Jürgen Dräger, Tobias Müller
Büttner/Wenzel, Festbewertung DB 1992, 1894;
Veigel/Lentschig, Festbewertung StBp 1994, 881.
Verwaltungsanweisungen:
R 5.4 Abs 3 EStR 2012;
BMF v 26.02.1992, IV B 2 – S 2174a – 3/92, DStR 1992, 542;
BMF v 08.03.1993, BStBl I 1993, 276 (Voraussetzungen für den Ansatz von Festwerten).
Rn. 95
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die Festbewertung in Inventar und Bilanz nach § 240 Abs 3 HGB iVm 256 S 2 HGB stellt eine weitere Ausnahme v Grundsatz der Einzelbewertung dar. Es handelt sich um ein besonderes Verfahren zur Bestandsermittlung und Bewertung von Sachanlagen und Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, das jedoch keine Anwendung findet auf Vorratsvermögen, das zum Verkauf bestimmt ist (BFH v 21.08.2012, X B 5/12, BFH/NV 2013, 35). Es wird eine feste Menge mit einem gleichen Wert von Jahr zu Jahr in der Bilanz fortgeführt.
Dieses Verfahren fingiert einen periodenübergreifend etwa gleichmäßigen Zu- und Abgang der betreffenden WG. Planmäßige Abschreibungen auf den Festwert erfolgen also nicht, außerplanmäßige (Teilwertabschreibungen) sind dem Grunde nach zulässig bzw erforderlich. Der Sinn der Festbewertung liegt eindeutig in der Vereinfachung des Inventuraufnahmeverfahrens und der Bewertung.
Rn. 96
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Voraussetzungen für die Zulässigkeit nach § 240 Abs 3 S 1 HGB:
- regelmäßiger Ersatz der betreffenden WG,
- nachrangige Bedeutung für den Gesamtwert des Unternehmens,
- geringfügige Schwankungen von Größe, Wert und Zusammensetzung.
Diese drei Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Fällt eine dieser Voraussetzungen weg, muss zum nächsten Bilanzstichtag das Festwertverfahren aufgegeben werden.
Die FinVerw (BMF v 26.02.1992, IV B 2 – S 2174a – 3/92, DStR 1992, 542) verlangt ergänzend eine "grundsätzliche" Gleichartigkeit der zusammengefassten WG, und zwar in Form einer etwa gleichen Nutzungsdauer dieser WG. Die Festbewertung unterscheidet sich trotz des gemeinsamen Zwecks der Vereinfachung von der Gruppenbewertung dadurch, dass bei der letzteren ein gleichbleibender Bilanzansatz nicht in Betracht kommen kann.
Die steuerliche Behandlung folgt hier der handelsrechtlichen, es liegt also ein typischer Anwendungsfall des Maßgeblichkeitsprinzips vor (BFH BStBl II 1994, 232). Die Festwertbildung ist zulässig bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG ggf iVm § 5 EStG und auch für nicht nach Handelsrecht Buchführungspflichtige gem § 141 Abs 1 S 2 AO.
Rn. 97
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Festwerte können für WG des Sachanlage- (s Rn 534) und des Vorratsvermögens (ohne Erzeugnisse s Rn 778) gebildet werden, nicht dagegen für Finanzanlagen, übriges UV und Verbindlichkeiten. Für Ersatzteile des Vorratsvermögens, speziell im Steinkohlenbergbau, hat die FinVerw eine Spezialregelung vorgesehen (BMF v 12.07.1993, BB 1993, 1767). Besonders wertvolle WG (Edelsteine, Gold) sollen der Festbewertung nicht zugänglich sein (BMF v 26.02.1992, IV B 2 – S 2174a – 3/92, DStR 1992, 542). ME zutreffend, weil sonst das Kriterium der Nachrangigkeit in § 240 Abs 3 S 1 HGB nicht erfüllt ist.
Rn. 98
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Das Kriterium der "Regelmäßigkeit" für die Ersatzbeschaffung muss sich nicht innerhalb eines Jahres erfüllt werden. Eine längerfristige Betrachtungsweise ist hier angebracht.
Rn. 99
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Das Kriterium der "geringfügigen Schwankung" ist nicht weiter definiert. Hilfsweise kann auch nicht die 10 %-Grenze in R 5.4 Abs 3 EStR 2012 herangezogen werden. Nach dieser Vorschrift ist eine Festwertanpassung vorzunehmen, wenn gegenüber dem bisher ermittelten Wert zu einem bestimmten Bilanzstichtag ein um 10 % abweichender Wert festgestellt wird. Damit ist aber noch nicht die Festbewertung überhaupt angesprochen, die ja von dem Kriterium der geringfügigen Veränderung dem Grunde nach abhängig ist. In der Praxis der Bp wird die Neuermittlung des Festwertbestandes idR nicht zum Anlass genommen, die Festbewertung überhaupt anzuzweifeln.
Rn. 100
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Die nachrangige Bedeutung der vom Festwert erfassten WG ist nach Auffassung der FinVerw (BMF v 08.03.1993, DStR 1993, 516) auf die Bilanzsumme abzustellen. Eine nachrangige Bedeutung liegt vor, wenn er an den dem Bilanzstichtag vorangegangenen fünf Bilanzstichtagen im Durchschnitt 10 % der Bilanzsumme nicht überstiegen hat. Diese Grenze kann entgegen Kritik in der handelsrechtlichen Literatur als pragmatisch sinnvoll akzeptiert werden. Zu Berechnungs-Bsp s Büttner/Wenzel, DB 1992, 1894.
Rn. 101
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Eine körperliche Bestandsaufnahme ist idR alle drei Jahre durchzuführen, spätestens jedoch an jedem fünften Bilanzstichtag (R 5.4 Abs 3 EStR 2012).
Rn. 102
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Die Festbewertung eröffnet dem bilanzierenden Kaufmann eine Option, also ein Wahlrecht. Deshalb kann er jederzeit von der Einzel- zur Festbewertung und umgekehrt übergehen (Letzteres iRd genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen). Die Vorschrift der Bewertungsstetigkeit nach § 252 Abs 1 Nr 6 HGB dürfte in aller Regel hier kein Hindernis sein, da dann regelmäßig eine begrü...