Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf eine Firmenzulage. wenn diese Bestandteil eines AT-Gehalts ist. AT-Angestellte sind tarifgebunden
Leitsatz (amtlich)
– AT-Gehälter können eine tarifliche Firmenzulage enthalten, wenn der Haustarifvertrag diese Zulage allen Mitarbeitern zuspricht.
– Wird ein Mitarbeiter nach Fristablauf dieses TV zum AT-Angestellten befördert, ist Bestandteil seines Gehalts weiterhin diese Zulage, wenn dies dem AT-Gehaltsrahmen(Betriebsvereinbarung) und dem fortbestehenden Verständnis der Tarifparteien entspricht.
– Erfolgen Neueinstellungen auf der Grundlage individueller Gehaltsabreden, kann sich der Stamm-Mitarbeiter nicht auf den Gleichheitssatz berufen, zumal dann nicht, wenn er einen Besitzstand hat.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1a; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 08.02.2000; Aktenzeichen 25 Ca 292/99) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 8. Februar 2000 – 25 Ca 292/99 – dahin abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger in Umsetzung einer Tariflohnerhöhung Anspruch auf ein höheres Effektivgehalt hat, insbesondere darüber, ob im AT-Gehalt des Klägers überhaupt eine anrechenbare Zulage enthalten ist.
Die Beklagte ist der zentrale Dienstleister für Datenverarbeitung im Aachener und Münchener Konzern, dem u. a. die Gesellschaften der Volksfürsorge-Gruppe angehören. Sitz der Gesellschaft ist Aachen. Sie ist außer in Hamburg in Köln, Aachen und München tätig. In Hamburg beschäftigt sie etwa 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insgesamt etwa 850.
Der Kläger wurde zum 1. Juli 1991 von der Volksfürsorge Deutsche Lebensversicherungs AG (VDL) für die Abteilung Ablauforganisation (AS) als Verfahrenstechniker eingestellt, nach Ziffer 4 des Einstellungsschreibens vom 28. Juni 1991 (Bl. 67–68 d. A.) unter Zugrundelegung des „Tarifvertrag(s) für das private Versicherungsgewerbe” und „unsere(r) Tarifvereinbarung vom 12.01.70 in der jeweils gültigen Fassung”. Unter Eingruppierung in die Tarifgruppe/Bj. V/14 wurde das Gehalt seinerzeit auf DM 4.023,– zuzüglich einer Zulage von 8 % = DM 322,–, mithin auf insgesamt DM 4.345,– festgesetzt. Bei dieser Zulage handelt es sich um die im Haustarifvertrag geregelte Volksfürsorge-Zulage.
Diese Zulage ist auch Gegenstand einer Vereinbarung zwischen der VDL und der Volksfürsorge Deutsche Sachversicherung AG (VDS) einerseits und der Gewerkschaft Handel. Banken und Versicherungen andererseits vom 19. September 1996. Dieser Tarifvertrag, der von den beiden Gesamtbetriebsräten mitunterzeichnet wurde, trägt die Bezeichnung „Eckpunkte über die künftigen Arbeitsbedingungen und Mitbestimmungsregeln in der VDL/VDS”. Zur Tarifzulage, auf die es vorliegend entscheidend ankommt, heißt es in Ziffer 4 (Bl. 16 d. A.)
Tarifzulage
- Die Tarifzulage von z. Zt. 8 % bzw. 9 % (Besitzstand) entfällt für Neueinstellungen ab 1.1.1997.
- Bei den bis zum 31.12.1996 eingestellten Tarifangestellten baut sich diese Tarifzulage durch Anrechnung auf die allgemeinen Tariferhöhungen ab, beginnend mit dem Termin der allgemeinen Tariferhöhung für das Jahr 1998. Die Zulage nimmt ab 1997 an den allgemeinen und individuellen Gehaltserhöhungen nicht teil. Sollte im Jahre 2002 ein Teil der ehemaligen 8 % bzw. 9 % Zulage noch nicht verrechnet worden sein, entfällt der Restbetrag.
- Außertariflich bezahlte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden entsprechend behandelt.
Die Volksfürsorge-Zulage findet Erwähnung ferner in einem dem Gericht vorliegenden Tarifvertrag vom 6. Juni 1990 (Bl. 70–81 d. A.), wo es unter Ziffer I.1. u. a. heißt:
Die Grundgehälter nach den Gehaltsgruppen I-VII richten sich ab 01.10.89 in jeder Gehaltsgruppe/Berufsjahr nach dem jeweiligen Gehaltstarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe.
Zu den Grundgehältern wird eine Volksfürsorge-Zulage von 8 % gezahlt. (…)
In den außertariflich geregelten Gehältern sind die Volksfürsorge-Zulage und die sozialen Zulagen für Haushalt und Kinder eingeschlossen.
Der Kläger bezog ab 1. Januar 1995 das höchste Tarifgehalt zuzüglich der Volksfürsorge-Zulage. Zum 1. Januar 1997 erhielt der Kläger den Status eines AT-Angestellten. Seine Einstufung erfolgte in Anwendung des zwischen den Betriebsparteien vereinbarten AT-Gehaltsrahmens (Bl. 69 d. A.) in die Stufe AT 09. Sein Monatsgehalt beträgt seitdem DM 7.427,– brutto.
Das Ressort 7 (Informationssysteme) der VDL und VDS, dem auch der Kläger angehörte – bestehend im wesentlichen aus einem Rechenzentrum und einem Bereich Anwendungsentwicklung – wurde zum 1. Oktober 1997 an die Beklagte verkauft. Ein eigenständiger Betrieb bzw. Betriebsteil entstand dadurch in Hamburg zunächst nicht. Vielmehr wurde zwischen den Gesellschaften VDL und VDS und der Beklagten für eine Übergangszeit die Fü...