Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit und Umfang der Vereinbarung einer Ausschlussfrist in einem Insolvenzplan
Leitsatz (amtlich)
1. Eine in einem Insolvenzplan vereinbarte Ausschlussfrist von einem Monat ist rechtswirksam.
2. Sie erfasst auch Schadensersatzforderungen von Arbeitnehmern, die wegen der Anwendung der verkürzten Kündigungsfrist des § 113 InsO entstanden sind.
Normenkette
BGB §§ 305 ff.; InsO §§ 113, 38
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Aktenzeichen 7 Ca 2069/13) |
Tenor
1.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 29.01.2014 - 7 Ca 2069/13 -
wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Frage, ob die Beklagte dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet ist, weil das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis mit einer verkürzten Kündigungsfrist durch die Beklagte gekündigt worden ist.
Der am 15.10.1977 geborene Kläger war seit dem 01.09.1998 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Projektleiter beschäftigt. Seine Bruttomonatsvergütung betrug zuletzt 5.895,49 €. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der Haustarifvertrag vom 12.04.2005 i.V.m. Manteltarifvertrag für die Beschäftigten in der Metallindustrie Nord-Württemberg-Nordbaden vom 01.04.2005 (MTV) Anwendung. Nach dem MTV beträgt die Kündigungsfrist für den Kläger sechs Monate zum Schluss des Kalendervierteljahres.
Unter dem 23.04.2012 stellte die Beklagte beim Amtsgericht Potsdam einen Insolvenzantrag. Mit Beschluss vom 01.06.2012 eröffnete das Amtsgericht Potsdam - 35 IN 356/12 - das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Am 11.06.2012 reichte die Beklagte einen Insolvenzplan zur Sanierung in Eigenverwaltung ein. In dem Insolvenzplan heißt es u.a. wie folgt:
…
Teilweise oder vollständig bestrittene Forderungen werden durch eine
Rückstellung wie festgestellte Forderungen behandelt, soweit ein Fest-
stellungsrechtsstreit anhängig ist. Zu berücksichtigen sind diese Forderungen nur dann, wenn die Klage innerhalb einer Ausschlussfrist von
einem Monat nach Bestandskraft des den Insolvenzplan bestätigenden
Beschlusses des Amtsgerichts anhängig gemacht wird. Die Rückstellung
wird nach Maßgabe der rechtskräftigen Entscheidung behandelt. Wird die Klage nicht rechtzeitig anhängig gemacht, so wird die Forderung bei der Verteilung nicht berücksichtigt (analoge Anwendung von § 189 InsO).
…
Wegen der weiteren Einzelheiten des Insolvenzplanes wird im Übrigen auf Bl. 39 ff. d.A. verwiesen.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 17.07.2012 wurde der Insolvenzplan bestätigt, nachdem zuvor die Gläubigerversammlung dem Plan mit Änderungen vom 17.07.2012 einstimmig zugestimmt hatte. Der Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 17.07.2012 ist rechtskräftig geworden.
Mit Beschluss vom 06.08.2012 hob das Amtsgericht Potsdam das Insolvenzverfahren gegen die Beklagte wieder auf.
Bereits am 05.07.2012 hatte der Kläger eine Schadensersatzforderung in Höhe von 23.824,70 € zur Insolvenztabelle angemeldet. Die Forderung wurde in voller Höhe bestritten und es wurde dem Kläger ein beglaubigter Auszug aus der Tabelle zur Verfügung gestellt.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 11.07.2012 zum 31.10.2012.
Mit seiner am 12.07.2013 beim Arbeitsgericht Mönchengladbach anhängig gemachten Klage hat der Kläger den sog. Verfrühungsschaden geltend gemacht, der sich daraus ergibt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung im Rahmen des Insolvenzverfahrens drei Monate früher beendet worden ist, als es nach der tarifvertraglichen Kündigungsfrist möglich gewesen wäre. Der Kläger hat hierzu behauptet, dass er mit Schreiben des Sachwalters vom 14.06.2012 zwar über die Einreichung des Insolvenzplanes informiert worden wäre, dass dieses Informationsschreiben jedoch nur eine lückenhafte Zusammenfassung der wesentlichen Teile des Insolvenzplans enthalten hätte. Die Regelung unter C IV. Nr. 4 b) und c) des Insolvenzplanes seien nicht konkret aufgeführt gewesen, die in diesem Teil geregelte Ausschlussfrist sei auch wegen eines Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 GG unwirksam.
Der Kläger hat weiter gemeint, dass ein Insolvenzplan nicht zu Lasten von sog. "Nachzüglern", die ihre Forderung nicht rechtzeitig geltend gemacht hätten, eine Ausschlussfrist bestimmen könne. Die Regelungen in der Insolvenzordnung zu Ausschlussfristen seien zwingend und abschließend. Darüber hinaus könne die Ausschlussfrist im Insolvenzplan erst laufen, wenn die Forderung fällig gewesen sei, was auf seine Ansprüche wegen des Verfrühungsschadens nicht zuträfe. Es liege darüber hinaus ein Verstoß gegen Treu und Glauben vor, da er, der Kläger, über die Ausschlussfrist nicht informiert worden sei.
Der Kläger hat die Leistungsklage als die richtige Klageart angesehen und zuletzt beantragt,
1.die Beklagte zu verurteilen, an ihn 30.394,85 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
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