Rz. 22
Neben der hinterzogenen Steuer sowie den Zinsen ist nach § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO ein zusätzlicher Geldbetrag zugunsten der Staatskasse zu zahlen. Für bis zum 31.12.2014 abgegebene Selbstanzeigen beträgt der Geldbetrag 5 % der hinterzogenen Steuer (§ 398a Nr. 2 AO a.F.). Für ab dem 1.1.2015 abgegebene Selbstanzeigen wurde der Geldbetrag zum einen erhöht und zum anderen im Hinblick auf die Höhe der hinterzogenen Steuer wie folgt gestaffelt:
- 10 % der hinterzogenen Steuer, wenn der Hinterziehungsbetrag 25.000 EUR übersteigt und 100.000 EUR nicht übersteigt,
- 15 % der hinterzogenen Steuer, wenn der Hinterziehungsbetrag 100.000 EUR übersteigt und 1.000.000 EUR nicht übersteigt,
- 20 % der hinterzogenen Steuer, wenn der Hinterziehungsbetrag 1.000.000 EUR übersteigt.
Rz. 23
Gerechnet wird dabei ab dem ersten hinterzogenen Euro, so dass es sich bei der Betragsgrenze des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO, dessen Überschreiten die Anwendbarkeit des § 398a AO auslöst, um eine Freigrenze (und nicht einen Freibetrag) handelt. Betragen die hinterzogenen Steuern und der Hinterziehungsbetrag 100.000 EUR, sind demnach 10.000 EUR an die Staatskasse zu zahlen. Dieses Verständnis hat ferner zur Folge, dass bei Überschreiten der in § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO genannten Hinterziehungsbeträge – und sei es nur um 1 EUR – der jeweils höhere Prozentsatz auf die insgesamt hinterzogenen Steuern anzuwenden ist. Betragen die hinterzogenen Steuern und der Hinterziehungsbetrag 100.001 EUR, sind danach 15.000 EUR an die Staatskasse zu zahlen.
Zu Recht wird kritisiert, dass die prozentualen Sprünge der Staffelung zu ungerechtfertigten Härten führen. Dies zeigen anschaulich die vorstehenden Beispiele, wonach die Hinterziehung eines zusätzlichen Euros zu einer Erhöhung des Gelbetrags um 50 % führt. Darin wird eine Verletzung des Übermaßverbots gesehen.
Rz. 24
Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Geldbetrags nach § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO ist auch weiterhin die jeweilige nicht verfolgungsverjährte materiell-rechtliche Tat – bestehend aus Steuerart und Besteuerungszeitraum – die unter den Anwendungsbereich des § 398a AO fällt. Es erfolgt keine Addition aller Taten. Demnach ist auch nicht etwa auf sämtliche nicht festsetzungsverjährte Steuern, sämtliche unter den erweiterten Berichtigungsverbund des § 371 Abs. 1 AO fallende oder sämtliche strafbefangene Taten abzustellen. In der Literatur wird teilweise die Ansicht vertreten, dass die Verkürzungsbeträge für die Bemessung des nach § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO zu zahlenden Geldbetrags zusammenzurechnen sind, wenn der Tatbestand der Steuerhinterziehung mehrfach tateinheitlich (§ 52 StGB) verwirklicht wird. Zur Begründung wird die Rspr. des BGH zu § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO herangezogen, wonach für die Bemessung der Betragsgrenze des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO die Verkürzungsbeträge in Fällen der Tateinheit zu addieren sind. Die Frage, ob bei Tateinheit eine Addition der Verkürzungsbeträge erfolgt, kann Bedeutung für die Höhe des anzuwendenden Prozentbetrags erlangen. Gegen eine Addition bei Tateinheit spricht, dass diese im Gesetzgebungsverfahren gerade nicht vorgesehen wurde. Vielmehr wird dort auf die Tat "pro Steuerart und pro Veranlagungszeitraum" abgestellt. Der Meinungsstreit hat jedoch inzwischen an Bedeutung verloren, da der BGH mit Beschluss vom 22.1.2018 seine Rspr. geändert hat und nunmehr der Ansicht folgt, dass die Abgabe mehrerer unrichtiger Steuererklärungen über mehrere Steuerarten oder unterschiedliche Veranlagungszeiträume zueinander in Tatmehrheit. Das bloße zeitliche Zusammenfallen der Abgabe von mehreren Steuererklärungen, die rechtlich nicht miteinander verknüpft sind, in einem äußeren Vorgang vermag hiernach keine Tateinheit zu begründen.
Ob bei der Verkürzung von Einkommensteuer der darauf entfallende Solidaritätszuschlag hinzuzuaddieren ist, hängt davon ab, wie die vorstehende Streitfrage beantwortet wird. Wird bei der Berechnung des Geldbetrags nach § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO auf die materiell-rechtliche Tat – bestehend aus Steuerart und Besteuerungszeitraum – abgestellt, ist der Solidaritätszuschlag nicht mit einzurechnen, da seine Verkürzung insoweit eine eigene Tat darstellt. Wird hingegen eine Addition der Verkürzungsbeträge in Fällen der Tateinheit angenommen, ist der Solidaritätszuschlag zu der verkürzten Einkommensteuer hinzuzurechnen. Da die Finanzverwaltung den Solidaritätszuschlag für die Berechnung der 25.000-Euro-Grenze des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO einbezieht, ist anzunehmen, dass sie bei der Ermittlung des Geldbetrags nach § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO entsprechend verfahren wird.
Der Referentenentwurf des BMF vom 27.8.2014 enthielt (zumindest) missverständliche Beispiele, die dahin gehend hätten verstanden werden können, dass sich der Geldbetrag nach § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO künftig nach dem sich aus der Addition sämtlicher Taten des Berichtigungsverbundes ergebenden Hinterziehungsbetrag richtet. So is...