Rn. 84
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Das JStG 1997 hat § 6a Abs 1 Nr 2 EStG um einen Eingangssatz erweitert, demzufolge für eine Pensionsverpflichtung eine Pensionsrückstellung nur gebildet werden darf, wenn
Zitat
"die Pensionszusage keine Pensionsleistungen in Abhängigkeit von künftigen gewinnabhängigen Bezügen vorsieht und keinen Vorbehalt enthält ..."
Das "und" in jener Formulierung muss als "oder" gelesen werden, denn die Unzulässigkeit der Bindung an künftige gewinnabhängige Bezüge gilt auch dann, wenn die Versorgungszusage vorbehaltsfrei ist. Die Nr 2 enthält zwei voneinander unabhängige Verbotsalternativen.
Mit der gewinnabhängigen 1. Alt sollen Verträge ausgeschlossen werden, bei denen der jeweilige Gewinn des Wj – bzw davon abhängige Bezüge – auch als Bemessungsgrundlage für nachfolgende Wj angesetzt wird (werden) und wodurch die Versorgungsanwartschaft wegen der Projektion des Jahresgewinns auf Folgejahre stark schwanken kann. Ein korrespondierendes "Auf und Ab" der Pensionsrückstellung in Abhängigkeit vom jeweiligen Jahresgewinn wäre die Folge. Die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 13/5952, 94) führen hierzu Folgendes aus:
Zitat
Durch die Bildung von Pensionsrückstellungen [Formulierung des Verfassers] "könnte im Einzelfall die Versteuerung von Gewinnen in ertragreichen Jahren vermieden werden (die Verpflichtung und damit die Pensionsrückstellung, die abhängig von der Gewinnsituation wäre, steigt stark an), um die Rückstellungen in ertragsschwachen Jahren wieder aufzulösen und damit zur Unternehmensfinanzierung beizutragen (die Verpflichtung und damit die Pensionsrückstellung, die abhängig von der Gewinnsituation wäre, nimmt stark ab)."
Derartige Gestaltungsmöglichkeiten ergaben sich nach Auffassung des Gesetzgebers aus der Entscheidung des IV. Senats des BFH vom 09.11.1995, BStBl II 1996, 589, wonach es zulässig sein sollte, Pensionsrückstellungen für Versorgungszahlungen zu bilden, deren Umfang von erst künftig möglicherweise erzielbaren Gewinnen vor der Pensionierung abhing. Dabei wurde unterstellt, dass der im jeweiligen Wj tatsächlich erzielte Gewinn bereits die Bemessungsgrundlage für den unsicheren Gewinn vor der Pensionierung abgab (Stichtagsprinzip, s Rn 169ff).
Rn. 85
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Da § 6a Abs 1 Nr 2 EStG (Eingangssatz) nur von "künftigen gewinnabhängigen Bezügen" spricht, ist im Umkehrschluss davon auszugehen, dass die Bindung der Pensionsleistung an bis zum Bilanzstichtag bereits entstandene Gewinne zulässig ist. Dieses Ergebnis ist sachgerecht, weil bei einer Bindung der Pension an bereits entstandene Gewinne die Bemessungsgrundlage endgültig feststeht. Sie kann sich künftig nicht mehr ändern und dadurch ein gewinnabsaugendes Schwanken der Pensionsrückstellung bewirken. Nur dies wollte der Gesetzgeber mit der Ergänzung des § 6a Abs 1 Nr 2 EStG unterbinden (Höfer, DB 2010, 925).
Der erste Senat des BFH hat § 6a Abs 1 Nr 2 EStG Eingangssatz jedoch anders ausgelegt. Er ist der Auffassung, dass jene Vorschrift die Bindung der Versorgung auch an bis zum Bilanzstichtag entstandene Gewinne ausschließt (BFH vom 03.03.2010, I R 31/09, DB 2010, 757). Wie die Gesetzesmaterialien zeigen, war dies aber nicht Gesetzeszweck. Denn die Bindung der Versorgungsanwartschaft an bereits entstandene Gewinne – etwa indem ein Prozentsatz hiervon als Versorgungsleistung gewährt wird, als "Versorgungsbaustein" pro Gewinnjahr – bewirkt ja gerade nicht das vom Gesetzgeber untersagte Projizieren des Stichtagsgewinns auf künftige Jahre (Höfer, DB 2010, 925f).
Rn. 86
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Die Ergänzung des § 6a Abs 1 Nr 2 EStG war erstmals für das Wj zu berücksichtigen, das nach dem 29.11.1996 endete (sog Übergangsjahr; Art 8 Nr 36 Buchst j JStG 1997, BGBl I 1996, 2070). Dabei sollte eine am Schluss des dem Übergangsjahr vorangegangenen Wj vorhandene Pensionsrückstellung gewinnerhöhend aufzulösen sein. Wenn die Pensionsleistung nur teilweise an künftige Gewinne gebunden war, erstreckte sich das Auflösungsgebot nur auf den korrespondierenden Rückstellungsanteil.