Rn. 1581
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Bei bestimmten Einzel-WG steht die Buchwertfortführung unter dem Vorbehalt, dass diese WG während einer dreijährigen Behaltefrist (auch "Sperrfrist") nicht entnommen oder veräußert werden. Auch wenn die Gesetzesbegründung zu den Motiven dieser Regelung schweigt (Paus, FR 2002, 867), ist jedenfalls deutlich, dass mit ihr sichergestellt werden soll, dass die in der Buchwertfortführung liegende Begünstigung nicht der Vorbereitung einer Entnahme oder Veräußerung einzelner WG dienen soll (Kulosa in H/H/R, § 16 EStG Rz 560 (November 2018); Crezelius, FR 2002, 805). Dazu bedarf es mE zwar keiner solch rückwirkenden Regelung, da bei einer späteren Veräußerung oder Entnahme die stillen Reserven ebenfalls aufgedeckt werden, Zweck ist vielmehr, dass die zum Zeitpunkt der Realteilung vorhandenen stillen Reserven aufgedeckt werden sollen, und zwar im Kontext der realteilenden Mitunternehmerschaft, nicht im wirtschaftlichen Kontext des übernehmenden Realteilers. Zur Frage der Gewinnzurechnung s Rn 1603. Daher kommt es auch nicht darauf an, dass die schädlichen Ereignisse (Entnahme bzw Veräußerung) ihrerseits steuerbare Sachverhalte darstellen (aA Pupeter in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Anhang 10: Realteilung Rz 661 (Juli 2014)).
Rn. 1582
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Es handelt sich daher um eine typisierende Missbrauchsvermeidungsvorschrift (Graw in K/S/M, § 16 EStG Rz F87 (Dezember 2017)), wobei es auf eine entsprechende Planung nicht ankommt. Vorrangig soll damit die Ausnutzung eines eventuellen Steuersatzgefälles oder die unberechtigte Anwendung der §§ 16, 34 EStG verhindert werden (Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 552 (39. Aufl)), aufgrund der typisierenden Betrachtung kommt es aber selbst dann zum rückwirkenden Ansatz des gemeinen Wertes, wenn die Realteiler solche Vorteile nicht in Anspruch genommen haben. Für eine teleologische Reduktion ist insoweit kein Raum.
Rn. 1583
Stand: EL 148 – ET: 12/2020
Der rückwirkende Bezug auf die Realteilungsmitunternehmerschaft führt dazu, dass Verursacher und Betroffene der Steuerfolgen auseinanderfallen können (zur Möglichkeit der vertraglichen Zuordnung des Aufdeckungsgewinns s Rn 1605), weshalb die Vorschrift als problematisch angesehen wird (Graw in K/S/M, § 16 EStG Rz F87 (Dezember 2017)), mitunter wird auch bezweifelt, dass aufgrund der erforderlichen langjährigen Überwachung eine gleichheitssatzkonforme Vollziehung möglich sei (Kulosa in H/H/R, § 16 EStG Rz 562 (November 2018)). Diese dem Grunde nach berechtigten Bedenken erweisen sich in der Praxis aufgrund der Beschränkung des Anwendungsbereichs auf wesentliche Betriebsgrundlagen und der Möglichkeit der vertraglichen Zuordnung der Besteuerungsfolgen auf den diese auslösenden Realteiler (vgl BMF v 19.12.2018, BStBl I 2019, 6 Tz 29) mE als nicht allzu schwerwiegend.