Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Rn. 1469
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Wird bei Fälligkeit einer sonstigen Kapitalforderung iSd § 20 Abs 1 Nr 7 EStG anstelle der Rückzahlung des Nominalbetrags eine vorher festgelegte Anzahl von Wertpapieren (ab VZ 2021 nur noch Wertpapiere iSv § 20 Abs 1 Nr 1 EStG) geliefert, fingiert § 20 Abs 4a S 3 EStG das Entgelt für den Erwerb der Kapitalforderung als Veräußerungspreis der Kapitalforderung. Zugleich ist das Entgelt für den Forderungserwerb als AK der erhaltenen Wertpapiere (Aktien) anzusetzen.
Beispiel: Ausübung eines Inhaberwahlrechts
Anleger K erwirbt von seiner Bank eine Wandelanleihe zum Nominalwert von EUR 10 000. Fristgerecht übt K sein Recht zugunsten der Lieferung von Aktien der Z-AG aus zum Kurswert von EUR 12.000. Kurz darauf veräußert K seine Aktien der Z-AG für EUR 14 000.
Die Ausübung des Inhaberwahlrechts zugunsten der Lieferung von Aktien ist nach § 20 Abs 4a S 3 EStG steuerlich unbeachtlich. Die Bank hat keine KapSt einzubehalten. Die AK der Aktien wird fingiert mit den AK der Wandelanleihe von EUR 10 000. Bei Veräußerung der Aktien ist der Veräußerungsgewinn von EUR 4 000 (EUR 14 000 ./. EUR 10 000) zu versteuern.
Gleiches gilt, wenn der Emittent bei Eintritt bestimmter Bedingungen anstatt des Nominalbetrages auszuzahlen, eine bestimmte Anzahl bestimmter Aktien zu liefern.
Beispiel: Ausübung eines Emittentenwahlrechts
Anleger K erwirbt von seiner Bank Aktienanleihen zum Nominalwert von EUR 10 000. Fristgerecht übt die Bank (Emittent) ihr Recht zugunsten der Lieferung von Aktien der Y-AG aus zum Kurswert von EUR 8 000. Ein Jahr später veräußert K die Aktien der Y-AG für EUR 11 000.
Die Ausübung des Emittentenwahlrechts zugunsten der Lieferung von Aktien ist nach § 20 Abs 4a S 3 EStG steuerlich unbeachtlich. Die AK der Aktien wird fingiert mit den AK der Aktienanleihe von EUR 10 000. Bei Veräußerung der Aktien ist der Veräußerungsgewinn von EUR 1 000 (EUR 11 000 ./. EUR 10 000) zu versteuern.
Bei der Einlösung von Kapitalforderungen in der Form von Lieferung von Wertpapieren (zB Aktien) verbleiben häufig Bruchteile, die nicht in Wertpapieren geliefert werden können, sondern durch Barzahlung ausgeglichen werden. Werden bei der Tilgung von sonstigen Kapitalforderungen mittels Andienung von Wertpapieren (zB Aktien) Bruchteile nicht geliefert, sondern in Geld ausgeglichen, handelt es sich bei den Zahlungen grundsätzlich um einen KapErtr iSd § 20 Abs 1 Nr 7 EStG (§ 20 Abs 4a S 3 Hs 2 iVm S 2 EStG). Stehen die Emissionsbedingungen von vornherein eine eindeutige Angabe zur Tilgung in bar oder in Stücken vor und wird entsprechend am Ende der Laufzeit verfahren, werden die AK der Anleihe entsprechen den erhaltenen Stücken zugewiesen (Beispiele s BMF v 19.05.2022, BStBl I 2022, 742 [Einzelfragen zur AbgSt] Tz 106 u 107).
Rn. 1470
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
vorläufig frei