Schrifttum:
Bergmann/Eickmann, Die Ausschlussgründe der strafbefreienden Erklärung und Selbstanzeige im Vergleich, 2004; Götzenberger, Steueramnestie und neue Zinsbesteuerung, 2004; Gotzens/Kindshofer, Die Steueramnestie, 2004; Joecks/Randt, Steueramnestie 2004/2005, Erläuterungen, Checklisten, Materialien, 2004; Kaligin, Strafbefreiungserklärungsgesetz – StraBEG, Praktikerkommentar, 2004; Sell/Schencking/Derlien, Die Steueramnestie 2004/2005, 2004; Streck (Hrsg.), Berater-Kommentar zur Steueramnestie, 2004 (zit.: Bearbeiter in Streck).
Rz. 908
Mit dem am 30.12.2003 in Kraft getretenen Gesetz über die strafbefreiende Erklärung (Strafbefreiungserklärungsgesetz – StraBEG) bestand eine zeitlich befristete und gegenüber der Selbstanzeige gem. § 371 AO attraktivere Möglichkeit zur Straf- und Bußgeldbefreiung und zum Steuererlass. Art. 1 StraBEG räumte Steuersündern zwischen dem 1.1.2004 und dem 31.3.2005 die Möglichkeit ein, "Schwarzgeld" aus den Jahren 1993–2002 wieder in die Legalität zu überführen. Wer 2004 nicht versteuerte Einnahmen und Erträge offenlegte, zahlte einen Steuersatz von 25 % auf das erklärte Vermögen, wer sich erst im 1. Quartal 2005 offenbarte, zahlte 35 %. Zudem wurde nur ein Teil der nicht versteuerten Einnahmen als Bemessungsgrundlage herangezogen. Mit der Entrichtung der pauschalen Abgabe trat Straffreiheit ein. Auch sämtliche vor dem 1.1.2003 entstandenen Steuern waren abgegolten.
Rz. 909
Die Idee einer Steueramnestie war nicht neu. Zuletzt mit Art. 17 SteuerreformG 1990 hatte der Gesetzgeber mit der Einführung der sog. kleinen Quellensteuer einen Straf- und Steuerverzicht durch das sog. "Gesetz über die strafbefreiende Erklärung von Einkünften aus Kapitalvermögen und von Kapitalvermögen" (StrbEG) für die Veranlagungszeiträume ab 1986–1990 eingeführt. Bei richtigen und vollständigen Steuererklärungen für die Jahre 1986 und 1987 traten Straffreiheit für weiter zurückliegende Zeiträume sowie ein entsprechender Steuererlass ein.
Rz. 910
In den Genuss der zeitlich befristeten Strafverschonung und des Steuererlasses nach dem StraBEG gelangte nur, wer rechtzeitig eine sog. "strafbefreiende Erklärung" abgab und die Strafbefreiungspauschale nachzahlte (§ 1 StraBEG). In der Erklärung sollten die zu Unrecht nicht besteuerten Einnahmen, die nach dem 31.12.1992 und vor dem 1.1.2003 zugeflossen waren, in einem Betrag und ohne weitere Differenzierungen angegeben werden. Bereits versteuerte Einnahmen und daraus gebildetes Vermögen waren nicht einzubeziehen.
Rz. 911
Die strafbefreiende Erklärung war auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben (§ 3 Abs. 1 Satz 2 StraBEG). Zur Abgabe einer strafbefreienden Erklärung war grds. nur der Täter der Steuerhinterziehung bzw. der Steuerordnungswidrigkeit befugt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 StraBEG); bei mehreren Tätern also jeder Mittäter. Anstifter und Gehilfen konnten dagegen selbst keine strafbefreiende Erklärung abgeben (§ 2 Abs. 1 Satz 2 StraBEG), es sei denn, sie erfüllten die Voraussetzungen der Abs. 2–4 der Vorschrift.
Rz. 912
War die Erklärung wirksam abgegeben und die Nachzahlung erfolgt, konnte der Erklärende nicht mehr wegen Steuerhinterziehung verfolgt und bestraft werden (§ 1 Abs. 1, §§ 4 und 6 StraBEG). Es handelte sich um einen persönlichen Strafaufhebungsgrund nicht nur für den Erklärenden, sondern auch zugunsten aller Tatbeteiligter gem. §§ 25–27 und 30 StGB (Gehilfen, Anstifter oder im Falle des § 370a AO an der Vorbereitung beteiligte Personen), unabhängig davon, ob die Nacherklärung auch in deren Auftrag abgegeben wurde (§ 4 Abs. 2 StraBEG). Damit wurden auch Dritte, die dem Steuerhinterzieher bei der Verbringung des Geldes und der Rückführung behilflich waren (z.B. Steuerberater, Rechtsanwälte und Bankmitarbeiter), straffrei, sofern kein Ausschlussgrund (z.B. Entdeckung) vorlag. § 7 StraBEG enthielt Ausschlussgründe, die den für Selbstanzeigen nach § 371 AO geltenden Regelungen entsprachen. Danach war die Strafbefreiung ausgeschlossen durch das Erscheinen des Amtsträgers (Nr. 1 Buchst. a), durch die Tatentdeckung (Nr. 1 Buchst. b), durch die Bekanntgabe der Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens (Nr. 2) sowie durch die Abgabe einer Selbstanzeige (Nr. 3).
Rz. 913
Die Strafbefreiung erstreckte sich auf Steuerhinterziehungen im Zusammenhang mit Steueransprüchen, die nach dem 31.12.1992 und vor dem 1.1.2003 entstanden waren (§ 1 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 StraBEG).
Rz. 914
In steuerlicher Hinsicht führten die Erklärung und die Nachzahlung der pauschalierten, als Einkommensteuer zu behandelnden Abgabe zu einer sog. Abgeltungswirkung (§ 8 StraBEG). Alle weiteren Steueransprüche (inkl. Zinsen nach §§ 233a, 235 AO) erloschen, d.h. weitere hinterzogene Steuern wurden nicht erhoben. Neben dem Steuerschuldner waren auch alle Gesamtschuldner i.S.d. § 44 AO erfasst (§ 9 StraBEG), wie z.B. zusammenver...