Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungspflicht von Umkleidezeiten im Betrieb des Arbeitgebers nach dem Bundeslohntarifvertrag für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik Deutschland
Leitsatz (amtlich)
1. Die Tarifvertragsparteien sind berechtigt, die Höhe des Arbeitsentgelts zu tarifieren und hierbei eine unterschiedliche Vergütung von Arbeitszeiten vorzusehen.
2. Der Bundeslohntarifvertrag für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik Deutschland (BLTV) ist dahingehend auszulegen, dass eine Vergütung für Umkleidezeiten auch dann nicht vorgesehen ist, wenn es sich um Teile der Arbeitszeit handelt.
3. Durch § 5 BLTV wird das Arbeitsortprinzip vergütungsrechtlich herangezogen. Dadurch stellt der BLTV hinsichtlich der Vergütungspflicht nicht auf die Arbeitszeit im Betrieb ab, die auch Umkleidezeiten erfassen kann. § 5 Ziff. 2 BLTV normiert lediglich die Arbeit im Geldbearbeitungszentrum als vergütungsrelevante Arbeitsleistung. Die vor- und nachbereitenden Tätigkeiten des Umkleidens außerhalb des konkreten Ortes der Arbeitsleistung i.S.d. § 5 Ziff. 2 BLTV sind auch als Bestandteile der Arbeitszeit daher nicht zu vergüten.
Normenkette
BLTV Geld- und Wertdienste; Rahmenvereinbarung Geld- und Wertdienste
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 26.08.2016; Aktenzeichen 4 Ca 161/16) |
Nachgehend
Tenor
- Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26.08.2016 (4 Ca 161/16) abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
- Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Vergütungspflicht von Umkleidezeiten im Betrieb des Arbeitgebers durch An- und Ablegen vorgeschriebener Dienstkleidung.
Die Beklagte erbringt als bundesweiter Geld- und Wertdienstleister Geld- und Werttransporte (Mobile Dienstleistungen) und ist auch in der Geldbearbeitung tätig (Stationäre Dienstleistung).
Die Klägerin ist seit dem 18.04.1994 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen zuletzt als Mitarbeiterin "Cash" in der stationären Dienstleistung im Betrieb in E. zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.150,00 € beschäftigt. Auf den Arbeitsvertrag vom 18.04.1994 (Blatt 6 f. der Gerichtsakte) wird Bezug genommen. Die Klägerin ist Mitglied des örtlichen Betriebsrates und wohnt in L..
Ausweislich der Stellenbeschreibung der Beklagten umfasst die Tätigkeit der Geldbearbeitung im Bereich "Cash" u.a. maschinelles Zählen von Kundengeldern in Form von Notengeld und Münzgeld, Bearbeitung von Schecks, Organisation und Bereitstellung von Wechselgeld zur Auslieferung an die Kunden, Produktion und Kommissionierung von Münzgeldrollen und Münzgeldverpackungen aller Stückelungen. Nach § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages zwischen den Parteien finden auf das Arbeitsverhältnis die zwischen dem Bundesverband deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen und der Gewerkschaft ÖTV abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.
Bis zum 01.01.2014 wurden die Tarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin angewandt. Mit Wirkung ab 01.01.2014 vereinbarte die Bundesvereinigung deutscher Geld- und Wertdienste e.V. mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di am 11.11.2013 eine eigene Rahmenvereinbarung für Geld- und Wertdienste in der Bundesrepublik Deutschland für alle Betriebe bzw. selbständigen Betriebsabteilungen, die Geld- und Wertdienste in der Geldbearbeitung und/oder als Geld- oder Werttransporte durchführen (im Folgenden: Rahmenvereinbarung). Die Rahmenvereinbarung enthält u.a. folgende Regelungen:
"§ 2 Besitzstandsfortschreibung und Arbeitsortprinzip
1. Die Tarifparteien vereinbaren für die Laufzeit dieser Tarifvereinbarung, dass zunächst alle bis 31. Dezember 2013 für die Geld- und Wertdienstleistungsunternehmen gültigen oder nachwirkenden regionalen Tarifverträge und der Mantelrahmentarifvertrag vom 1. Dezember 2006 für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland für die Geld- und Wertdienstleistungsunternehmen ab 1. Januar 2014 weitergelten, sofern nachfolgend nichts anderes vereinbart ist.
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3. Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass der Ort der Erbringung der Arbeitsleistung für die mobile Dienstleistung im Tarifsinne für inländische Unternehmen der Ort ist, an dem die Arbeit aufgenommen und beendet wird.
Die Tarifvertragsparteien sind sich einig, dass für die stationäre Dienstleistung in der Geldbearbeitung Ort der Erbringung der Arbeitsleistung der Ost ist, an dem die Arbeit im Geldbearbeitungszentrum aufgenommen und beendet wird."
Auf den weiteren Inhalt der Rahmenvereinbarung (Blatt 148 ff. der Gerichtsakte) wird verwiesen. Neben der Rahmenvereinbarung vereinbarte die Bundesvereinigung deutscher Geld- und Wertdienste e.V. mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di am 11.11.2013 auch einen Bundeslohntarifvertrag für Geld- und Wertdien...