Rz. 436
Über die Einsicht in die Steuerstrafakte – ggf. inklusive der Steuerakte – während des selbständig von der FinB geführten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens entscheidet auf Antrag die BuStra (vgl. Nr. 35 Abs. 10 AStBV (St) 2023/2024; s. AStBV Rz. 35) (nicht die Steufa) bzw. die StA, im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts (§ 147 Abs. 5 StPO).
Rz. 437
Soweit man Akteneinsicht erhält, erfolgt dies durch Bereitstellung einer – seit 1.1.2026 verpflichtend anzulegenden – elektronischen Akte zum Abruf (vgl. §§ 32 ff. StPO, insbesondere § 32f StPO i.V.m. Strafakteneinsichtsverordnung – StrafAktEinV). Soweit die Akte bis dahin nach wie vor in der Praxis in Papierform geführt wird, kann sie gem. § 32f Abs. 2 StPO in den Diensträumen eingesehen werden; dem Verteidiger sollen die Akten – wie bisher (§ 147 Abs. 4 StPO a.F.) – auf Antrag in die Kanzleiräume übersandt werden. Ob Akteneinsicht in Form der Versendung oder an Amtsstelle gewährt wird, ist – auch durch die StA – gerichtlich nicht anfechtbar (§ 32f Abs. 3 StPO, vgl. § 147 Abs. 4 Satz 2 SPO a.F.). Vom Versand ausgenommen sind die nicht elektronisch erfassten (§ 32e Abs. 1 Satz 2 StPO) Beweisstücke. Letztere können an Amtsstelle eingesehen, fotokopiert oder fotografiert werden – im Fall eines auswärtigen Verteidigers kommt die Besichtigung in den Räumlichkeiten des AG am Kanzleisitz in Betracht.
Rz. 438
Hintergrund dieses Versandverbots ist der drohende Beweismittelverlust. Damit ist aber auch ersichtlich, dass aus Fotokopien von beschlagnahmten Originalschriftstücken bestehende sog. Beweismittelordner nicht unter das Versendungsverbot fallen; sie sind Teil der Akte, nicht originäres Beweismittel. Mit § 32e Abs. 1 Satz 2 StPO ist dies nunmehr für elektronisch geführte Akten auch gesetzlich festgehalten.
Rz. 439
Die Dauer der Überlassung von Papierakten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei die Möglichkeit einer ausreichenden und zumutbaren Kenntnisnahme gewährleistet sein muss. Die Praxis einiger Strafsachenstellen, die Akten für "3 × 24 Stunden" zu verschicken, dürfte dabei unangemessen kurz sein. Mit der Zunahme elektronischer Akten wird sich diese Problematik erledigen.
Rz. 440
Der Verteidiger erhält die Akte zu treuen Händen. Er ist aber zur Information über den Akteninhalt an den Beschuldigten berechtigt und aufgrund seiner Beratungs- und Informationspflicht i.d.R. auch verpflichtet und darf ihm grds. auch eine Kopie der Akte überlassen (§ 19 BORA). Soweit vertreten wird, die Überlassung der Akte durch den Verteidiger an den Beschuldigten dürfe nicht erfolgen, sofern dies den Untersuchungszweck gefährde – z.B., weil aus der Akte ein noch nicht vollstreckter Haftbefehl oder Durchsuchungsbeschluss hervorgeht – ist dem deutlich zu widersprechen. Dies würde dem Verteidiger eine Verantwortung auferlegen, die er nicht schultern muss. Es ist Aufgabe der aktenführenden Stelle, die Akte nur "soweit" zur Einsicht zu übermitteln, dass der Untersuchungszweck nicht gefährdet wird. Diese Aufgabe hat der Verteidiger nicht zu beaufsichtigen. Ob die Weitergabe einer Akte an andere Verteidiger zu Verteidigungszwecken – insbesondere im Rahmen einer Sockelverteidigung (Rz. 781 ff.) – zulässig ist, ist streitig. Für die Zulässigkeit der Überlassung im Rahmen der Koordinierung einer Verteidigung – Sockelverteidigung – spricht § 32f Abs. 4 Satz 1 StPO. Danach dürfen Personen, denen Akteneinsicht gewährt wird, Akten weder ganz noch teilweise Dritten zu "verfahrensfremden" (sic.) Zwecken übermitteln oder zugänglich machen. Die Koordinierung von Verteidigung ist aber bei mehreren Beschuldigten gerade nicht verfahrensfremd, sondern verfahrensimmanente Notwendigkeit. Es bleibt abzuwarten, ob und wie sich zu dieser Frage die künftige Rspr. verhält.
Rz. 441– 445
Einstweilen frei.