Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 1
Vorläufer des § 393 AO ist § 428 RAO 1967. § 393 Abs. 2 AO deckt sich weitgehend mit § 428 Abs. 2 RAO, während § 393 Abs. 1 AO gegenüber § 428 Abs. 1 RAO a.F. einige wesentliche Neuerungen aufweist. Bis zum Inkrafttreten des § 428 Abs. 1 RAO war das Verhältnis zwischen Besteuerungsverfahren und Strafverfahren nur bruchstückhaft in einigen Einzelvorschriften geregelt. In § 428 Abs. 1 RAO 1967 wurde das Bemühen des Gesetzgebers sichtbar, eine rechtsstaatlichere Gestaltung des Verfahrens vorzunehmen. § 428 Abs. 2 RAO 1967 war demgegenüber eine völlige Neuschöpfung, die den Schutz des Steuergeheimnisses im Strafverfahren in einem förmlichen Gesetz regelte und die Befugnisse des FA klarstellen sollte.
Durch das EGStGB vom 1.1.1975 wurde § 428 RAO a.F. – ohne inhaltliche Änderungen – den neuen Vorschriften des StGB lediglich sprachlich angepasst.
Rz. 2
Mit der Neufassung des § 393 Abs. 1 AO 1977 strebte der Gesetzgeber eine Verbesserung der Rechtsstellung des Stpfl. an. Im Unterschied zu § 428 RAO ist nach § 393 Abs. 1 AO die Anwendung von Zwangsmitteln nach § 328 AO nicht erst ab Einleitung des Strafverfahrens, sondern schon im Besteuerungsverfahren dann unzulässig, wenn sich der Stpfl. selbst belasten würde. Darüber hinaus wurden der Halbs. 2 des Abs. 1 Satz 1 und die Belehrungspflicht des Abs. 1 Satz 4 neu in das Gesetz aufgenommen. Eine solche sollte – so der Finanzausschuss – regelmäßig bei Beginn einer Prüfung beim Stpfl. schriftlich in einer für den Stpfl. verständlichen Form erteilt werden. Ein Auskunftsverweigerungsrecht des Stpfl. sei hingegen nicht vertretbar. Eine Verschlechterung der Rechtsstellung des Beschuldigten im Strafverfahren bedeutet es, wenn nach Abs. 1 Satz 2 und 3 die Anwendung von Zwang entgegen § 428 Abs. 1 RAO nur gegen den Stpfl. für unzulässig erklärt wurde.
Rz. 3
§ 393 Abs. 2 AO 1977 dient dem Schutz des Steuergeheimnisses. Der letzte Satz des § 393 Abs. 2 AO wurde vom Finanzausschuss im Hinblick auf die Regelung des § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO neu eingeführt und enthält eine Verweisung auf die entsprechende Vorschrift des § 30 AO.
Rz. 4
§ 393 Abs. 3 AO wurde mit dem JStG 2008 vom 20.12.2007 neu eingefügt. Die Regelung gestattet die Verwendung von im Strafverfahren rechtmäßig erlangten Erkenntnissen im Besteuerungsverfahren. Zum fiskalischen Zweck der Norm führt die Gesetzesbegründung aus:
"Bei Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten ist Verletzter im Sinne strafprozessualer Vorschriften der Fiskus. Wie das Auskunftsrecht des Verletzten dazu dienen soll, diesem die Möglichkeit der Durchsetzung eines Schadensersatzanspruches gegen den Täter zu ermöglichen, dient die Verwertbarkeit der im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse durch die zuständige Finanzbehörde der zutreffenden Steuerfestsetzung und -erhebung. Anders als andere Verletzte, die frei darüber entscheiden können, ob sie einen Schadensersatzanspruch geltend machen wollen, besteht für die Finanzverwaltung eine verfassungsrechtliche Pflicht aus Art. 3 GG, Steueransprüche gleichmäßig festzusetzen und zu erheben."
Speziell § 393 Abs. 3 Satz 2 AO ist im Kontext zu sehen mit den Neuregelungen der strafprozessualen Vorschriften durch das TKÜG aus 2008. Die Regelung wurde im Hinblick auf die Bekämpfung der organisierten Umsatzsteuerhinterziehung für notwendig erachtet, um Verwertungsverbote zu vermeiden. Der BFH (s. dazu Beispiel in Rz. 268) hatte zuvor die steuerliche Verwendung von Erkenntnissen aus einer TKÜ ohne gesetzliche Grundlage für unzulässig erklärt. Dem hat der Gesetzgeber damit abgeholfen.
Rz. 5– 10
Einstweilen frei.