Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung wegen schwerwiegenden Verdachts einer strafbaren Handlung oder sonstiger Dienstpflichtverletzung, wie des Vortäuschens einer krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit – Personalratsbeteiligung
Leitsatz (amtlich)
1. Der schwerwiegende Verdacht, ein Arbeitnehmer habe Erkrankungen nur vorgetäuscht und sich ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erschlichen, rechtfertigt in der Regel den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung.
2. Dabei kommt erschwerend hinzu, wenn dies in der Absicht erfolgt, um während der Dauer der Krankschreibung „Material” gegen seine Vorgesetzen zu sammeln und gegen sie zu verwenden.
Normenkette
BGB § 626; BAT-O § 54; PersVG Berlin §§ 79 ff.; StGB § 263
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 29.05.2000; Aktenzeichen 93 Ca 24095/99) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. Mai 2000 – 93 Ca 24095/99 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, vorsorglich erklärten ordentlichen Kündigung des Dienstverhältnisses des Klägers sowie über die Verpflichtung der Beklagten zur vorläufigen Weiterbeschäftigung.
Der am pp. geborene, verheiratete Kläger, der keine Unterhaltsverpflichtungen hat, war seit 1972 bei der Beklagten als Sportlehrer gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 7.000,00 DM tätig.
Die Direktorin der pp. die keine arbeitsrechtlichen Befugnisse hinsichtlich der Begründung, der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, Maßnahmen disziplinarischer Art, wie der Erteilung von Abmahnungen, abschließende Eingruppierungsfeststellungen besitzt, informierte den Kanzler der Beklagten, pp. mit Schreiben vom 06. Juli 1999 (Bl. 28 d. A.), das bei dem Kanzler am 07. Juli 1999 einging, über verschiedene Vorkommnisse, aufgrund derer gegenüber dem Kläger arbeitsrechtliche Maßnahmen eingeleitet werden müssten. Sie übergab mit dem Schreiben ein Protokoll über ein mit den Mitarbeitern pp, pp, pp. geführtes Gespräch vom 23. Juni 1999 (Bl. 29 – 32 d. A.), wobei sie ausführte, sie hätte die Unterschriften zu diesem Protokoll erst am 06. Juli 1999 erhalten. Gegenstand des Gesprächsprotokolls ist u. a., dass der Kläger es dem Übungsleiter pp. mehrfach ungenehmigt gestattet habe, gegen Entgelt Körpermassagen zu praktizieren, der Kläger habe sich mehrfach gegenüber zwei Übungsleitern dahingehend geäußert, er werde bald krank sein, da er sich noch auf eine Dienstberatung vorbereiten müsse bzw. Material gegen „die pp. sammeln müsste. Außerdem sei er häufig zu spät gekommen. Die Übungsleiter hätten wegen der Befürchtung, Repressalien seitens des Klägers ausgesetzt zu sein, die Vorfälle erst zu diesem Zeitpunkt offengelegt. Die am 13. Juli 1999 hiervon unterrichtete Personalabteilung der Beklagten wandte sich mit Schreiben vom 15. Juli 1999 (Bl. 33/34 d. A.) an Frau pp, mit dem Hinweis, man werde den Kläger zu den komplexen Sachverhalten anhören, dafür sei eine genauere Beantwortung verschiedener Fragen notwendig. Dieses betreffe u. a. den Bereich der ungenehmigten Massagen durch Herrn pp, die Umstände des Arbeitseinsatzes des Klägers, eine Darstellung zur Rolle sowie Funktionen der Übungsleiter und die nähere Konkretisierung der behaupteten angekündigten Arbeitsunfähigkeit. Die Direktorin der pp nahm hierzu mit am 27. Juli 1999 in der Personalabteilung eingegangenem Schreiben vom 26. Juli 1999 (Bl. 35 – 37 d. A.) in einzelnen Stellung, wobei sie u. a. darauf hinwies, die Übungsleiter pp und pp hätten am 16. und 17. Juni 1999 mitgeteilt, der Kläger habe seine Arbeitsunfähigkeit vorher angekündigt mit der Begründung, er müsse noch Material für ein wichtiges Kanzlergespräch sammeln. Das Gespräch habe am Freitag, dem 18. Juni 1999 zwischen dem Kanzler und mehreren Mitarbeitern der pp stattgefunden. Eine derartige Ankündigung von Arbeitsunfähigkeit soll auch in der Vergangenheit schon geschehen sein, lasse sich jedoch zeitlich nicht mehr exakt feststellen. Hinsichtlich eines Termins beim Personalrat habe der Kläger den Übungsleiter pp. um Übernahme der Aufsicht gebeten und ihm dafür anschließend 50,00 DM angeboten. Ein entsprechendes Entgelt in Höhe von 120,00 DM sei auch Herrn pp. für eine Vertretung während der Arbeitszeit des Klägers durch diesen angeboten worden.
Die Direktorin pp. übersandte der Personalabteilung am 29. Juli 1999 eine von den Mitarbeitern pp. und pp. mit dem 27. Juli 1999 unterzeichnete Aussagebestätigung (Bl. 38/39 d. A.). Darin bestätigten die beiden studentischen Übungsleiter u. a., dass der Kläger fast täglich bis zu 1 1/2 Stunden den Fitnessraum verlassen habe, wodurch die „freien Mitarbeiter” unentgeltlich die Aufgaben des Diensthabenden hätten ausführen müssen. Außerdem hätte er ihnen dreimal im Voraus eine Erkrankung angekündigt, wobei er wörtlich zu Herr pp. gesagt habe, „ich muss noch Material gegen die pp ordnen, es findet bald ein Gespräch beim Kanzler” bzw. „ein ...