Jürgen Dräger, Tobias Müller
Rn. 722
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die eher verwirrende, unter s Rn 695 aufgegliederte BFH-Rspr zur Bilanzsanierung von Tochter-KapGes erleichtert die Steuerplanung nicht gerade. Hinzu kommt das Erfordernis, immer beide Besteuerungsebenen in das Kalkül einzubeziehen. Andererseits hat das StEntlG 1999/2000/2002 eine weitgehend korrespondierende Bilanzierung bei Mutter und Tochter bewirkt (s Rn 716).
Von folgenden Fakten bzw Vorgaben sollte die Steuerplanung ausgehen:
Vorab bedarf es einer Entscheidung darüber, ob nur der "exit" (Liquidation der Tochter, einperiodischer Vorgang) oder tatsächlich die Sanierung auf Dauer (mehrperiodisch) geplant werden soll.
Rn. 723
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die weiteren Hinweise nachstehend berücksichtigen nur die "Dauersanierung".
- Soll ein Forderungsverzicht (idR wertlose Forderung) oder ein Barzuschuss bzw eine Verlustübernahme (unterstellt werthaltig s Rn 719) erfolgen?
- Der Verzicht auf die wertlose Forderung führt bei der Gesellschaft zu Gewinn (GrS BFH BStBl II 1998, 307), der mit dem Verlustvortrag verrechnet werden kann, und beim Gesellschafter zu direktem Aufwand (Teilwert der Forderung = 0) s Rn 716, allerdings nicht bei einer Mutter-KapGes (s Rn 728) und ab 2015 für natürliche Personen/PersGes mit mehr als 25 % Anteilsbesitz.
- Der (als werthaltig s Rn 719) unterstellte Barzuschuss bzw die Verlustübernahmeverpflichtung (s Rn 711) ist Einlage bei der Tochtergesellschaft und erhöht die AK auf die Beteiligung beim Mutterunternehmen (s Rn 706). Ob dann sofort eine anschließende Teilwertabschreibung möglich ist, hängt von den jeweiligen Verhältnissen bei der Tochtergesellschaft ab. Die Durchsetzbarkeit im Rechtswege muss anhand der BFH-Rspr in s Rn 695 abgeklärt werden (auch s Rn 734ff).
- Eine Bezugnahme des FA auf die bisherige BFH-Rspr zu § 17 EStG ("nachträgliche" AK sowohl bei Forderungsverzicht als auch bei Barzuschuss etc) ist mit Entschiedenheit entgegenzutreten (s Rn 701f).
- Die (teilweise) Neutralisierung der Ergebnisauswirkungen von Teilwertabschreibungen und -zuschreibungen im Teileinkünfteverfahren ist zu berücksichtigen (s Rn 720). Dabei ist zwischen Anteilen im einkommensteuerlichen und im körperschaftsteuerlichen BV zu unterscheiden.
- Sanierungsmaßnahmen vor dem 01.01.1999 sind aufzuspüren und rechtstechnisch zu analysieren (s Rn 745).
Rn. 724
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die nachstehenden Fallstudien gehen von folgender Bilanzstruktur aus:
Aktiva |
Bilanz bei Gründung |
Passiva |
|
GE |
|
GE |
Diverse Aktiva |
2 000 |
Eigenkapital |
2 000 |
|
Aktiva |
Bilanz in der Krise |
Passiva |
|
GE |
|
GE |
Nicht durch EK gedeckter Fehlbetrag |
5 000 |
Eigenkapital
- Durch EK gedeckter Fehlbetrag
|
2 000 ./. 2 000 |
|
|
|
0 |
|
|
Gesellschafterdarlehen |
5 000 |
|
5 000 |
|
5 000 |
dga) Einperiodische Sicht
Rn. 725
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Zunächst zu den Besteuerungsfolgen bei Planung der Insolvenz. Hier ist die Besteuerungsebene der Gesellschaft ohne Relevanz, weil der dortige Verlustvortrag verlorengeht.
Für den (bilanzierenden) Gesellschafter sind die Belastungseffekte der Insolvenz in Schema 1 und 2 dargestellt.
Schema 1: Insolvenz der Tochter-KapGes in einem körperschaftsteuerlichen BV
|
|
(1) Verzicht auf wertlose Forderung bis 2007 |
(2) Verzicht auf wertlose Forderung ab 2008 |
(3) Ex-ante-EK-Finanzierung (zum Vergleich) |
|
|
GE |
GE |
GE |
1. |
Ebene des Gesellschafters |
|
|
|
|
Forderungsverlust |
./. 5 000 |
./. 5 000 |
|
|
Erhöhung der AK auf Beteiligung |
|
+ 5 000 |
|
|
Verlust Beteiligung (§ 8b Abs 3 KStG) |
0 |
0 |
0 |
|
Σ = Bemessungsgrundlage |
./. 5 000 |
0 |
0 |
2. |
Beide Besteuerungsebenen (effektiv nur Gesellschafter) |
./. 5 000 |
0 |
0 |
3. |
Vergleich: Höhe des Investments |
7 000 |
7 000 |
7 000 |
4. |
Steuerunwirksamer Verlust |
2 000 |
7 000 |
7 000 |
GE = Geldeinheiten
Schema 2: Insolvenz der Tochter-KapGes in einem einkommensteuerlichen BV
|
|
(1) Verzicht auf wertlose Forderung bis VZ 2014 |
(2) Verzicht auf wertlose Forderung und Beteiligung > 25 %, keine fremdüblichen Darlehensbedingungen |
(3) Ex-ante-EK-Finanzierung (zum Vergleich) |
|
|
GE |
GE |
GE |
1. |
Ebene des Gesellschafters |
|
|
|
|
Forderungsverlust |
./. 5 000 |
./. 5 000 |
|
|
Erhöhung der AK auf Beteiligung |
0 |
+ 5 000 |
|
|
Verlust Beteiligung |
./. 60 % x 2 000 |
./. 60 % x 7 000 |
./. 60 % × 7 000 |
|
Σ = Bemessungsgrundlage |
./. 6 000 |
./. 4 200 |
./. 4 200 |
2. |
Beide Besteuerungsebenen (effektiv nur Gesellschafter) |
./. 6 200 |
./. 4 200 |
./. 4 200 |
3. |
Vergleich: Höhe des Investments |
7 000 |
7 000 |
7 000 |
4. |
Steuerunwirksamer Verlust |
800 |
2 800 |
2 800 |
Aus Sicht der Steuerplanung und -abwehrberatung ist beachtlich:
- Es gelingt in beiden Strukturen nicht, den gesamten erlittenen Verlust durch das fehlgeschlagene Investment auf die Besteuerungsebene der Mutterunterunternehmung zu transferieren.
- Die Finanzierung durch Gesellschafterdarlehen war der EK-Finanzierung bis 2007 vorzuziehen.
- Ab 2008 entsprechen sich regelmäßig EK-Finanzierung und Darlehensfinanzierung bei KapGes als Muttergesellschaft
- Bei erforderlicher Berücksichtigung von Verlusten der Tochtergesellschaft ist die Rechtsform der PersGes vorzuziehen, ab 2015 ist bei Beteiligungsquote > 25 % Verlustberücksichtigu...