Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 99
Geldbußen gem. § 30 OWiG können steuerlich grds. nicht (auch nicht teilweise) als Betriebsausgaben abgesetzt werden (§ 10 Nr. 3 KStG; § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG).
Rz. 100
Etwas anderes gilt jedoch, soweit durch die Geldbuße auch eine Gewinnabschöpfung erfolgt (§ 30 Abs. 3, § 17 Abs. 4 OWiG, s. Rz. 78 sowie näher § 377 Rz. 90 ff., 125). Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG bezieht sich nur auf den Ahndungsteil, nicht aber auf den Abschöpfungsanteil, der daher als Betriebsausgabe abziehbar ist. Bei der steuerlichen Bewertung ist eine Trennung zwischen dem Sanktions- und dem Abschöpfungsanteil der Geldbuße vorzunehmen. Sofern das nicht möglich ist, muss die Steuer bei der Abschöpfung berücksichtigt werden. Die auf den Abschöpfungsteil entfallenden Steuern sind nur mindernd zu berücksichtigen, falls das Besteuerungsverfahren bereits abgeschlossen ist.
Rz. 101
Dagegen können für eingezogen erklärte Vermögenswerte grds. steuermindernd als Betriebsausgaben geltend gemacht werden, da die Einziehung keinen Strafcharakter hat, sondern allein der Abschöpfung des erlangten Vorteils dient. Es besteht kein steuerliches Abzugsverbot nach § 12 Nr. 4 EStG.
Daher kann es in geeigneten Fällen für den Verteidiger ratsam sein, im Wege einer Verständigung darauf hinzuwirken, dass der "Vorteil" einer Straftat oder -ordnungswidrigkeit im Verfahren gegen die JP/PV nicht über § 30 OWiG, sondern über § 73 Abs. 3 StGB bzw. § 29a Abs. 2 OWiG "abgeschöpft" wird.
Rz. 102
Zur Einziehung des Wertes von Taterträgen gem. § 29a OWiG s. § 377 Rz. 140 ff. Gemäß § 29a Abs. 2 OWiG kann die Einziehung des Wertes von Taterträgen auch gegen einen Dritten (z.B. gegen eine JP oder PV) angeordnet werden. Nach § 29a Abs. 5 OWiG ist auch ein selbständiges Einziehungsverfahren gegen den Personenverband möglich, wobei jedoch bei einem parallel gegen den Täter geführten Bußgeldverfahren ein Verfahrenshindernis besteht, das aber nach Ansicht der Rspr. durch nachträgliche Verfahrensverbindung heilbar ist. Dies kann der Verteidiger mit Rücknahme des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid gegen den Täter verhindern (s. entsprechend zu § 30 OWiG Rz. 98). Neben der Festsetzung einer Unternehmensgeldbuße ist die Einziehung u.a. auch nach § 29a OWiG wegen derselben Tat allerdings ausgeschlossen, § 30 Abs. 5 OWiG (s. Rz. 79; § 377 Rz. 136). Im Einziehungsverfahren gem. § 29a OWiG entsteht für den Verteidiger eine zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 5116 VV-RVG.
Rz. 103
Zudem ergeben sich die steuerlichen Konsequenzen der §§ 70 ff. AO. Die Leitungsperson des Verbandes (z.B. der GmbH-Geschäftsführer, der eine Steuerhinterziehung zugunsten der GmbH begangen hat) haftet gem. § 71 AO für die hinterzogenen Steuern und Hinterziehungszinsen. Der Personenverband haftet darüber hinaus gem. § 70 Abs. 1 i.V.m. § 71 AO (in den Bankenfällen z.B. die vertretene Bank für die Steuerschulden von Bankkunden, zu deren Steuerhinterziehung die Leitungsperson Beihilfe geleistet hat).
Rz. 104
Zu den strafrechtlichen Risiken bei Übernahme von Geldstrafen/-bußen oder Geldauflagen gegen geschäftsleitende Mitarbeiter und deren Verfahrens- und Verteidigungskosten durch das Unternehmen s. § 377 Rz. 101 sowie die vorst. Literatur-Nachw.