinen – durch eine entsprechende Erklärung oder schlüssiges Verhalten – erkennbar zum Ausdruck bringen. Nicht erforderlich ist aber, dass die Prüfungsabsicht dem Stpfl. zur Kenntnis gelangt (s. Rz. 463).
b) Steuerliche Prüfung
Rz. 469
Der Begriff der steuerlichen Prüfung wird von der h.M. bislang in einem weiten Sinne verstanden. Darunter sind alle Prüfungen gemeint, die das Ziel einer richtigen und vollständigen Festsetzung der Steuern verfolgen. Die Finanzverwaltung geht nunmehr jedoch davon aus, dass das Tatbestandsmerkmal "zur steuerlichen Prüfung" aufgrund der zum 1.1.2015 eingefügten Formulierung "auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung beschränkt" eng auszulegen ist, so dass mit der steuerlichen Prüfung nur die Außenprüfung i.S.d. §§ 194 ff. AO gemeint sei. Eine bloße Sachverhaltsermittlung vor Ort löse daher keine Sperrwirkung aus.
Rz. 470
Zu den von § 371 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c AO erfassten steuerlichen Prüfungen gehören insb.