Rn. 129
Stand: EL 156 – ET: 02/2022
Bei der Begriffsbestimmung geht die Rspr und die ihr folgende (noch) hM vom Prinzip der Einzelähnlichkeit aus. Da weder die freiberufliche Tätigkeit eindeutig definiert noch ein übergreifender Begriff des Katalogberufs entwickelt worden sei (BFH BStBl III 1956, 89), genügt es hiernach nicht, bei dem vorzunehmenden Ähnlichkeitsvergleich allein auf die Ähnlichkeit der Berufstätigkeit mit bestimmten, für die Katalogberufe insgesamt oder für eine Gruppe von Katalogberufen charakteristischen Merkmalen (Gruppenähnlichkeit, Rz 132ff) abzustellen (BFH BStBl II 1971, 319; 1973, 730; 1976, 464; 1984, 823; 1993, 235; 1995, 235; 1996, 687; 1998, 139; 2003, 27; 2003, 30; 2003, 919; 2015, 128; 2017, 908; 2019, 528; 2019, 532). Wenn der Gesetzgeber nur ganz bestimmte und ungleichartige Katalogberufe der freiberuflichen Tätigkeit zugeordnet und dies durch die Streichung des Wortes "insbesondere" im Zuge der Erweiterung des Kataloges durch das StÄndG v 30.07.1960 (BGBl I 1960, 610) unterstrichen habe, so stehe dies einer allein aus rechtspolitischen Erwägungen empfohlenen großzügigen Auslegung zur fortlaufenden Anpassung an neu entstehende Berufe entgegen (ebenso Wolff-Diepenbrock, DStZ 1981, 333, 338; Kempermann, FR 1990, 535; Stuhrmann in K/S/M, § 18 EStG Rz B 159; Brandt in H/H/R, § 18 EStG Rz 215 (Februar 2020) und DStZ 2002, 267; Hutter in Blümich, § 18 EStG Rz 160; ferner Stöcker in Lademann, § 18 EStG Rz 510; aA Stahl, Anm StRK EStG 74 § 18 R 508; Glanegger/Güroff, § 2 GewStG Rz 247, 254 mwN (10. Aufl); Reich/Helios, BB 2002, 2534). Zur Kritik s Rn 132ff.
Rn. 129a
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Ähnlichkeit besteht nach der hM, wenn die zu beurteilende Tätigkeit in wertender Beurteilung nach ertragsteuerlichen Grundätzen in wesentlichen Punkten mit dem Katalogberuf verglichen werden kann (vgl BFH BStBl II 1978, 565; 1983, 677; 1986, 15; 1986, 520; 1988, 666; 1989, 189; 1990, 64; 1991, 878; 1993, 100; 1993, 235; 1996, 518; 2017, 908; 2019, 528; 2019, 532). Dazu muss – nach neueren Formulierungen – der tatsächlich ausgeübte Beruf Tätigkeitsmerkmale eines Katalogberufs aufweisen, die in ihrer Gesamtheit dem typischen Berufsbild dieses Berufs in allen für diesen charakteristischen Merkmalen entsprechen (vgl die oben angegebene Rspr). Der Katalogberuf und der Vergleichsberuf müssen in den für das Gesamtbild beider Berufe typischen Merkmalen, dh in ihren Schwerpunkten bzw ihrem Kernbereich, übereinstimmen (BFH BStBl II 1993, 235; 2003, 27; 2003, 30; 2003, 761; 2003, 919 mwN; Zaumseil, FR 2010, 353). Hingegen genügt es nicht, dass der StPfl Tätigkeiten ausübt, die auch von dem betreffenden Katalogberufler ausgeübt werden (BFH BStBl II 1988, 497; 1990, 73; 1991, 878; 1998, 139; 2002, 826 und die übrige oben angegebene Rspr). Auch darf die ausgeübte Tätigkeit nicht bloß einen kleinen Ausschnitt aus dem Katalogberuf umfassen (BFH BStBl II 1998, 139; 2019, 528; 2019, 532). Bei der Bestimmung des Leistungsbildes werden Honorarordnungen nur ergänzend herangezogen (BFH BStBl II 1990, 64; BFH/NV 2002, 1026). Zur Ausbildung s Rn 130a.
Rn. 129b
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Die Feststellung, ob die Tätigkeit im Einzelfall berufstypisch ist, obliegt dem FG mit Bindungswirkung für den BFH (§ 118 Abs 2 FGO). Entsprechendes gilt für die Frage, ob die Darstellung des StPfl zu seiner Tätigkeit glaubhaft ist und ob die zum Nachweis vorgelegten Arbeits- und sonstigen Unterlagen von ihm stammen. Ggf kann die Einholung eines Sachverständigengutachtens hierzu erforderlich sein (BFH BFH/NV 2010, 1650; v 11.11.2014, VIII R 17/12, zu FG Mchn EFG 2012, 1489).
Rn. 129c
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Der Ähnlichkeitsvergleich kann auch mit mehreren Berufen vorzunehmen sein (BFH BStBl III 1952, 170; BStBl II 1973, 730). Das kann dazu führen, dass ein ähnlicher Beruf auch dann angenommen wird, wenn die zu beurteilende Tätigkeit jeweils nur teilweise zwei Katalogberufen vergleichbar ist, wie beim Wirtschaftsingenieur (BFH BStBl II 2003, 919; 2007, 116). Im Übrigen ist seit jeher und nach wie vor anerkannt, dass eine gewisse Spezialisierung wie in einem Katalogberuf unschädlich ist (BFH BStBl II 1975, 665; 1985, 584; 1990, 84; 1991, 769; Paus, DStZ/A 1986, 120).
Rn. 129d
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Aus den neueren Formulierungen lässt sich mE daher keine Tendenz zu einem engeren Verständnis des Begriffs "Ähnlichkeit" ableiten (aA Hutter in Blümich, § 18 EStG Rz 157). Das gilt auch deswegen, weil der BFH häufig im Einzelfall bei großzügiger Subsumtion die seinen Entscheidungen vorangestellten Grundsätze selbst nicht so "streng" versteht, wie zB beim EDV-Berater (BFH BStBl II 2004, 989), beim Wirtschaftsingenieur (BFH BStBl II 2003, 919; 2007, 118) und bei den Heil(hilfs)berufen (BFH BStBl II 2004, 509; 2004, 954).
Rn. 130
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Das Berufsbild wird durch den Ausbildungsgang, den Tätigkeitsbereich und das Tätigkeitsbild bestimmt (BFH BStBl II 1990, 64; 1990, 73; 1991, 878; 1993, 235; 1996, 518; 2004, 509; BFH/NV 1994, 4...