Dr. Carl Ulrich Hildesheim
Rn. 4
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Vor dem Gesetzgeber (s Rn 1) war bereits die FinVerw durch das BMF vom 19.03.2020, BStBl I 2020, 262 und BMF vom 24.04.2020, BStBl I 2020, 496 tätig geworden. Nach dem erstgenannten Schreiben ("Steuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung der Auswirkungen des Coronavirus") war ua eine Anpassung von Vorauszahlungen geregelt:
Die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich betroffenen StPfl können bis zum 31.12.2020 unter Darlegung ihrer Verhältnisse ua Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen auf die ESt stellen. Diese Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die StPfl die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können.
Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen, die nur Zeiträume nach dem 31.12.2020 betreffen, sind besonders zu begründen.
Rn. 5
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Hintergrund des zweiten BMF-Schreibens vom 24.04.2020 war, dass aufgrund der Corona-Krise und der damit verbundenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens viele StPfl mit Gewinneinkünften und Einkünften aus VuV dadurch negativ betroffen sind, dass sich ihre Einkünfte im Vergleich zu den Vorjahren erheblich verringern und sie für den VZ 2020 einen rücktragsfähigen Verlust (§ 10d Abs 1 S 1 EStG) erwarten müssen.
Von der Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ betroffene StPfl, die noch nicht für den VZ 2019 veranlagt worden sind, können in den zeitlichen Grenzen des § 37 Abs 3 S 3 EStG grundsätzlich eine Herabsetzung der festgesetzten Vorauszahlungen für 2019 beantragen.
Eine hinreichende Prognose und Darlegung solcher Verluste im Einzelfall sind gerade in der aktuellen Situation aufgrund der Unsicherheiten der wirtschaftlichen Entwicklung vielfach schwierig. Daher sollen nach den Vorstellungen im BMF-Schreiben vom 24.04.2020 Anträge auf Herabsetzung der Vorauszahlungen für den VZ 2019 auf der Grundlage eines pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus 2020 für alle Beteiligten vereinfacht abgewickelt werden können. Die Möglichkeit, im Einzelfall unter Einreichung detaillierter Unterlagen einen höheren rücktragsfähigen Verlust darzulegen, bleibt hiervon unberührt.
Rn. 6
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Zum wesentlichen Inhalt des BMF vom 24.04.2020, BStBl I 2020, 496 das unter der dortigen Nr 4 einen Beispielsfall enthält:
Die Inanspruchnahme des pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus 2020 zur nachträglichen Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2019 erfolgt nur auf Antrag. Der Antrag ist schriftlich oder elektronisch (zB mittels ELSTER) bei dem für die Festsetzung der ESt bzw KSt zuständigen FA zu stellen. Der Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen im pauschalierten Verfahren kann gleichzeitig mit dem Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2020 gestellt werden.
Der pauschal ermittelte Verlustrücktrag aus 2020 kann nur von estpfl oder kstpfl Personen in Anspruch genommen werden, die im Laufe des VZ 2020 Einkünfte iSd § 2 Abs 1 S 1 Nr 1, 2, 3 oder 6 EStG (Gewinneinkünfte oder Einkünfte aus VuV) erzielen. Das Erzielen von Einkünften anderer Einkunftsarten neben den vorgenannten Einkünften ist für die Inanspruchnahme des pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus 2020 unschädlich.
Der Antragsteller muss von der Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ betroffen sein. Es kann regelmäßig von einer Betroffenheit ausgegangen werden, wenn die Vorauszahlungen für 2020 auf null Euro herabgesetzt wurden und der StPfl versichert, dass er für den VZ 2020 aufgrund der Corona-Krise eine nicht unerhebliche negative Summe der Einkünfte erwartet.
Der pauschal ermittelte Verlustrücktrag aus 2020 beträgt 15 % des Saldos der maßgeblichen Gewinneinkünfte und/oder der Einkünfte aus VuV, welche der Festsetzung der Vorauszahlungen für 2019 zugrunde gelegt wurden. Er ist bis zu einem Betrag von 1 Mio EUR bzw bei Zusammenveranlagung von 2 Mio EUR (§ 10d Abs 1 S 1 EStG) abzuziehen. Die Vorauszahlungen für 2019 sind unter Berücksichtigung des pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus 2020 neu zu berechnen und festzusetzen. Eine Änderung der Festsetzung der Vorauszahlungen führt zu einem Erstattungsanspruch.
Rn. 7
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Ein Verlustrücktrag aus 2020 kann in der Veranlagung für 2019 erst nach Durchführung der Veranlagung 2020 berücksichtigt werden. In Fällen, in denen die Vorauszahlungen für 2019 aufgrund eines Verlustrücktrags aus 2020 gemindert wurden, führt die Veranlagung für 2019 daher mangels Berücksichtigung eines Verlustrücktrags aus 2020 idR zunächst zu einer Nachzahlung in entsprechender Höhe. Die auf den im Vorauszahlungsverfahren berücksichtigten Verlustrücktrag entfallende Nachzahlung für 2019 ist auf Antrag befristet bis spätestens einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids 2020 unter dem Vorbehalt der Zinsfestsetzung und unter dem Vorbehalt des Widerrufs zinslos zu stunden, wenn der StPfl zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung für den VZ 2019 weiterhin von einer nicht unerheblichen negativen Summe der Einkünfte für den VZ 2020 ausgehen kann. Be...