Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Ergänzender Hinweis: Nr. 45, 47, 54 AStBV (St) 2020 (s. AStBV Rz. 45, 47, 54).
Rz. 217
Ebenso wie die StA kann die selbständig tätig werdende FinB (= BuStra) nach § 161a StPO (i.V.m. § 399 Abs. 1, § 386 Abs. 2 AO) Zeugen und Sachverständige vernehmen. Diese sind verpflichtet, auf Ladung zu erscheinen und zur Sache auszusagen bzw. ihr Gutachten zu erstatten. Die Aussagepflicht besteht auch dann, wenn anstelle der Ladung der Zeuge von Beamten der BuStra aufgesucht wird. Im Falle der Ladung muss die Strafsache, ggf. unter kurzer Bezeichnung der Tat, benannt werden. Aus der Ladung muss hervorgehen, dass der Adressat als Zeuge vernommen werden soll. Der Verteidiger hat bei der Zeugenvernehmung kein Anwesenheitsrecht und wird daher nicht benachrichtigt.
Rz. 218
Bei Nichterscheinen oder unberechtigter Nichtaussage stehen der FinB (BuStra) neben der Möglichkeit der Auferlegung der Kosten (§§ 70, 71 StPO) die Ordnungsmittel des Ordnungsgeldes und der zwangsweisen Vorführung (§§ 51, 70, 77 StPO) zur Verfügung, mit Ausnahme der Anordnung der Ordnungshaft, die durch den Richter zu erfolgen hat.
Rz. 219
Nach neuester Rechtslage sind Zeugen auch zum Erscheinen und zur Aussage bei der Steufa verpflichtet, wenn der Ladung ein Auftrag durch die StA zugrunde liegt (§ 163 Abs. 3 Satz 1 StPO i.d.F. durch Gesetz vom 17.8.2017). Sie haben jedoch die gesetzlichen Weigerungsrechte (§ 163 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Nr. 1 StPO).
Die eidliche Vernehmung bleibt dem Gericht vorbehalten.
Bei Nichterscheinen oder Nichtaussage hat sich die Fahndung an die BuStra/StA zu wenden, die den Zeugen dann selbst vernimmt (s. Nr. 54 Abs. 4 AStBV (St) 2020, s. AStBV Rz. 54). Das gilt selbst dann, wenn sie den Zeugen im Auftrag der FinB (StA) vernehmen soll.
Eine Pflicht für Zeugen, vor der Steufa zu erscheinen und auszusagen, ergibt sich auch im Besteuerungsverfahren (§§ 208, 93 Abs. 5 AO).
Rz. 220
Die BuStra kann auch die richterliche Vernehmung eines Zeugen beantragen, wenn er z.B. vereidigt werden oder eine verlesbare Vernehmungsniederschrift erstellt werden soll (§ 162 StPO, § 399 Abs. 1, § 386 AO). Der Zeuge ist zum Erscheinen und zur Aussage verpflichtet. Der Beschuldigte und sein Verteidiger haben in diesem Fall aber ein Anwesenheitsrecht (§ 168c Abs. 2 StPO) und sind von dem Termin zu unterrichten (§ 168c Abs. 5 StPO), es sei denn, ihre Anwesenheit gefährde den Untersuchungszweck.
Rz. 221
Der Zeuge ist zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet. Eine Falschaussage ist jedoch nur vor dem Richter strafbar nach § 153 StGB. FinB/StA und Steufa sind hingegen keine zur eidlichen Vernehmung von Zeugen zuständigen Stellen im Sinne dieser Vorschrift (§ 161a Abs. 1 Satz 3 StPO). Ihnen gegenüber kommt u.U. eine Strafbarkeit wegen Vortäuschung einer Straftat (§ 145d StGB), falscher Verdächtigung (§ 164 StGB), Begünstigung (§ 257 StGB) oder Strafvereitelung (§ 258 StGB) in Betracht.
Rz. 222
Die Aussagepflicht des Zeugen besteht nicht uneingeschränkt. Ausnahmen sehen die Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechte der §§ 52–55 StPO vor, die bereits im Ermittlungsverfahren Geltung haben. Das Gesetz unterscheidet dabei vier Fallgruppen:
Personen, die mit dem Beschuldigten verlobt (betr. auch "eingetragene Lebenspartner"), verheiratet, verwandt oder verschwägert sind, haben ein uneingeschränktes Zeugnisverweigerungsrecht. Sie sind über dieses Recht zu belehren und können einen erklärten Verzicht darauf jederzeit widerrufen (§ 52 StPO).
Ein begrenztes Zeugnisverweigerungsrecht haben bestimmte Berufsangehörige und deren mitwirkende Personen (§§ 53, 53a StPO n.F.). Insbesondere zählen dazu neben dem Verteidiger des Beschuldigten Rechtsanwälte, Patentanwälte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte (§ 53 Abs. 1 Nr. 2, 3 StPO). Zum Personenkreis nach § 53a StPO s. Rz. 988, 1004, 1004.2 ff. (str. z.B. bei externen Dienstleistern und Bankmitarbeitern). Die Angehörigen dieser Berufsgruppen können das Zeugnis verweigern über solche Tatsachen, die sie in Ausübung ihres Berufes erfahren haben. Die Geheimhaltungspflicht ist strafrechtlich durch § 203 StGB sanktioniert. Eine Aussagepflicht für die in § 53 Abs. 1 Nr. 2, 3, 3a StPO genannten Personen besteht hingegen wieder, wenn sie durch den Beschuldigten oder Angeklagten von ihrer Schweigepflicht entbunden sind. Eine Belehrung der in § 53 StPO aufgezählten Personen ist nach dem Gesetz nicht erforderlich, da davon auszugehen ist, dass sie über die sich aus ihrem Beruf ergebenden Rechte und Pflichten Bescheid wissen.
Richter, Beamte und andere Personen des öffentlichen Dienstes bedürfen einer Aussagegenehmigung, soweit sie über Umstände aussagen sollen, auf die sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht (§ 54 StPO; s. auch Nr. 48 AStBV (St) 2020, s. AStBV Rz. 48; vgl. auch Nr. 66 RiStBV). Unter welchen Voraussetzungen die Genehmigung zu versagen oder zu erteilen ist, ergibt sich aus den en...