Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 1
§ 389 AO entspricht inhaltlich – unter Angleichung des Wortlauts "Finanzbehörde" statt "Finanzamt" (zum Begriff s. § 386 Rz. 31) – der Vorläuferbestimmung des § 424 RAO 1967. Dieser wiederum geht zurück auf § 428 Abs. 3 i.d.F. der RAO 1931 sowie § 393 Abs. 3 RAO 1919.
Rz. 2
Durch § 389 AO wird die nach § 388 AO gegebene örtliche Zuständigkeit verschiedener FinB (vgl. die Erl. zu § 388) zur Verfolgung mehrerer einzelner Steuerstraftaten auf jede dieser Behörden erstreckt. Voraussetzung ist, dass zwischen den einzelnen Strafsachen ein Zusammenhang i.S.d. § 3 StPO besteht (s. Rz. 13 ff.). Bei der Regelung handelt es sich um eine Erweiterung der örtlichen Zuständigkeit: Die für eine der infrage kommenden Strafsachen zuständige FinB wird für die andere(n) Strafsache(n) – für deren Verfolgung sie nach § 388 AO nicht zuständig wäre – ebenfalls örtlich zuständig.
Zu beachten ist, dass die Zuständigkeit nach § 389 AO selbständig neben die Zuständigkeit nach § 388 AO tritt. Sie bezieht sich auf jede FinB, die für eine der mehreren Steuerstrafsachen örtlich zuständig ist.
Rz. 3
Entsprechende Regelungen finden sich für allgemeine Strafsachen in § 13 StPO (Gerichtsstand des Zusammenhangs) sowie für Bußgeldsachen in § 38 OWiG .
Rz. 4
§ 389 AO bezieht sich jedoch nur auf die örtliche Zuständigkeit. Eine Verbindung bei verschiedener sachlicher Zuständigkeit der FinB scheidet aus (s. Rz. 10). Auf eine entsprechende Regelung für die Fälle verschiedener sachlicher Zuständigkeit (§ 387 AO) hat der Gesetzgeber bewusst verzichtet, da eine solche nicht zweckmäßig sei. So würde z.B. die einheitliche Verfolgung von Ertragsteuervergehen, die in den Zuständigkeitsbereich der Landes-FinB fällt, und von Zoll- und Verbrauchsteuervergehen, für die die Bundes-FinB zuständig sind, in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bereiten.
Rz. 5
Besteht damit eine gegenüber § 389 AO noch erweiterte örtliche Zuständigkeit mehrerer Behörden, so bestimmt § 390 AO, welche dieser zuständigen FinB tatsächlich die Ermittlungen führt (s. die Erl. zu § 390). In Verbindung mit § 390 AO ermöglicht die Vorschrift daher eine Konzentration der Ermittlungszuständigkeit bei Zusammenhangstaten bei einer zuständigen Behörde. Dies dient einerseits der Verfahrensbeschleunigung und Rationalisierung, zum anderen wird dadurch die Gefahr divergierender Entscheidungen vermieden.
Rz. 6
§ 389 AO findet Anwendung bei "zusammenhängenden Strafsachen". Unter dem Begriff "Strafsachen" versteht das Gesetz "Strafverfahren wegen Steuerstraftaten" i.S.d. § 369 Abs. 1, § 385 Abs. 2 AO, Vorspiegelungsstraftaten i.S.d. § 385 Abs. 2 AO und die gleichgestellten Prämien- und Zulagenverstöße (s. zum Ganzen § 385 Rz. 5, 14 ff.; § 386 Rz. 53 ff., 67 ff.). Bei allgemeinen Strafsachen stellt sich die Frage nach der örtlichen Zuständigkeit der FinB ohnehin nicht, da ihr insoweit bereits die sachliche Zuständigkeit fehlt (s. § 386 Rz. 89 ff.).
Rz. 7
Im Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit gilt § 389 AO gem. § 410 Abs. 1 Nr. 1 AO entsprechend.
Zudem gilt die Vorschrift gem. § 12 Abs. 2 FVG auch für mit der Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit zusammenhängende Monopolstraftaten und Monopolordnungswidrigkeiten sowie Ordnungswidrigkeiten nach § 30 BierStG, für die ein HZA örtlich zuständig ist. Die frühere Verweisung in § 128 BranntwMonG hat sich mit der Überführung des BranntwMonG in das AlkStG seit dem 1.1.2018 erledigt (s. § 372 Rz. 5).