Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsrecht eines Anstaltsleiters; Kündigung wegen Alkoholgenusses
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Leiter einer Justizvollzugsanstalt ist berechtigt, im Namen des Freistaates Bayern Rechtsgeschäfte abzuschließen und aufzulösen, die sich auf den Aufgabenbereich der Anstalt beziehen. Er ist daher auch zum Ausspruch von Kündigungen gegenüber den in der Anstalt beschäftigten Arbeitnehmern befugt.
2. Auf die gemäß § 53 Abs 3 BAT zum Erwerb der Unkündbarkeit erforderliche Beschäftigungszeit von 15 Jahren sind Zeiten nicht anzurechnen, in denen der Angestellte als Beamter auf Widerruf beim gleichen Dienstherrn beschäftigt war.
3. Die Kündigung eines Bediensteten einer Justizvollzugsanstalt ist nicht sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs 2 Satz 1 KSchG, wenn der Bedienstete - ohne alkoholkrank zu sein - öfters während der Dienstzeit unter Alkoholeinfluß steht und sein Verhalten trotz Abmahnung nicht ändert.
Orientierungssatz
Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 7 AZR 332/88.
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Entscheidung vom 26.09.1985; Aktenzeichen 1 Ca 327/85) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 26. September 1985 – Az. 1 Ca 327/85 – wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung. Dem Rechtsstreit liegt folgender unstreitiger Sachverhalt zugrunde:
Der am 30. August 1937 geborene Kläger wurde mit Arbeitsvertrag vom 02. Januar 1968, der vom Vorstand der Justizvollzugsanstalt unterzeichnet ist, befristet bis 30. Juni 1968 als Angestellter im Werkdienst bei der Justizvollzugsanstalt … eingestellt. Vom 01. Juli 1968 bis 31. Oktober 1970 befand sich der Kläger als Beamter auf Widerruf im Vorbereitungsdienst zum Werkführeranwärter, bestand jedoch die Anstellungsprüfung nicht. Ab 01. November 1970 wurde der Kläger aufgrund des am 02. November 1970 abgeschlossenen Arbeitsvertrags, der wiederum vom Vorstand der Justizvollzugsanstalt … unterzeichnet ist, wieder als Angestellter im Werkdienst beschäftigt. Die Arbeitsverträge vom 02. Januar 1968 und 02. November 1970 enthalten die Angabe, daß der Arbeitsvertrag mit Genehmigung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz abgeschlossen werde. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) und die diesen Tarifvertrag ergänzenden oder ändernden Tarifverträge Anwendung.
In den letzten Jahren seiner Tätigkeit stand der Kläger des öfteren während der Dienstzeit erkennbar unter Alkoholeinfluß. Der Kläger gibt zu, von Fall zu Fall auch während der Arbeitszeit Alkohol getrunken zu haben. Am 04.04.1984 wurde der Kläger vom Leiter der Justizvollzugsanstalt … wegen seines Alkoholkonsums abgemahnt. Über diesen Vorgang wurde ein Aktenvermerk mit folgendem Wortlaut angefertigt: „Darüber belehrt, daß der Alkoholkonsum des Bediensteten während der Dienstzeit bei Bediensteten und Gefangenen zunehmend Anstoß erregt und im Erziehungsvollzug nicht tragbar ist. Bei nicht radikaler Umstellung wurde ordentliche oder außerordentliche Kündigung angedroht.”
Am 18. April 1985 wurde der Kläger vom stellvertretenden Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes beanstandet, weil er während der Dienstzeit ein Schreibwarengeschäft, das auch Bier und Schnaps führt, aufgesucht hatte. Da der Kläger nach Alkohol roch, wurde er in das Büro des Aufsichtsdienstleiters gebeten, der ebenfalls einen leichten Alkoholgeruch wahrnahm. Der Kläger wurde in das Büro des Anstaltsleiters gebeten. Dort wurde mit Zustimmung des Klägers ein Alkoholtest durchgeführt. Das Alkoholtestgerät zeigte eine Blutalkoholkonzentration des Klägers von mehr als 1,5 Promille an.
Mit Schreiben vom 26.04.1985 kündigte der Beklagte nach Anhörung des Personalrats dem nach eigenen Angaben nicht alkoholkranken Kläger zum 31.12.1985. Das Kündigungsschreiben ist vom Anstaltsleiter der Justizvollzugsanstalt … unterzeichnet.
Mit der am 14. Mai 1985 zum Arbeitsgericht Bamberg erhobenen Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 26.04.1985, dem Kläger zugegangen am 26.04.1985, zum 31.12.1985 nicht aufgelöst ist, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus unbefristet fortbesteht.
Mit Endurteil vom 26. September 1985 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und den Streitwert auf DM 7.650,– festgesetzt. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.
Mit der am 09. Dezember 1985 eingelegten und am 31. Januar 1986 nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist begründeten Berufung gegen dieses ihm am 15. Januar 1986 zugestellte Urteil verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren in vollem Umfange weiter.
Der Kläger trägt vor,
die Kündigung sei unwirksam, weil der Anstaltsleiter keine Vollmachtsurkunde beigelegt und er,...