Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsfristen von GmbH-Geschäftsführern ohne beherrschenden Einfluß auf die Gesellschaft
Leitsatz (amtlich)
§ 622 Abs. 2 BGB in der Fassung des Kündigungsfristengesetzes vom 15.10.1993 gilt entsprechend für Dienstverhältnisse von GmbH-Geschäftsführern, die ihre ganze Arbeitskraft in den Dienst ihrer Gesellschaft stellen müssen und keinen beherrschenden Einfluß auf die GmbH haben.
Normenkette
BGB § 622 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Urteil vom 26.06.1998; Aktenzeichen 2 Ca 1226/98) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 26.06.1998 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg – 2 Ca 1226/98 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob das Vertragsverhältnis des Klägers durch die Kündigung des Beklagten vom 06.05.1998 bereits am 31.05.1998 endete oder ob es bis zum 31.07.1998 fortbestand.
Der Kläger war aufgrund eines Dienstvertrages vom 20.12.1993 mit Wirkung ab 01.01.1994 Mitglied der Geschäftsleitung der Firma H. Mit Wirkung ab 01.01.1995 trat die Firma Ha M in das Dienstverhältnis ein. Zum gleichen Zeitpunkt wurde der Kläger Geschäftsführer dieser Firma. Regelungen über Kündigungsfristen enthalten die Verträge nicht. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf den Dienstvertrag vom 20.12.1993, Bl. 5–8 d.A. und den Ergänzungsvertrag vom 15.12.1994, Bl. 9 d.A., verwiesen. Durch Gesellschafterbeschluss vom 06.01.1998 wurde der Kläger mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer der Ha M abberufen und war danach nicht mehr als Organ dieser Firma beschäftigt. An der Gesellschaft war der Kläger zu keiner Zeit beteiligt.
Am 29.04.1998 wurde über das Vermögen der Ha M das Konkursverfahren eröffnet. Der Beklagte wurde zum Konkursverwalter bestellt.
Mit zwei Schreiben vom 06.05.1998, die dem Kläger am 07.05.1998 zugegangen sind, kündigte der Beklagte das Anstellungsverhältnis auf, und zwar einmal gestützt auf § 113 InsO i.V.m. § 611 BGB zum 31.05.1998, und zum anderen – vorsorglich – gestützt auf § 113 InsO i.V.m. § 622 BGB zum 31.07.1998.
Der Kläger, für den während der Dauer des Dienstverhältnisses Beiträge zur Angestellten- und Arbeitslosenversicherung abgeführt wurden und der auch Konkursausfallgeld erhalten hat, ist der Ansicht, die Kündigung zum 31.05.1998 sei nicht wirksam. Für ihn gelte § 622 BGB entsprechend, so dass das Vertragsverhältnis erst zum 31.07.1998 beendet worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Anstellungsverhältnis nicht durch Kündigung vom 06.05.1998 zum 31.05.1998 beendet wird, sondern bis zum 31.07.1998 fortbesteht und vom Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt vertragsgemäß zu erfüllen ist.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, der Kläger sei zu keiner Zeit Arbeitnehmer der Firma Ha M gewesen. Für die Kündigungsfrist gelte deshalb § 621 BGB. Der allein auf die Tätigkeit als Geschäftsführer angelegte Dienstvertrag habe sich nicht nach Beendigung der Organstellung in ein Arbeitsverhältnis umgewandelt. Auch habe neben dem Geschäftsführerdienstverhältnis kein ruhendes Arbeitsverhältnis bestanden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 26.06.1998 stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe, Bl. 40 ff d.A., wird verwiesen.
Gegen dieses ihm am 18.07.1998 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 10.08.1998 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel am 28.08.1998 begründet.
Er meint weiterhin, das Vertragsverhältnis sei am 31.05.1998 beendet gewesen. Eine analoge Anwendung des § 622 Abs. 2 BGB auf Dienstverhältnisse von GmbH-Geschäftsführern sei jedenfalls nach der Neuregelung der Kündigungsfristen im Jahre 1993 nicht mehr möglich.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
Das Arbeitsgericht ist mit Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Dabei legt das Berufungsgericht den Antrag des Klägers dahin aus, dass es um die Feststellung des Fortbestandes des Vertragsverhältnisses bis zum 31.07.1998 gehen soll und dass der Zusatz, das Vertragsverhältnis sei bis dahin ordnungsgemäß abzuwickeln, keine gesonderte inhaltliche Bedeutung hat. Dafür spricht, dass die Frage der Abwicklung in den Schriftsätzen der Parteien beider Instanzen keinerlei Rolle gespielt hat und nach der ausdrücklichen Erklärung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht auch keine Probleme aufwerfen wird, sobald rechtskräftig feststeht, dass das Dienstverhältnis über den 31.05.1998 hinaus fortbestanden hat.
Mit obigem durch Auslegung ermittelten Inhalt ist der Antrag gemäß § 256 ZPO zulässig. Denn der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung, wie lange sein Vertragsverhält...