Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsfristen nach dem Manteltarifvertrag für die kauf männschen und technischen Angestellten sowie Meister der südbayerischen Textilindustrie

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelung der Kündigungsfristen in § 2 B Ziffer 1 des Manteltarifvertrages für die kaufmännischen und technischen Angestellten sowie Meister der südbayerischen Textilindustrie vom 12.5.82/6.10.94 ist deklaratorisch. Dies bedeutet, dass nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung der Kündigungsfristen § 622 Abs. 2 BGB für die verlängerten Kündigungsfristen gilt.

 

Verfahrensgang

ArbG Augsburg (Urteil vom 07.09.1999; Aktenzeichen 7 d Ca 1650/99 D)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes Augsburg vm 7.9.1999 – 7 d Ca 1650/99 D – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Länge der Kündigungsfrist. Die Klägerin hat eine Betriebszugehörigkeit seit 1.4.92 als kaufmännische Angestellte. Sie war zuerst bei der Firma … am Produktionsstandort Lauingen beschäftigt, der 1997 von der Beklagten übernommen wurde.

Zwischen den Parteien war die Anwendung des Manteltarifvertrages für die kaufmännischen und technischen Angestellten sowie Meister der südbayerischen Textilindustrie vereinbart. Die Beklagte hat den Produktionsstandort Lauingen geschlossen und allen dort beschäftigten Arbeitnehmern gekündigt, unter anderem auch der Klägerin durch Schreiben vom 27.4.1999 zum 30.6.1999. Die Klägerin war bei Ausspruch der Kündigung 47 Jahre alt.

Die Rechtswirksamkeit dieser Kündigung ist zwischen den Parteien unstreitig, streitig ist lediglich, ob die Kündigungsfrist eingehalten wurde.

Die Klägerin macht geltend, die von der Beklagten gemäß § 622 Abs. 2 Ziff. 2 BGB gewählte Kündigungsfrist von 2 Monaten zum Monatsende sei unrichtig. Es gelte die Kündigungsfrist gemäß § 2 B 1 a des Manteltarifvertrages von 3 Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres, so dass das Arbeitsverhältnis erst zum 30.9.1999 beendet worden sei.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug zuletzt beantragt:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 27.4.1999 nicht zum 30.6.1999 beendet wurde, sondern mit dem 30.9.1999 endet.

Die Beklagte hat dagegen beantragt,

die Klage kostenpflichtig abzuweisen

und hat ausgeführt, die tarifvertragliche Kündigungsfrist sei nur deklaratorisch und es seien daher die jeweils geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen anzuwenden. Bei Ausspruch der Kündigung habe die gesetzliche Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 2 BGB zwei Monate zum Ende eines Kalendermonates betragen.

Das Arbeitsgericht Augsburg hat durch Endurteil vom 7.9.1999 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es handele sich bei der tarifvertraglichen Regelung der Kündigungsfristen lediglich um eine deklaratorische Regelung, so dass nach der Neufassung der gesetzlichen Kündigungsfristen und deren Vereinheitlichung für Arbeiter und Angestellte in § 622 BGB diese zur Anwendung kämen und somit die Beklagte die Kündigung vom 27.4.1999 mit der zutreffenden gesetzlichen Kündigungsfrist ausgesprochen habe.

Bezüglich des Sachvortrages der Parteien im ersten Rechtszug und der Ausführungen des Arbeitsgerichtes im Einzelnen wird auf den Inhalt des Endurteiles des Arbeitsgerichts Augsburg vom 7.9.1999 verwiesen.

Die Klägerin hat gegen dieses Urteil, das ihr am 19.11.1999 zugestellt wurde, am 16.12.1999 Berufung eingelegt und sie am 28.1.2000 innerhalb der bis 31.1.2000 verlängerten Frist auch begründet.

Die Klägerin macht geltend, die tarifvertragliche Regelung sei nicht mehr deklaratorisch. Nach der Rechtsprechung des BAG sei nur dann auf die gesetzlichen Kündigungsfristen abzustellen, wenn ein Tarifvertrag vor der Zeit des Inkrafttretens der Neuregelung der Kündigungsfristen – also vor dem 15.10.1993 – auf die gesetzliche Regelung verweise. Der einschlägige Manteltarifvertrag für die kaufmännischen und technischen Angestellten sowie Meister der südbayerischen Textilindustrie sei jedoch am 4.4.1996 von den Tarifvertragsparteien ausgehandelt worden und habe ab dem 1.6.1996 Gültigkeit erlangt. Die Tarifvertragsparteien hätten also in Kenntnis der Neuregelung der gesetzlichen Kündigungsfristen den Tarifvertrag neu ausgehandelt, ohne die bisherige Regelung über die Kündigungsfristen der neuen Gesetzeslage anzupassen. Die Tarifvertragsparteien hätten also einen eigenen Normsetzungswillen auf Beibehaltung der längeren Kündigungsfristen gehabt, anderenfalls wäre eine Anpassung an die veränderte Gesetzeslage erfolgt.

Die Klägerin beantragt:

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Augsburg, Gerichtstag Donauwörth, vom 7.9.1999 – 7 d Ca 1650/99 D – abzuändern und nach dem Schlußantrag 1. Instanz zu erkennen.
  2. Der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt dagegen

die kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung

und trägt vor, das Arbeitsgericht habe in seiner Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass die Regelung der...

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