Entscheidungsstichwort (Thema)
Globalantrag, Unterlassung, Überstunden
Leitsatz (amtlich)
1. Der Betriebsrat hat unabhängig vom Bestehen eines allgemeinen Anspruchs auf Unterlassung mitbestimmungswidrigen Verhaltens Anspruch darauf, dass Verstöße gegen eine Betriebsvereinbarung unterlassen werden.
2. Betriebsübliche Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten mit unterschiedlichen Arbeitszeiten kann diejenige Arbeitszeit sein, die mit ihnen jeweils individualrechtlich vereinbart ist.
3. Ein Unterlassungsantrag nach § 87 BetrVG ist nicht schon deshalb unbestimmt, weil er die „Notfälle” und Sachverhalte ohne kollektiven Bezug nicht ausdrücklich ausklammert, wenn die Beteiligten um die zutreffende Subsumtion bestimmter Fallgestaltungen unter den Begriff des Notfalls und des kollektiven Bezugs nicht streiten.
Normenkette
BetrVG 87 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 20.04.2000; Aktenzeichen 8 BV 190/99) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den am 20.04.2000 verkündeten Beschluss des Arbeitsgerichts Köln – 8 BV 190/99 – wird zurückgewiesen.
Gründe
A. Die Arbeitgeberin betreibt u. a. in K., B., einen SB-Verbrauchermarkt, in dem ca. 80 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Antragsteller und Beschwerdeführer ist der in diesem Betrieb bestehende fünfköpfige Betriebsrat.
Nach § 8 Satz 1 einer von dem Betriebsrat mit der Rechtsvorgängerin der Arbeitgeberin, der S., abgeschlossenen Betriebsvereinbarung ist jede über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit der/des Beschäftigten hinaus geleistete Arbeitsstunde zustimmungspflichtige Arbeit im Sinne des § 87 Abs. 3 BetrVG. Im August 1999 wurde im Betrieb das Warenwirtschaftssystem „SMART” eingeführt und im Hinblick darauf unter dem 31.08.1999 eine spezielle Betriebsvereinbarung für die Zeit abgeschlossen, „bis SMART an das Netz geht”. Nach dieser Betriebsvereinbarung waren wöchentliche Einsatzpläne mit Mehrarbeit und entsprechenden Zuschlägen nach dem Manteltarifvertrag des Landes Nordrhein-Westfalen dem Betriebsrat vorzulegen; Überstundenanträge sollten dadurch „abgegolten” sein.
Im August 1999 hatte die im Betrieb der Arbeitgeberin teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin W. Arbeit über ihre vertragliche Arbeitszeit hinaus geleistet. Hierüber war der Betriebsrat nicht informiert worden. Im September 1999 leisteten die Arbeitnehmer S. und W., bedingt durch die Einführung des Warenwirtschaftssystems, ebenfalls Überstunden ohne vorherige Information des Betriebsrats.
Nach der Einführung des Warenwirtschaftssystems leistete der Arbeitnehmer Deichmann in der Woche vom 17.01.2000 bis 22.01.2000 in Abweichung vom Personaleinsatzplan Mehrarbeit. Diese Mehrarbeit war durch die Arbeitgeberin nicht angeordnet oder genehmigt worden. Der für die Anordnung von Überstunden zuständige Store-Manager der Arbeitgeberin erfuhr von der Ableistung der Mehrarbeit erst im Nachhinein. Auch dem Betriebsrat war die Mehrarbeit erst später bekannt geworden.
Im Juni 2000 wurden die Mitarbeiterin E. und die Teilzeitbeschäftigte Frau V. von der Arbeitgeberin mit dem sog. Star-Report betraut und an einzelnen
Tagen in deren Betriebe in T., Solingen und D. entsandt. Nach dem Vortrag des Betriebsrats haben die beiden Arbeitnehmerinnen in diesen Betrieben über die jeweils arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitszeit hinaus Arbeit geleistet.
Mit seinem am 08.10.1999 eingeleiteten Verfahren, das sich zunächst nur auf die Mehrarbeit im Zusammenhang mit der Einführung des Warenwirtschaftssystems SMART bezog,
hat der Betriebsrat beantragt,
- der Arbeitgeberin zu untersagen, ohne vorherige Einigung mit dem Betriebsrat oder einem die Einigung ersetzenden Spruch der Einigungsstelle in ihrem Betrieb Überstunden anzuordnen oder zu dulden,
- der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 ein Ordnungsgeld anzudrohen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats durch Beschluss vom 20.04.2000 zurückgewiesen. Der Antrag sei zwar als Globalantrag zulässig, aber unbegründet, da er auch Notfälle und nicht kollektivbezogene Fallgestaltungen erfasse, in denen kein Mitbestimmungsrecht bestehe. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Betriebsrats. Er rügt, das Arbeitsgericht habe sich nicht mit § 8 Satz 1 der Betriebsvereinbarung auseinandergesetzt. Der Betriebsrat vertritt die Auffassung, nach dieser Bestimmung bestehe sein Zustimmungsrecht unabhängig von eventuellen Notfällen und individualrechtlichen Wünschen einzelner Arbeitnehmer. Aus der Ableistung von Überstunden durch die Arbeitnehmer D., V. sowie E. ergebe sich die für seinen Unterlassungsantrag erforderliche Wiederholungsgefahr.
Der Betriebsrat beantragt,