Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzverwalter. Mehraufwand durch Zustellwesen. Zuschlag. Auslagenerstattung

 

Leitsatz (redaktionell)

  • Der vom Amtsgericht mit den Zustellungen betraute Insolvenzverwalter hat neben seiner regulären Vergütung keinen Anspruch auf einen Zuschlag für die Zustellungen, wenn er hierdurch nicht erheblich mehrbelastet ist, d.h. wenn nicht mehr als bis zu hundert Gläubiger bzw. Beteiligte benachrichtigt werden müssen.
  • Der Pauschsatz, den der Insolvenzverwalter anstelle seiner tatsächlich entstandenen Auslagen fordern kann, § 8 Abs. 3 InsVV, beträgt im ersten Jahr 15 % der gesetzlichen Vergütung, danach 10 %, was nicht heißt, dass jährlich ein Pauschalsteuersatz geltend gemacht werden kann.
 

Normenkette

InsO § 8 Abs. 3; InsVV § 8 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Stralsund (Beschluss vom 05.06.2003; Aktenzeichen 51 IN 185/99)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 22.07.2004; Aktenzeichen IX ZB 222/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde gegen den Vergütungsbeschluß des Amtsgerichts Stralsund vom 5.6.2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Insolvenzverwalter auferlegt.

Beschwerdewert: 1.043,70 EUR.

 

Tatbestand

I.

Das Amtsgericht hat am 31.8.1999 das o.g. Insolvenzverfahren eröffnet und den Beschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt.

Der Insolvenzverwalter beantragte mit Schriftsatz vom 18.9.2002, seine Vergütung aufgrund einer Insolvenzmasse von 9.571,00 EUR insgesamt auf 3.760,89 EUR festzusetzen. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

Vergütung:

3.828,68 EUR

10 % Zuschlag

382,87 EUR

16 % Umsatzsteuer:

673,85 EUR

Auslagen:

1.474,05 EUR

16 % Umsatzsteuer

235,84 EUR

abzgl. Vorschuß

2.834,40 EUR.

Den Zuschlag begründete der Insolvenzverwalter mit dem Mehraufwand, der durch seine Beauftragung mit dem Zustellwesen entstanden sei.

Die Auslagen errechnete der Insolvenzverwalter wie folgt:

15 % von 4.211,55 EUR für 12 Monate:

631,73 EUR

10 % von 4.211,55 EUR für 12 Monate:

421,16 EUR

10 % von 4.211,55 EUR für 12 Monate:

421,16 EUR.

Mit Beschluß vom 6.5.2003 hat das Amtsgericht die gesamte Vergütung des Insolvenzverwalters auf 5.551,59 EUR festgesetzt. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

Vergütung:

3.828,68 EUR

16 % Umsatzsteuer

612,59 EUR

Auslagen:

957,17 EUR

16 % Umsatzsteuer

153,15 EUR.

Abzüglich des Vorschusses von 2.834,40 EUR ergäbe sich ein Restbetrag von 2.717,19 EUR.

Das Amtsgericht hat den beantragten Zuschlag für die Zustellungen, mit denen der Verwalter vom Gericht gem. § 8 InsO beauftragt worden war, nicht festgesetzt. Es seien lediglich 16 Gläubiger und 11 Drittschuldner vorhanden gewesen. Der mit den Zustellungen an diese und die vier Massegläubiger verbundene Aufwand rechtfertige keinen gesonderten Zuschlag.

Das Amtsgericht hat zudem die Auslagen abweichend vom Antrag festgesetzt. Gem. § 8 Abs. 3 InsVV seien diese lediglich i.H.v. 15 % für das erste Jahr und i.H.v. 15 % für die gesamte Restdauer des Verfahrens festzusetzen.

Gegen den ihm formlos übersandten Beschluß hat der Insolvenzverwalter am 2.7.2003 sofortige Beschwerde eingelegt. Er ist der Ansicht, der Zuschlag von 10 % sei gerechtfertigt. Es gehöre ein nicht unerheblicher Büroaufwand dazu, die ordnungsgemäßen Zustellungen zu bewirken, entsprechend zu kontrollieren und zu dokumentieren. Er ist des weiteren der Ansicht, daß nach § 8 Abs. 3 InsVV der Insolvenzverwalter ab dem 2. Jahr jährlich pauschal 10 % der gesetzlichen Vergütung als Auslagen geltend machen kann. Der Auslegung des Amtsgerichts Stralsund widerspreche, daß der Verwalter für die gesamte Dauer seiner Tätigkeit auch die tatsächlich entstandenen Auslagen fordern könne. Die Pauschalierung solle nach Absicht des Gesetzgebers die Beschaffung von Einzelnachweisen und deren aufwendige Überprüfung vermeiden. Auch die Bestimmung einer monatlichen Höchstgrenze, die sich an der tatsächlichen Dauer des Verfahrens orientiere, deute auf eine Auslagenpauschale hin, die für jedes Jahr geltend gemacht werden könne. Seine Ansicht stehe im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung der verschiedensten Insolvenzgerichte. Ihm sei im übrigen keine Entscheidung bekannt, die im Einklang mit der Auffassung des Amtsgerichts stehe.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluß vom 9.7.2003 nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 4, 6 Abs. 1, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht ist für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig, § 72 GVG. Die zweiwöchige Beschwerdefrist des § 4 InsO i.V.m. § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO ist eingehalten. Sie begann nicht zu laufen, da das Amtsgericht den angefochtenen Beschluß nicht zugestellt hat. Die gem. § 64 Abs. 3 Satz 2 InsO i.V.m. § 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO erforderliche Beschwer von mehr als 50,00 EUR ist erreicht.

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Das Amtsgericht hat zu Recht einen Zuschlag für die Zustellungen abgelehnt. Gr...

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