Peter Gassen, Dr. Karoline Schwarz
Rn. 3
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Der Ansatz einer den VZ überschreitenden Durchschnittsbesteuerung war bereits im ersten ReichssteuerG von 1920 in Form einer dreijährigen Durchschnittsbesteuerung zu finden und wurde im EStG 1929 als Verlustabzug ausgestaltet. Nachdem die Verlustabzugsmöglichkeit 1934 abgeschafft wurde, ist sie 1938 wieder eingeführt worden. Nachfolgend soll lediglich ein grober Überblick über die weitere Rechtsentwicklung des steuerlichen Verlustabzugs vermittelt werden:
1954 (StNG v 16.12.1954, BGBl I 1954, 373) wurde der Verlustabzug systemkonsequent aus § 10 EStG herausgenommen, da es sich nicht um SA im eigentlichen Sinne handelt, s Begründung StNG 1954, BT-Drucks 2/481, 84; Seithel, DStR 1965, 353 und BFH v 18.12.1990, VIII R 7/87, BFH/NV 1991, 520 zur Rechtslage vor 1999 "wie SA" abzuziehen.
1976 (EStÄndG v 20.04.1976, BGBl I 1976, 1054) entfiel die Voraussetzung, dass die Gewinne aufgrund ordnungsgemäßer Buchführung ermittelt werden müssen, und der Verlustabzug wurde mit Ausnahme von Einkünften aus Leistungen gemäß § 22 Nr 3 EStG auf alle Einkunftsarten ausgedehnt. Bislang war die Verlustabzugsmöglichkeit Gewerbetreibenden, LuF und Selbstständigen vorbehalten. Zudem wurde der Verlustrücktrag eingeführt.
1982 (2. HStruktG 1981, BGBl I 1981, 1523) wurde die Verlustrücktragsmöglichkeit auf zwei Jahre ausgedehnt.
Ab VZ 1983 (StEntlG 1984, BGBl I 1983, 1583) wurde der rücktragsfähige Verlust von 5 Mio DM auf 10 Mio DM erhöht.
Das StReformG 1990 v 25.07.1988 (BGBl I 1093) sah erstmals für nichtausgeglichene Verluste, die ab VZ 1985 entstanden sind, einen zeitlich unbegrenzten Verlustvortrag vor, nachdem bis dahin eine lediglich fünfjährige Verlustvortragsmöglichkeit bestand. Mit dem StReformG 1990 wurde auch die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags eingeführt und der Verlustabzug beim Mantelkauf durch § 8 Abs 4 KStG ausgeschlossen. Für das Gebiet der ehemaligen DDR enthält § 57 Abs 4 EStG eine Sonderregelung.
Das StandOG v 13.09.1993 (BGBl I 1993, 1569) eröffnete die Möglichkeit, auf den Verlustrücktrag zu verzichten.
Mit dem StEntlG 1999/2000/2002 v 24.03.1999 (BGBl I 1999, 402) wurde mit der in § 2 Abs 3 EStG und § 10d EStG eingeführten vertikalen Verlustausgleichsbeschränkung die Verlustberücksichtigung erheblich eingeschränkt; zur Begründung (Haushaltssicherung und Steuervereinfachung) s BT-Drucks 14/23, 175; zu Einzelheiten s Rn 35ff. Weitere wesentliche Änderungen waren die Beschränkung des Verlustrücktrags auf den unmittelbar zurückgehenden VZ und die Begrenzung des Verlustrücktrags von DM 10 Mio auf DM 2 Mio für das Verlustentstehungsjahr 1999. Zudem ist der Verlustabzug mit dem StEntlG 1999/2000/2002 vorrangig vor SA, ag Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen vorzunehmen. Der Begriff "Verlust" wurde durch "negative Einkünfte" ersetzt; die Überschrift spricht allerdings noch von Verlust und in Abs 1 S 1 heißt es weiterhin Verlustrücktrag. Das StSenkG v 23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433) brachte die Beschränkung des Verlustrücktrags von 2 Mio DM auf 1 Mio DM.
Mit dem Korb-II-G v 22.12.2003 (BGBl I 2003, 2840) wurden die Bestimmungen über die vertikale Verlustausgleichsbeschränkung in den § 2 Abs 3 S 2–8 EStG wieder aufgehoben, wodurch 40 Seiten komplizierteste Erläuterungsversuche in EStH 2002, 9–22 und 431–463 weggefallen sind (und denen "sicherlich keiner nachweinen wird"; s Dötsch/Pung, DB 2004, 151), § 10d EStG entsprechend geändert und durch eine sog Mittelstandskomponente ergänzt, wonach Verluste in übersichtlichem Umfang bis EUR 1 Mio bzw EUR 2 Mio auch weiterhin in vollem Umfang vortragsfähig sind. Diesen Sockelbetrag übersteigende Verluste sind nur noch bis zu 60 % des Gesamtbetrags der Einkünfte abzugsfähig; eingehend s Rn 68ff.
Durch das JStG 2007 v 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2878) wurde § 10d Abs 4 S 6 EStG eingeführt; s Rn 78.
Mit dem UntStRefG v 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912) wurde in § 10d EStG Abs 1 S 2 neu eingefügt, der eine Thesaurierungsbegünstigung zum Gegenstand hat; s Rn 21. Im gleichen Zuge wurde § 8 Abs 4 KStG aF aufgehoben und der Verlustabzug für Körperschaften in § 8c KStG neu geregelt (s Rn 21).
§ 10d Abs 4 S 4 u 5 EStG wurde durch das JStG 2010 v 08.12.2010, BGBl I 2010, 1768 (s vor § 1 Rn 200 (Bitz)) neu gefasst. Bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags können die Besteuerungsgrundlagen grds nur in dem Umfang berücksichtigt werden, in dem sie bei der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt worden sind.
Durch das UntStReiseKG v 20.02.2013 (BGBl I 2013, 285): wurden die Rücktragsbeträge erhöht von EUR 511 000 auf EUR 1 Mio und von EUR 1 023 000 auf EUR 2 Mio.
Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften v 20.12.2016 (BGBl I 2016, 2998) wurde § 8d KStG als Ausnahmevorschrift zu § 8c Abs 1 KStG eingefügt.
Mit dem JStG 2018 v 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338) wurde der Verlustabzug für Körperschaften in § 8c Abs 1 KStG als Reaktion auf die Entscheidung des BVerfG (v 29.03.2017, 2 BvL 6/11, BStBl II 2017, ...