Die Revision wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansprüche wegen eines sogenannten Mobbings durch einen Chefarzt im Krankenhaus gegenüber einem Oberarzt
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Anspruch des sich gemobbt fühlenden Arbeitnehmers auf Kündigung seines Vorgesetzten besteht nicht, da es grundsätzlich dem Arbeitgeber überlassen bleibt, durch welche geeignete Maßnahmen er auf eine betriebliche Konfliktsituation reagieren will.
2. Nach der Einfügung des § 253 II in das BGB haftet der Arbeitgeber für vertragswidriges Verhalten seiner Mitarbeiter unabhängig davon, welche Anstrengungen er selbst zur Beilegung von Auseinandersetzungen unternommen hat, nach §§ 280 I, 278 BGB auf Schmerzensgeld.
3. Auch ein leitender Krankenhausarzt (Chefarzt) hat bei der Ausübung von fachlichen Weisungen die Position des ihm unterstellten ersten Oberarztes zu berücksichtigen.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 253 II
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 22.12.2004; Aktenzeichen 8 (4) Ca 5534/04) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 9 AZR 593/06) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 22.12.2004 – 8 (4) Ca 5534/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Der Kläger macht Ansprüche wegen Mobbings geltend.
Der am 11.04.1950 geborene Kläger ist seit dem 15.08.1987 als Arzt in dem Krankenhaus der Beklagten beschäftigt. Er ist verheiratet und hat zwei unterhaltsberechtigte Kinder. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag vom 28.07.1987 (Bl. 34 – 35 d.A.) zugrunde. Danach finden die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) Anwendung. Eine Mitarbeitervertretung ist gebildet. Der Kläger, der als Assistenzarzt für die Neurochirurgische Abteilung eingestellt worden war, wurde am 01.12.1990 zum Oberarzt befördert und ist seit dem 01.07.1992 erster Oberarzt. Als solcher nahm er die kommissarische Leitung der Neurochirurgischen Klinik wahr, nachdem Anfang 2001 der damalige Chefarzt Dr. T3xx ausgeschieden war. Die Bewerbung des Klägers um dessen Nachfolge blieb erfolglos. Am 01.10.2001 übernahm der externe Bewerber Dr. H6xxx die Position des Chefarztes der Neurochirurgischen Klinik. Von diesem fühlt sich der Kläger seit Mai 2002 gemobbt. Ab dem 13.11.2003 war der Kläger wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig und befand sich bis zum 11.02.2004 in stationärer, danach in ambulanter Behandlung. In der Zeit vom 07.05. bis 19.05.2004 unternahm er einen Wiedereingliederungsversuch, der erfolglos abgebrochen wurde. Nach weiterer Arbeitsunfähigkeit und Urlaub nahm der Kläger am 19.07.2004 seine Arbeit wieder auf. Seit Oktober 2004 ist er durchgehend arbeitsunfähig.
Nachdem der Kläger im März 2003 erste Vorwürfe gegen Dr. H6xxx erhoben hatte, führte der Verwaltungsdirektor W2xxxxx der Beklagten eine Reihe von Gesprächen mit den beiden betroffenen Ärzten sowie mit Ärzten und Mitarbeitern der Neurochirurgischen Abteilung. Im Sommer 2003 schaltete der Kläger einen Rechtsanwalt ein. Der Versuch, im Juni 2003 im Rahmen eines Konfliktlösungsverfahrens unter Leitung eines externen Vermittlers, des Zeugen S4xxxxxxxx, die Auseinandersetzung zu schlichten, schlug fehl, da Dr. H6xxx ein solches Verfahren nicht für zielführend hielt. Am 01.04. und 23.04.2004 fanden sogenannte Konfliktvermittlungskonferenzen unter Leitung des Zeugen S4xxxxxxxx statt, an denen neben dem Kläger und Dr. H6xxx der ärztliche Direktor Dr. D2xxxxxxx teilnahmen. Die Beklagte hatte Dr. H6xxx angewiesen, an diesem Konfliktvermittlungsverfahren mitzuwirken. Auch dieses Verfahren wurde abgebrochen, da Dr. H6xxx zu einer Kooperation nicht bereit war.
Der Kläger stützt seine Mobbingvorwürfe im Wesentlichen auf folgende, im Einzelnen streitige Vorfälle:
Der Kläger hat behauptet, er habe kurzfristig seinen für die Zeit vom 09.08. bis 30.08.2002 angemeldeten Urlaub ändern, dementsprechend die gebuchte Pauschalreise umbuchen müssen, da Dr. H6xxx dies verlangt hätte, weil er selbst bis zum 10.08.2002 in Urlaub sei. Das gleiche sei in den Herbstferien geschehen, in denen er für die Zeit vom 11. bis 27.10.2002 seinen im Einverständnis mit Dr. H6xxx angemeldeten Urlaub zum 18.10.2002 habe abbrechen müssen, weil Dr. H6xxx dies mit der Erklärung verlangt habe, dass ihm als Chefarzt der Vorrang gebühre und er ab dem 19.10.2002 in Urlaub sei. Tatsächlich habe sich Dr. H6xxx seit dem 20.10.2002 wieder im Dienst befunden.
Zum Jahresende 2001/2002 habe es eine umfangreiche Diskussion über die Verwendung verschiedener Implantate bei Wirbelsäulenoperationen gegeben. Dabei sei sein gut vorbereiteter und sorgfältig dargelegter Vorschlag durch den Chefarzt in Gegenwart Dritter ohne das geringste Interesse zur Kenntnis genommen und „abgebügelt” worden.
Mit Schreiben vom 27.02.2003 (Bl. 41 d.A.) habe ihm der Chefarzt eine inhaltlich unzutreffende Abmahnung erteilt. Zutreffen sei allerdings, dass er von der in Frage stehenden Patientin gesagt habe, dass diese „zu panne” sei.
Am 04.06.2003 sei er, der Kläger...