Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstmalige Eingruppierung in den Tarifvertrag Einzelhandel Niedersachsen
Leitsatz (amtlich)
Die Auslegung des Begriffes „bei erstmaliger Eingruppierung ab 01.05.1991” des Lohn- und Gehaltstarifvertrages für den Niedersächsischen Einzelhandel Gehaltsstufe II ergibt eine Gleichsetzung mit „erstmalig eine Berufstätigkeit im Einzelhandel aufnehmen”, unabhängig davon, in welchem Tarifgebiet dies geschehen ist und unabhängig davon, ob der Einzelhandelsbetrieb in dem der Arbeitnehmer zuvor beschäftigt war, einem Tarifvertrag – insbesondere dem Tarifvertrag Einzelhandel Niedersachsen – unterfiel oder nicht.
Verfahrensgang
ArbG Wilhelmshaven (Entscheidung vom 29.01.2001; Aktenzeichen 2 BV 10/00) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven – 2 BV 10/00 – vom 29.01.2000 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten führen vorliegendes Verfahren in der Beschwerdeinstanz noch hinsichtlich der Ersetzung der Zustimmung zur Umgruppierung der Arbeitnehmerin … S.
Zum 22.11.1999 stellte die Antragstellerin die Mitarbeiterin … S. in ihrem Betrieb als Kassiererin ein. Sie stufte sie zunächst in die Gehaltsstufe G II 7. Berufsjahr des Gehalts- und Lohntarifvertrages für den Niedersächsischen Einzelhandel (im folgenden: Tarifvertrag) ein. Frau S. hatte in den 60er Jahren eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau abgeschlossen und in der Zeit von 1972 bis 1996 im elterlichen Betrieb in Heilbronn im Einzelhandel gearbeitet. Noch im November 1999 gelangte die Antragstellerin zu der Auffassung, sie habe sich bei der Eingruppierung der Angestellten geirrt: Die richtige Einstufung sei die Gehaltsstufe G II 5. Berufsjahr. Deshalb beantragte sie bei dem Antragsgegner die Zustimmung zur Korrektur der Eingruppierung. Mit Schreiben vom 02.12.1999 widersprach der Antragsgegner der beantragten Umgruppierung in G II 5. Berufsjahr mit dem Argument, dass gemäß § 4 des Tarifvertrages nach abgeschlossener Berufsausbildung bei erstmaliger Eingruppierung in die Gruppe G II das 2. Berufsjahr als zurückgelegt gelte. Er stützt die Zustimmungsverweigerung auf einen Verstoß gegen das tarifliche Entgeltschema, also auf den Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.
Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, die Arbeitnehmerin S. befinde sich erst im 5. Berufsjahr der Gehaltsgruppe II. Es sei nicht der letzte Absatz von § 4, Gehaltsgruppe II des Tarifvertrages einschlägig. Diese Vorschrift gelte nur bei erstmaliger Eingruppierung von Angestellten nach Abschluß ihrer Berufsausbildung. Hiermit sei nicht die erstmalige Eingruppierung im Unternehmen des Einzelhandels gemeint, sondern die erstmalige Eingruppierung des Angestellten aufgrund seiner Ausbildung im Einzelhandel insgesamt. In diesem Sinne habe auch das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 28.09.1994 entschieden (4 AZR 738/93), wenn auch auf den Manteltarifvertrag für Nordrhein-Westfalen bezogen. Der Sinn dieser Tarif Vorschrift bestehe darin, für diejenigen Angestellten, die ihre Ausbildung abgeschlossen hätten, den Zeitraum bis zum Erreichen des Endgehaltes zu verkürzen. Diese Vergünstigung solle nicht rückwirkend für die Angestellten gelten, die bereits früher die Ausbildung beendet hätten, sondern nur für die aktuellen Absolventen. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, in welchem Bundesland der Arbeitnehmer zuvor beschäftigt gewesen sei.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Umgruppierung der Mitarbeiterin … S. in die Gehaltsgruppe G II 5 ab November 1999, der Mitarbeiterinnen … P., R. und … C. in die Gehaltsgruppe G I 1 ab 16.02.2000 zu ersetzen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, Frau S. sei ordnungsgemäß in die Gehaltsgruppe G II 7. Berufsjahr des Tarifvertrages eingruppiert, denn sie sei nach § 4, Gehaltsgruppe II letzter Absatz des Tarifvertrages nach der Ausbildung in das 3. Berufsjahr einzustufen. Hinzuzurechnen seien die vier Berufsjahre, die sie von 1972 bis 1976 zurückgelegt habe. Bei der Beklagten sei die Arbeitnehmerin erstmals für den Einzelhandel in Niedersachsen eingruppiert worden. Allein darauf komme es an. Die frühere Berufstätigkeit im Geltungsbereich eines anderen Manteltarifvertrages sei unbeachtlich. Dem stehe auch nicht das von der Antragstellerin zitierte Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28.09.1994 entgegen, weil dieses sich allein auf die Formulierungen in dem Manteltarifvertrag in Nordrhein-Westfalen beziehe. Beide Tarifverträge hätten nicht denselben Wortlaut.
Das Arbeitsgericht Wilhelmshaven hat – soweit für die Beschwerdeinstanz von Interesse – mit dem Beschluss vom 29.01.2001 die Zustimmung des Betriebsrates zur Umgruppierung der Angestellten … S. in die Gehaltsgruppe G II 5. Berufsjahr des Tarifvertrages ab November 1999 ersetzt.
Zur Begründung hat es ausgeführt, Frau S. sei nicht im Sinne des § 4 Gehaltsgruppe II letzter Absatz de...