Rn. 38
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
Nach § 1567 Abs 1 BGB leben Ehegatten getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Ein Getrenntleben im bürgerlich-rechtlichen Sinne schließt das dauernde Getrenntleben iSd § 26 EStG nicht mit ein, ebenso Seeger in Schmidt, § 26 EStG Rz 11, 37. Aufl; aA Ettlich in Blümich, § 26 EStG Rz 55, 145. Aufl; ausführlich dazu s Rn 50.
Es handelt sich um einen originär steuerlichen Begriff. Ehegatten leben im steuerlichen Sinne nicht dauernd getrennt, solange die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und insb Wirtschaftsgemeinschaft auf Dauer noch besteht, also nicht endgültig aufgehoben ist, BFH BStBl III 1967, 84; 1967, 110; BFH/NV 1998, 585; FG D'dorf v 29.06.2000, 8 K 8166/99 E. Lebensgemeinschaft ist die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten (BFH BStBl II 1973, 487; 1973, 640), Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens, BFH BFH/NV 1999, 951. Nach dem Beschluss des BVerfG v 07.05.2013 (BVerfG v 05.07.2013, 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06 u 2 BvR 288/07, DStR 2013, 1228) und der Einfügung von § 2 Abs 8 EStG gelten die Regelungen für das nicht dauernde Getrenntleben auch für die eingetragenen Lebenspartnerschaften (s Rn 31a).
Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall noch erfüllt sind, ist Tatfrage (BFH BFH/NV 1998, 163), und die Entscheidung ist anhand des Gesamtbildes der äußerlich erkennbaren Merkmale zu treffen, wobei einzelnen Umständen ein besonderes Gewicht zukommen kann. Die objektive Feststellungslast trifft die Ehegatten, vgl FG D'dorf aaO.
Zum Umfang der Sachaufklärungspflicht durch das FG vgl BFH BFH/NV 1987, 431. Um insoweit ein unangemessenes Eindringen in die Privatsphäre der Ehegatten auszuschließen, hat die FinVerw im Regelfall die Angaben der Ehegatten zum nicht dauernden Getrenntleben anzuerkennen, es sei denn, die äußeren Umstände lassen das Bestehen einer Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft fraglich erscheinen, H 26 EStH 2017 "Getrenntleben". Beantragen die Eheleute die Zusammenveranlagung, so spricht eine Vermutung gegen dauerndes Getrenntleben, BFH BStBl II 1973, 173.
Die Rspr der FG hat sich in den letzten Jahren mit den neuen Lebensformen der Lebensgemeinschaften von Ehegatten befasst. Nach FG Nds (FG Nds v 23.06.2015, 13 K 225/14, EFG 2015, 1945 rkr) kann die eheliche Lebensgemeinschaft fortbestehen, wenn ein an Demenz erkrankter Ehegatte in einem Pflegeheim untergebracht ist und der andere Ehegatte mit einer neuen Lebensgefährtin zusammenlebt.
Nach FG Münster liegt kein dauerndes Getrenntleben vor, wenn die Ehegatten trotz räumlichen Getrenntlebens ihre persönliche und geistige Lebensgemeinschaft fortführen und die Wirtschaftsgemeinschaft unverändert gegenüber der Zeit vor der räumlichen Trennung beibehalten (FG Münster v 22.02.2017, 7 K 2441/15 E, EFG 2017, 573 rkr).
Rn. 39
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
Die Ehegattenveranlagung nach § 26 EStG endet spätestens mit Ablauf des Jahres, in dem das Scheidungsurteil rkr wird. Der Ehescheidung entspricht für Lebenspartner die Aufhebung iSd § 15 LPartG. Nachdem eine Scheidung grds ein einjähriges Getrenntleben voraussetzt (§ 1566 BGB), endet die Ehegattenveranlagung üblicherweise in dem Jahr, in dem die Ehegatten dauernd getrennt leben, ebenso Müller DStZ 1997, 86.
Von besonderer Bedeutung in diesem Zusammenhang ist die räumliche Trennung der Ehegatten. Hierin liegt ein wesentliches Beweisanzeichen, das für dauerndes Getrenntleben spricht, es sei denn, die Ehegatten haben erkennbar die Absicht, die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft aufrecht zu erhalten. Unbeachtlich sind daher zB beruflich bedingte längere Auslandsaufenthalte sowie längere Abwesenheit eines Ehegatten infolge Krankheit oder Verbüßens einer Freiheitsstrafe, solange die eheliche Gemeinschaft, wenn auch nur in begrenztem Umfang, noch besteht, zB Telefonate, Briefwechsel, gemeinsame Entscheidungen über wichtige Fragen des ehelichen Lebens – auch finanzieller Art – oder der Kindererziehung.
Nach Wegfall der Hindernisse müssen die Ehegatten ersichtlich gewillt sein, die volle eheliche Gemeinschaft wiederherzustellen, BFH BStBl III 1967, 84; EFG 1997, 414 rkr. Dabei steht die fortbestehende Wirtschaftsgemeinschaft der Ehegatten im Vordergrund, die sich darin konkretisiert, dass die Eheleute übereinstimmend die Verteilung des gemeinschaftlichen Einkommens planen und über dessen Verwendung zugunsten der Familie bestimmen, BFH BStBl II 1973, 487; 1973, 640.
Ist bei räumlicher Trennung der Wille der Ehegatten zur Wiederherstellung der so verstandenen Wirtschaftsgemeinschaft nicht feststellbar, so ist der Fortbestand der Gütergemeinschaft oder die bloße fortlaufende Unterhaltsgewährung kein Indiz für nicht dauerndes Getrenntleben, BFH BStBl II 1973, 640. Diesem Willen steht außerdem entgegen, wenn sich die Ehegatten anderen Partne...