Jürgen Dräger, Tobias Müller
Rn. 1591
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die Aufzählung der Übertragungen in § 6 Abs 5 S 3 EStG ist abschließend. Sie umfasst folgende in der Skizze unter s Rn 1512 dargestellten "normalen" Übertragungswege einzelner WG (positiver und negativer WG):
- nach Nr 1 aus einem BV des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt,
- nach Nr 2 aus dem Sonder-BV eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der er beteiligt ist, und umgekehrt, sowie
- nach Nr 3 zwischen den jeweiligen Sonder-BV verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft.
Zur Ergänzung folgende Sonderformen der Übertragung (BMF v 08.12.2011, BStBl I 2011, 1279 Tz 9): Übertragender im Sinne dieser Teil-Rechtsnorm ist der Mitunternehmer, der einen oder mehrere weitere Betriebe unterhält oder aber Sonder-BV bei dieser Mitunternehmerschaft oder bei einer anderen innehat. Das gilt auch bei einer doppelstöckigen PersGes, bei der die Muttergesellschaft auch Mitunternehmer der Tochtergesellschaft und der Mitunternehmer Gesellschafter der Mutter-PersGes sein kann (s Rn 1746). Ebenso gilt dies bei Mitunternehmerschaften ohne Gesamthandsvermögen, wie der atypisch stillen Gesellschaft (s Rn 1741).
Auch für Körperschaften soll diese Rechtsnorm anwendbar sein, allerdings sind bei Übertragungen unter Beteiligung einer KapGes die Regeln der vGA und verdeckten Einlage zu beachten (s Rn 1543).
Der Begriff der Mitunternehmerschaft richtet sich nach § 15 Abs 1 Nr 2 EStG. Wie nach den Überführungsvorschriften in § 6 Abs 5 S 1 und 2 EStG (s Rn 1581) ist es unerheblich, ob das betreffende WG oder die WG dem AV oder UV zuzuordnen ist oder ob es sich dabei um eine wesentliche Betriebsgrundlage des abgebenden BV handelt.
Der Zeitpunkt der Übertragung wird durch den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nach § 39 Abs 2 Nr 1 S 1 AO bestimmt. Übertragungen aus dem PV unterfallen nicht dem Anwendungsbereich des § 6 Abs 5 S 3–6 EStG.
Rn. 1592
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
§ 6 Abs 5 S 3 EStG erfasst ausschließlich die Übertragung von einzelnen (auch mehreren) WG. Bei Übertragung von Sachgesamtheiten finden die Vorschriften des § 6 Abs 3 EStG und § 24 UmwStG vorrangig Anwendung, wenn die dortigen Voraussetzungen erfüllt sind (Sachgesamtheiten, dh Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil). Dies ist insb bei der gleichzeitigen Übernahme von Verbindlichkeiten zu prüfen (Auffassung der FinVerw BMF v 08.12.2011, BStBl I 2011, 1279 Tz 12).
Zu berücksichtigen ist, dass die Vorschrift des § 6 Abs 3 EStG die Anwendung des § 6 Abs 5 EStG nicht ausschließt, sondern nach neuerer Rspr des BFH beide Bewertungsvorschriften zur Anwendung kommen können (zB bei Übertragung wesentlicher Betriebsgrundlagen bei gleichzeitiger Übertragung des verbleibenden Teilbetriebs nach § 6 Abs 5 EStG, s Rn 1405, 1421, 1422, 1601, nunmehr zustimmend BMF v 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291 Rz 11).
Nach Auffassung der FinVerw unterfällt die Einbringung einer 100 %igen Beteiligung an einer KapGes gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ebenfalls § 24 UmwStG und nicht § 6 Abs 5 S 3 EStG, weil sie entgegen der Rspr des BFH in diesen Fällen die Übertragung einer Sachgesamtheit annimmt (vgl BMF v 11.11.2011, BStBl I 2011, 1134 Tz. 24.02; BFH von 17.07.2008, I R 77/06, BStBl II 2009, 464).
Bei "Ausbringung" von Sachgesamtheiten liegt eine Realteilung nach § 16 Abs 3 S 2 EStG vor. Diese Regelung findet nach Auffassung des BFH auch dann vorrangig vor § 6 Abs 5 S 3 EStG Anwendung, wenn ein Mitunternehmer gegen Sachwertabfindung in Gestalt von einzelnen WG aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet. Den Anwendungsvorrang des § 16 Abs 3 S 2 EStG hat der BFH v 17.09.2015, III R 49/13, BStBl II 2017, 37 Rz 42 und BFH v 30.03.2017, IV R 11/15, BFHE 257, 324 Rz 35 bestätigt (s Rn 1751).
Rn. 1593
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Die Übertragungen unterfallen dem Anwendungsbereich des § 6 Abs 5 EStG nur, wenn die Übertragungen nach Nr 1 und Nr 2 unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten sowie nach Nr 3 unentgeltlich erfolgen (s Rn 1542, 1615f). Gesetzlich nicht geregelt sind damit teilentgeltliche Übertragungen (s Rn 1731). Zu Übertragungen zwischen beteiligungsidentischen PersGes, s Rn 1720.
Rn. 1594
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Diese Übertragungen durch Kauf, Tausch oder Schenkung führen zu einem Rechtsträgerwechsel (zur Begriffsabgrenzung zw Übertragung und Überführung von WG s Rn 1515). Der damit verbundene Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an dem WG kann dazu führen, dass die stillen Reserven weiterhin dem Übertragenden zuzurechnen sind, aber auch zu einem Überspringen der stillen Reserven aufgrund eines Rechtsträgerwechsels. Lediglich für die letztgenannte Fallgruppe findet die Sperrfristregelung des S 4 Anwendung (s Rn 1671).
Rn. 1595
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
In beiden Fällen sieht das Gesetz für Übertragungen nach § 6 Abs 5 S 3 EStG eine entsprechende Anwendung von S 1 mit der Rechtsfolge ...