Rn. 321
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Allgemein s Rn 320.
(1) |
Nur 50 % der Stimmrechte der die Betriebs-KapGes beherrschenden Person/-engruppe reichen nicht aus: grundsätzlich BFH BStBl II 1972, 769; speziell zur Bedeutung des Überschreitens der 50 %-Grenze – auch geltend für die Besitz-PersGes – deutlich Stellung nehmend BFH v 20.05.2021, BFH/NV 2021, 1424 Rz 25; BFH BFH/NV 1991, 454; BStBl II 1990, 500; 1986, 364; 1986, 366; 1986, 296; 1985, 657; BFH v 18.08.2009, BFH/NV 2010, 208; FG München EFG 1991, 416. Wird bei stimmberechtigten Anteilen der/des beherrschenden Betriebsgesellschafter/s am Besitzunternehmen von genau oder weniger als 50 % dennoch eine Betriebsaufspaltung angestrebt, mehrheitlich nur an der Besitz-PersGes beteiligt ist, kann
(a) |
ausdrücklich Einzelgeschäftsführungs- und -vertretungsbefugnis in der Besitzgesellschaft für den Mehrheits-Betriebsgesellschafter vereinbart werden, |
oder
(b) |
ein Stimmrechtsbindungsvertrag des Mehrheits-Nur-Besitzunternehmers zugunsten des/der zugleich Betriebsgesellschafter/s abgeschlossen wird, was bei Ehegatten iSv s Rn 330 zu einer zusätzlich zur Ehe bestehenden Wirtschaftsgemeinschaft zwischen den Ehegatten führen würde (s auch BMF BStBl I 1986, 537; DB 1993, 1749; Kuhfuss, GmbHR 1990, 401; Piehler, DStR 1992, 1654; BFH BStBl II 1986, 362; 1986, 611). |
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(2) |
Die Beteiligungen der einzelnen Mitglieder der die Besitzgesellschaft beherrschenden "Personengruppe" an Besitz- und Betriebsgesellschaft sind im Verhältnis extrem entgegengesetzt ("konträr") und in der Folge ergeben sich einander widersprechende Interessen, die wirtschaftlich im Ergebnis einer Fremdverpachtung des Besitzunternehmens entsprechen: Eine Beherrschungsidentität ist in einem solchen Ausnahmefall nicht gegeben. Die sog Personengruppentheorie beruht nämlich auf der Grundannahme, dass die Gruppenmitglieder sich nicht gegenseitig "blockieren", sondern einheitlich entscheiden (BFH v 28.01.1993, BFH/NV 1993, 528), sodass deren Folgerungen nicht eintreten, wenn die ihr innewohnende Vermutung gleichgerichteter Interessen (s BFH v 16.05.2013, BFH/NV 2013, 1557 Rz 13; auch s Beschluss des BFH v 01.07.2008, BFH/NV 2008, 784) nicht greift. |
Das gilt aber ausnahmsweise nicht im Fall widerstreitender Interessen innerhalb einer aus Erben bestehenden maßgeblichen Personengruppe, dh eine somit fehlende Beherrschung von Besitz- und Betriebsgesellschaft kann nicht durch einen für alle von ihm vertretenen Beteiligten einheitlichen Testamentsvollstrecker ersetzt werden: Im Einzelnen s nachfolgend zu (6).
Beispiel (für konträre bzw Abgrenzung zu nicht-konträren Beteiligungsverhältnissen):
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Besitzunternehmen |
Betriebsgesellschaft |
Quelle |
A |
90 % |
10 % |
BFH BStBI II 1972, 796: keine Betriebsaufspaltung (?): s BFH BStBI II 1982, 662 |
B |
10 % |
90 % |
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Wie aber ist der Grenzfall |
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A |
80 % |
20 % |
BFH V 29.08.2001, BFH/NV 2002, 185: Betriebsaufspaltung gegeben; auch s BFH v 11.12.1974, BStBl II 1975, 266: an Betriebs-Gesellschaft im Verhältnis 88 %: 12 % beteiligt |
B |
20 % |
80 % |
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zu beurteilen? |
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A |
50 % |
98 % |
BFH v 24.02.1994, BStBI II 1994, 466: Betriebsaufspaltung gegeben |
B |
50 % |
2 % |
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A |
40 % |
60 % |
BFH v 24.02 .2000, BStBI II 2000, 417: Betriebsaufspaltung gegeben |
B |
40 % |
40 % |
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Den vorstehenden Beispielsfall einer Beteiligung von 80/20 bzw 20/80 an Besitz- und Betriebsgesellschaft hat der BFH als Betriebsaufspaltung qualifiziert, wobei er unterstellt hat, dass durch das gezielte gemeinschaftliche Handeln der Miteigentümer des verpachteten Grundbesitzes konkludent eine GbR entstanden sei, weshalb der einheitliche geschäftliche Betätigungswille der hinter beiden Gesellschaften stehenden Eheleute gegeben sei. Bezieht man dann noch das Urt des BFH v 24.02.2000, BStBl II 2000, 417 mit in die Betrachtung ein, wonach bei abweichenden Beteiligungsverhältnissen (im Urteilsfall 40/60 bzw 60/40 an Besitz- und Betriebsgesellschaft) gemeinsames Handeln geboten sei, weil unterschiedliche Entscheidungen bei Besitz- und Betriebsunternehmen das Ende der Doppelkonstruktion bedeuten würden, steht zu befürchten, dass auch der Fall BFH BStBl II 1972, 796 mit 90/10 und 10/90 möglicherweise heute anders beurteilt würde (hierzu – 90 %/10 % – auch s FG Hessen v 19.09.2007, EFG 2008, 448).
Soll eine Betriebsaufspaltung bei konträren Beteiligungsverhältnissen vermieden werden, sollten ständige tatsächlich stattgefundene ernsthafte Interessenkonflikte dokumentiert werden (BFH v 16.05.2013, BFH/NV 2013, 1557 Rz 38 mit Bezug auf BFH v 07.01.2008, BFH/NV 2008, 784; BFH v 24.04.2000, BStBl II 2000, 417 und BFH v 15.05.1975, BStBl II 1975, 781), das bloße Behaupten reicht bei einem tatsächlich nicht "gelebten" Stimmrechtsausschluss zur Vermeidung einer personellen Verflechtung nicht aus, vielmehr ist eine substantiierte Darlegung erforderlich (FG Köln v 23.11.2016, EFG 2017, 400; weiter BFH v 10.04.1997, BStBl II 1997, 569 und BFH v 26.11.1993, BStBl II 199, 876 zu 1.C. aE). Um eine von Jahr zu Jahr wechselnde Beurteilung zu vermeiden, ist – soweit man überhaupt das ...