Jürgen Dräger, Tobias Müller
Christiansen, Gängigkeitsabschläge auf Vorratsvermögen, StBp 1983, 28;
Groh, Wertabschläge im Warenlager, DB 1985, 1245;
Wilke/Kesselmeier, Die Teilwertermittlung von Handelswaren bei gesunkenen Verkaufspreisen, DStR 1986, 6;
Christiansen, Teilwertermittlung beim Vorratsvermögen, StBJb 1991/92, 140;
Troost/Troost, Berücksichtigung erhöhter Lagerkosten bei retrograder Teilwertermittlung, DB 1996, 1097;
Kemper/Beck/Konold, Irritationen um das Reichweitenverfahren, DStR 2014, 1370;
Görgen, Grenzen zulässiger Teilwertabschreibungen auf Warenvorräte durch Gängigkeitsverfahren, DStR 2015, 2250;
Schmudlach, Gängigkeitsabschläge im Handels- und Steuerrecht, NWB 2018, 1843.
Verwaltungsanweisungen:
R 6.8 Abs 2 EStR 2012.
Rn. 465
Stand: EL 175 – ET: 09/2024
Es entspricht einer weit verbreiteten Bilanzierungspraxis, sog "Lagerrisiken" bei der Bewertung des Vorratsvermögens zu berücksichtigen. Dabei sollte zwischen Rohmaterialien einerseits und Handelswaren andererseits unterschieden werden. Rohmaterialien – Produktionsteile im Maschinenbau oder in der Computerindustrie in zigtausendfacher Variation – sind wirtschaftlich anders zu beurteilen als Fertigprodukte oder Handelswaren. Zu den Letztgenannten liegt eine Reihe von insgesamt für die StPfl recht restriktiven Urt des BFH vor. Durchgehend wird gefordert, dass der betreffende Einzelhändler die Verkaufspreise nach außen hin gegenüber dem ursprünglich kalkulierten Verkaufspreis herabsetzt. Eine lange Lagerdauer, Unmodernwerden, Zinsverluste etc können zwar eine Teilwertabschreibung dem BFH zufolge rechtfertigen, aber nur, wenn die betreffenden Waren unter den ursprünglichen Verkaufspreisen angeboten oder verkauft werden.
Eine entsprechende Preisherabsetzung "Minuslisten" wird verlangt in den BFH-Urt
- BFH BStBl II 1968, 801 für ein Juweliergeschäft;
- BFH BStBl II 1977, 377 für Textileinzelhandel;
- BFH BFH/NV 1986, 204 für Einzelhandelsgeschäft mit Herrenoberbekleidung.
Diese Rspr wurde zuletzt bestätigt in BFH BStBl II 1995, 336 zum eher untypischen Fall von Grundstücken, die ein Kreditinstitut zur Vermeidung höherer Forderungsausfälle ersteigert hat.
Eine markante Ausnahme – Zulassung einer Teilwertabschreibung ohne Preisherabsetzung – liefert BFH BStBl II 1977, 540 für den Fall eines Juwelier- und Goldschmiedegeschäftes mit hoch kalkulierten Preisen für eigene Erzeugnisse (also nicht reine Handelswaren).
Rn. 466
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Die branchenübliche Einteilung von Kraftfahrzeugersatzteilen in Gängigkeitsklassen nach Maßgabe der Lagerreichweite (reziproker Wert zur Umschlagshäufigkeit, die wieder definiert ist als Lagerumschlag pro Jahr dividiert durch den Inventurbestand) im Kfz-Einzelhandel (s Schöll, StBp 1995, 66) hat der BFH BStBl II 1994, 514 mit Anm Hoffmann, DStR 1994, 970 abgelehnt (anders noch FG RP EFG 1981, 4419). Der Grund lag darin, dass die betreffenden Ersatzteile trotz langer Lagerdauer nicht zu herabgesetzten, sondern zu unveränderten oder zum Teil erhöhten Preisen angeboten worden sind.
Eine weitere Schranke für die Teilwertabschreibung bei Handelswaren stellt der Gesichtspunkt der "verlustfreien Bewertung" (s Rn 442ff) dar. In BFH BStBl III 1964, 426 wird eine Teilwertabschreibung für "Lagerrisiken" deswegen abgelehnt, weil die am Bilanzstichtag erzielbaren Verkaufspreise die Selbstkosten wenigstens erreichten. Die Verwaltung lehnt generell eine Teilwertabschreibung für diese sog Lagerrisiken ab (OFD Ffm, DB 1997, 1795; BMF v 07.05.2001, BB 2001, 1405 für Brillen bei Augenoptikern).
Rn. 467
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Kein BFH-Urt liegt vor zu Gängigkeitsabschlägen und generellen "Lagerrisiken" im Bereich der zur Produktion benötigten Rohmaterialien. Aus der Literatur ist zu verweisen auf Christiansen (StBp 1983, 28), der in praxisnaher Beurteilung einer einigermaßen vertretbaren Lagerbewertung die Vornahme von solchen Gängigkeitsabschlägen (steuerlich Teilwertabschreibung) verlangt. Solche Abschläge sollten sich entweder nach dem Kriterium der Lagerreichweite (reziproker Wert: 1/Lagerumschlag) oder dem Zeitpunkt des letzten Lagerabgangs ausrichten (Einzelheiten bei Christiansen StBp 1983, 28).
Rn. 468
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vorläufig frei
Rn. 469
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Bewusste Verlustprodukte, die zB im Lebensmitteleinzelhandel von Filialisten geführt werden, rechtfertigen keine Teilwertabschreibung unter die AK (BFH BStBl II 1999, 681; hierzu BMF BStBl I 2000, 372 Rz 1). Ein gedachter Unternehmenserwerber würde dem BFH zufolge die den Verkaufswert übersteigenden Wiederbeschaffungskosten entrichten, zumindest wenn dies branchenüblich sei und das Unternehmen Gewinn erzielt.
Problematisch an dieser Argumentation ist der mit dieser Gewinnerzielung verbundene Bezug auf den originären Geschäftswert und ein damit verbundener Verstoß gegen den Einzelbewertungsgrundsatz (zustimmend zum BFH: Fischer in Kirchhof, ESt-Kompakt-Kommentar § 6 EStG Rz 99).