Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Gehaltskürzung durch Gesamtbetriebsvereinbarung (und nicht etwa durch TV oder Änderungskündigung) bei Beschäftigten einer Industriegewerkschaft f. Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates oder Einzelbetriebsrates
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 25.08.1999; Aktenzeichen 19 Ca 499/98) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 25. August 1999 – 19 Ca 499/98 – wird auf ihre kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob die Klägerin eine durch Gesamtbetriebsvereinbarung geregelte Gehaltskürzung hinzunehmen hat oder einen individualrechtlich begründeten Anspruch auf das zuletzt bezogene Gehalt hat, der dann nur durch Änderungskündigung gekürzt werden könnte. Streitfrage ist auch, ob der Gesamtbetriebsrat für eine Vereinbarung über Gehaltskürzungen zuständig war.
Die Klägerin ist seit 1984 unter Anrechnung einer Gesamtbeschäftigungszeit seit 1973 bei der Beklagten, … … (zukünftig …) im Landesbezirk Nord als Verwaltungsangestellte beschäftigt.
Einzeivertragliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag vom 05. Dezember 1989 (Anlage K 1, Blatt 9 f der Akte), der denjenigen vom 14. November 983 (Anlage K 1, Blatt 11 f der Akte) ablöste. In § 1 des letztgültigen Arbeitsvertrages ist geregelt:
Für das Beschäftigungsverhältnis gelten die „Allgemeinen Anstellungsbedingungen für die Beschäftigten der Industriegewerkschaft … und die sonstigen Betriebsvereinbarungen in der jeweils geltenden Fassung, sowie die gesetzlichen Vorschriften.”
§ 3 des Arbeitsvertrages lautet auszugsweise:
„Der/die Beschäftigte wird in die Gehaltsgruppe III Stufe 5 der AAB der Industriegewerkschaft … eingruppiert. … Das Gehalt beträgt brutto DM 3.759,–.”
Die arbeitsvertraglich festgehaltene Eingruppierung in die Gehaltsgruppe III mit einer zuletzt 10 %igen Zulage bestand bis Ende 1991. Danach, nach Einführung einer neuen Gehaltsstruktur ab dem 01. Januar 1992, wurde die Klägerin in die Gehaltsgruppe IV (ohne Zulage) eingruppiert und hat darin inzwischen die Endstufe erreicht. Auf dieser Grundlage hat die Klägerin bis einschl. Januar 1998 ein monatliches Bruttogehalt von zuletzt DM 5.855,– bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden bezogen.
Tarifverträge für die bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer bestehen nicht. In der „Betriebsvereinbarung (Nr. 1) über die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes im Bereich der Industriegewerkschaft …” vom 28. Juni 1989 (Anlage K 5, Blatt 32 ff der Akte), abgeschlossen zwischen dem Gesamtbetriebsrat der Beklagten und ihrem Hauptvorstand, ist auszugsweise Folgendes geregelt:
„8 Kollektive Verträge
- Der geschäftsführende Hauptvorstand und der Gesamtbetriebsrat sind sich einig darüber, dass es für die Beschäftigten der Industriegewerkschaft … keine Tarifverträge im Sinne des § 77 Abs. 3 BetrVG gibt und diese auch nicht üblich sind.
- Über Arbeitsentgelte und die allgemeinen Arbeitsbedingungen werden zwischen dem geschäftsführenden Hauptvorstand und dem Gesamtbetriebsrat kollektive Verträge in Form freiwilliger Vereinbarungen abgeschlossen.”
In § 3 Nr. 4 g ist ein Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrates hinsichtlich der allgemeinen Anstellungsbedingungen für die Beschäftigten der Beklagten vorgesehen, soweit diese von überregionaler Bedeutung sind.
Der Gesamtbetriebsrat und der Hauptvorstand der Beklagten vereinbarten am 01. August 1994 eine Betriebsvereinbarung „Allgemeine Anstellungsbedingungen (AAB) für die Beschäftigten der Industriegewerkschaft …” (Anlage K 4, Blatt 19 ff der Akte). In § 9 Nr. 1 ist dort für Vollzeitbeschäftigte eine, regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden geregelt. Die Höhe des Gehaltes der Arbeitnehmer ergibt sich gemäß § 12 Nr. 3 aus den den AAB beigefügten Gehaltstabellen mit Tätigkeitsmerkmalen, Gehaltsgruppen und -stufen. In § 12 Nr. 5 wird vorbehaltlich der Kündigung der AAB auf die Orientierung der Gehälter an der Druckindustrie hingewiesen. In § 22 sind ein Urlaubsgeld in Höhe von 50 % eines Monatsgehaltes sowie eine Jahressonderleistung in Höhe eines Monatsgehaltes geregelt.
Am 21. Januar 1998 kam es zwischen dem Gesamtbetriebsrat der Beklagten sowie deren Hauptvorstand zu einer „Einigung zwischen GHV und GBR zur Personalkostenreduzierung, zur Weiterentwicklung von Arbeitsstrukturen und Beschäftigungssicherung” (Anlage K 2, Blatt 13 f der Akte), nach welcher unter anderem die Arbeitszeit verkürzt und das Gehalt im gleichen Maße gesenkt werden und zusätzlich betriebsbedingte Beendigungskündigungen der Zustimmung des Betriebsrates bedürfen sollten. Unter anderem ist in dieser „Einigung” folgendes geregelt:
„2. Arbeitszeitverkürzung
Ab 01. Januar 1998 bis 31. Dezember 2000 beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 34 Stunden; die Verkürzung erfolgt ohne Lohnausgleich.
Die Umsetzung erfolgt bei Verwaltungsangestellten wöchentlich oder zusammengezogen im Rahmen betrieblicher Regelungen…
5. Betriebsbedi...