Rz. 338

[Autor/Stand] Hinsichtlich der Höhe der einzuziehenden Gelder, gilt auch nach der Reform das sog. Bruttoprinzip.[2] Danach sind alle Vermögenswerte, die einem Tatbeteiligten oder Drittbegünstigten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen sind, in ihrer Gesamtheit abzuschöpfen. Gegenleistungen oder sonstige Aufwendungen dürfen nicht in Abzug gebracht werden, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer (rechtswirksamen) schuldrechtlichen Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt (§ 73d Abs. 1 StGB)[3]. Dahinter steht der Gedanke, dass das, was in Verbotenes investiert worden ist, unwiederbringlich verloren sein soll[4].

 

Beispiel

Beispielsweise nicht abzugsfähig sind Beschaffungskosten für Betäubungsmittelgeschäfte oder Anschaffungen zum Zwecke der Hinterziehung von Verbrauchsteuern (Zigarettenschmuggel: Zigarettenmaschine etc.).

Müsste der Täter nur die Abschöpfung des Nettogewinns oder des Sondervorteils befürchten, so würde sich die Tatbegehung für ihn unter finanziellen Gesichtspunkten als weitgehend risikolos erweisen[5]. Der Drittbegünstigte soll durch das Bruttoprinzip veranlasst werden, zur Verhinderung solcher Taten wirksame Kontrollmechanismen einzurichten.

 

Rz. 339

[Autor/Stand] Es macht keinen Unterschied, ob der Täter vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat oder ob die Tat zur Vollendung gelangt oder im Versuchsstadium stecken geblieben ist[7]. Hintergrund ist, dass die Einziehung von Vermögenswerten nicht dem Schuldgrundsatz unterliegt und nicht als Strafübel zu qualifizieren ist[8]. Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden (§ 73d Abs. 2 StGB).

 

Rz. 340

[Autor/Stand] Nach abweichender Rspr. des Fünften Senats unterlag indessen nur der wirtschaftliche Vorteil der Einziehung, der dem Täter oder Drittbegünstigten aus der Tat tatsächlich zugeflossen ist. Erst wenn feststand, worin der erlangte Vorteil bestand, kam auf einer zweiten Stufe das Bruttoprinzip als Abzugsverbot für gewinnmindernde Aufwendungen zur Geltung. Entscheidend war mithin, was letztlich strafbewehrt ist. Ist das Gesamtgeschäft verboten, begegnete es dieser Ansicht folgend keinen Bedenken, den gesamten Auftragswert abzuschöpfen. In anderen Fällen, wenn nur die Art und Weise der Ausführung im Falle einer Bestechung bemakelt ist, ist nach dieser Ansicht die Abschöpfung des gesamten Erlöses nicht gerechtfertigt. In diesen Fällen unterlag nach Ansicht des BGH lediglich der auf den "bemakelten" Teil entfallende Vorteil dem Verfall[10].

 

Rz. 341

[Autor/Stand] Die Reform der Vermögensabschöpfung sollte zu einer Stärkung und Konkretisierung des Bruttoprinzips führen. Abzuschöpfen ist jeder Vermögenswert, den der Tatbeteiligte durch die rechtswidrige Tat erlangt hat. Dies ist ausweislich der Gesetzesbegründung alles, was nach geltendem Recht als das "aus der Tat Erlangte" abzuschöpfen ist. Die erforderliche Kausalbeziehung zwischen der Tat und dem rein gegenständlich zu bestimmenden Erlangten richtet sich allein nach der Wertung des Bereicherungsrechts.

 

Rz. 342

[Autor/Stand] Nach der Reform soll das Erlangte nach dem Bruttoprinzip in zwei Schritten zu bestimmen sein. Zunächst ist das Erlangte rein gegenständlich zu bestimmen. Danach sind alle Vermögenswerte erlangt, die in ihrer Gesamtheit, einem Tatbeteiligten oder Drittbegünstigten aus der Verwirklichung des Tatbestandes in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen sind. Auf eine unmittelbare Kausalbeziehung zwischen Tat und Bereicherung kommt es nicht mehr an. Gegenleistungen oder sonstige Aufwendungen sollen erst im zweiten Schritt nach Maßgabe von § 73d StGB Berücksichtigung finden.

 

Rz. 343

[Autor/Stand] Aus der Tatsache, dass es sich bei der Steuerhinterziehung um einen Blankettstraftatbestand handelt, ist zu folgern, dass für die Frage der Höhe der Einziehung vollumfänglich die steuerlichen Regelungen maßgeblich sind.[14] Der Steueranspruch steht der Höhe nach zur Disposition des Verletzten, hier des Fiskus. Auch der Wortlaut des § 73e Abs. 1 StGB, der von "soweit" spricht, legt die Annahme nahe, dass entsprechend der alten Rechtslage die Anordnung des Verfalls bzw. des Verfalls von Wertersatz ausgeschlossen sein sollte, soweit Verletzten aus der Tat Ansprüche erwachsen sind, deren Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würden. Die Einschränkung, dass – zumindest nach alter Rechtslage – der Verletzte entscheiden kann, was er herausverlangt, jedoch nicht bestimmen kann, was der Täter aus der Tat erlangt hat[15], gilt nach hier vertretener Ansicht im Steuerstrafrecht daher nur in eingeschränktem Umfang.

 

Rz. 344

[Autor/Stand] In der Regel wird sich die Höhe der Schätzung nach dem im Urteil festgestellten Steuerschaden richten.

[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.10.2022
[2] BT-Drucks. 18/9525, 45; vgl. auch bereits BT-Drucks. 12/1134, 12; vgl. auch Klaas, NZWiSt 2022, 361.

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