Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an das Vorliegen von Unvermögen zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung als Zwangsvollstreckungsmaßnahme. „Maßnahmen der Zwangsvollstreckung” im Sinne des § 21 Abs. 2 Nr. 3 Insolvenzordnung (InsO)
Normenkette
InsO § 21 Abs. 2 Nr. 3, § 138; ZPO § 807 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Darmstadt (Beschluss vom 31.03.2003; Aktenzeichen 62 M 683/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 31.03.2003 aufgehoben. Der Widerspruch der Schuldnerin gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist begründet.
Die Gläubiger haben die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die Gläubiger betreiben gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 24.06.2002, Az. 29 C 74/02. Im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung am 27.02.2003 widersprach die Schuldnerin ihrer Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Sie begründete dies damit, dass die Abgabe derzeit nicht möglich sei, weil notwendige Bilanzen noch nicht haben erstellt werden können und verweist ergänzend auf den Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 26.02.2003, auf den Bezug genommen wird (5 ff. der Akte).
Vor dem Amtsgericht Darmstadt ist gegen die Schuldnerin ein Insolvenzverfahren anhängig. Mit Beschluss vom 25.03.2003 wurde „zur Sicherung der Masse und zum Schutz der Gläubiger" neben der vorläufigen Verwaltung des Vermögens der Schuldnerin unter anderem unter Ziffer 4 angeordnet: „Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen die Antragsgegnerin werden gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO untersagt, bereits eingeleitete Maßnahmen werden eingestellt, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind”.
Mit Beschluss vom 31.03.2003 wies das Amtsgericht Darmstadt den Widerspruch der Schuldnerin gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach Anhörung der Gläubigerin zurück.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde der Schuldnerin vom 16.04.2003. Mit Beschluss vom 08.05.2003 übertrug die Einzelrichterin das Verfahren zur Entscheidung auf die Kammer.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass die Schuldnerin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht in der Lage wäre. Denn ein Unvermögen zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung kommt im Wesentlichen bei körperlicher oder psychischer Erkrankung des Schuldners in Betracht. Soweit ein Unvermögen auch bejaht wird, wenn dem Schuldner wegen einer objektiv mangelhaften Ausfüllung des Vermögensverzeichnisses kein Vorwurf gemacht werden kann (Baumbach, § 900 ZPO, Rn. 32 zur Rechtfertigung einer Terminsverlegung), trifft diese Voraussetzung vorliegend nicht zu. Denn bei ordnungsgemäßer Geschäftsführung muss es einem Unternehmer jederzeit möglich sein, eine vorläufige Bilanz zu erstellen. Der Vortrag der Schuldnerin, die Gruppe" bestehe aus über 50, teilweise verflochtenen aktiven Gesellschaften und es sei ihr nicht möglich, zeitnah ein gesichertes Vermögensverzeichnis abzugeben, hindert daher die Verpflichtung der Schuldnerin zur sofortigen Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
Jedoch steht der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung derzeit entgegen, dass mit Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 25.03.2003 Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO untersagt und bereits eingeleitete Maßnahmen eingestellt wurden, soweit sie nicht unbewegliche Gegenstände betreffen.
Diese Anordnung erfasst auch die Verpflichtung der Schuldnerin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, die, eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung darstellt. Dies ergibt sich nicht nur aus der systematischen Stellung der Regelungen des § 807 im 8. Buch der ZPO und dort im Abschnitt über die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen, sondern auch daraus, dass für das Verfahren das Vorliegen der allgemeinen und besonderen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen und das Nichtvorliegen von Vollstreckungshindernissen erforderlich ist. Soweit der Begriff der „Maßnahmen der Zwangsvollstreckung” im Sinne des § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO im Wege der teleologischen Auslegung dahin ausgelegt wird, dass lediglich solche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen untersagt werden, die der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entgegenlaufen, und dass die Vorschrift deshalb die Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht erfasse, da insoweit lediglich der Vermögensbestand des Schuldners für die Gläubiger festgestellt werden solle (LG Würzburg, NJW- RR 2000, S. 781; vgl. auch AG Rostock, NZI 2000, S. 142), ist dem auf Grund des Wortlauts der Vorschrift nicht zu folgen. Dieser nimmt von den Maßnahmen der Zwangsvollstreckung ausdrücklich nur solche aus, die unbewegliches Vermögen betref...